Wednesday, 31 October 2012
FLASHBACKS 70s: Benefit-Konzertplakat von Bukka White
Plakat des Bluesängers Bukka White (plus Juke Boy Bonner) für ein Benefit-Konzert für den Bluessänger Mance Lipscomb, Ritz Theatre, Austin, Texas, 1974
Tuesday, 30 October 2012
Labelportrait: ARHOOLIE - Roots Music, Weltmusik und Blues
Musik vor der Haustür
CW. Die Geschichte der Emigration schreibt die abenteuerlichsten Biographien: Nach dem 2. Weltkrieg kommt ein 16jähriger Teenager von Deutschland nach Amerika, wo er ein paar Jahre später ein Schallplatten-Label gründet, das zu einem der bedeutendsten Klangarchive amerikanischer Regionalmusik wird. Der Einwanderer heißt Chris Strachwitz, sein Label: Arhoolie Records. Im September 1960 gegründet, hat sich die Firma in den mehr als 50 Jahren ihres Bestehens zu einem der einflussreichsten Rootsmusic-Labels der USA entwickelt und der “Weltmusik” den Weg geebnet. Was für ein Schock muss es gewesen sein, aber auch was für eine Befreiung, als der Teenager 1947 in Amerika an Land ging, geflohen aus Schlesien mit Mutter und Geschwistern vor den russischen Soldaten. Glücklicherweise hatte die Familie eine Großmutter in den USA, die nur zu gerne half. Sie wurde zur ersten Anlaufstelle. Bald fanden sie bei einer der Tanten in Nevada Unterkunft.
Im folgenden Jahr reiste Strachwitz abermals nach Houston, diesmal mit einem Tonbandgerät im Gepäck. Auf dem Hinweg machte er in Dallas Aufnahmen mit zwei Bluessängern, doch sein eigentliches Ziel hieß Lightnin Hopkins. Als er in Houston ankam, war die Enttäuschung groß: Der Bluessänger war gerade nach Kalifornien zum Berkeley Folk Festival abgereist! Strachwitz beschloss, seinen Aufenthalt zu nutzen, fuhr aufs Land raus, um andere Bluesmusiker aufzustöbern. Leute, die er fragte, brachte ihn mit Mance Lipscomb in Kontakt, den Strachwitz noch am selben Abend in seinem Wohnzimmer aufnahm. Lipscomb war ein Songster, mit einem riesigen Repertoire. Er kannte Dutzende von Songs, darunter viele Bluestitel, aber auch Balladen, Ragtime-Nummern, Lullabies, Spirituals und Worksongs - viele älter als der Blues.
Zu Blues, Gospel, Jazz und Zydeco kam Cajun, Bluegrass, Klezmer und Tex-Mex. Mit der Zeit füllte die ganze Vielfalt der amerikanischen Volksmusikstile den Arhoolie-Katalog. Doch Musik nur akustisch zu dokumentieren, war Strachwitz nicht genug. In den 70er Jahren hatte er 20 000 Dollar erspart, um mit dem Filmemacher Les Blank einen Dokumentarfilm über die Musik im Grenzland zwischen Mexiko und den USA zu drehen. “Die erste Reise führte nach Texas, wo wir Lydia Mendoza ausfindig machen konnte, die große Tejano-Sängerin,“ erinnert sich Strachwitz. “Die zweite Reise war noch ergiebiger. Wir haben viele Musiker getroffen, die wir filmen konnten. Alle waren ungeheuer freundlich, haben uns zu Parties eingeladen. Wir wollten unbedingt die Gruppe Los Alegres De Teran dabei haben, die damals richtige Superstars waren. Durch einen Mittelsmann schaffte wir es, mit Eugenio Abrego, dem Akkordeonspieler, in Verbindung zu treten. Er war überhaupt nicht abweisend, sondern freute sich, dass endlich einmal ein paar Gringos sich für seine Musik interessierten.” Dann machte in den 90er Jahren das Schlagwort “Weltmusik” die Runde, als ethnische Stile aus Afrika, Lateinamerika, Asien und der Karibik im Westen immer populärer wurden. Der neue Trend war Wasser auf die Mühlen von Chris Strachwitz, der durch die Beschäftigung mit der ethnischen Musik Amerikas bereits tief in die sogenannte “Weltmusik” eingedrungen war und darüber hinaus Aufnahmen mit Musikern aus Hawaii, Kuba, Afghanistan, Belize, Mexiko oder Venezuela vorweisen konnte.
Außerdem gibt Arhoolie immer noch ein paar Alben pro Jahr heraus. Doch das Geschäft wird schwieriger. Der Niedergang der Musikindustrie setzt auch Arhoolie zu. “Kann ein kleines Label wie Arhoolie in einer Zeit überleben, die durch eine totale Überflutung mit Musik aus der ganzen Welt gekennzeichnet ist?” fragt der Labelchef und ist sich der Antwort nicht sicher. Er denkt an Amazon, Youtube, Spotify und illegale Downloads, die Entwertung konventioneller Tonträger generell. Schade, dass es für Arhoolie nicht mehr zum Feiern gibt. Gründe gäbe es genug!
Monday, 29 October 2012
RADIO RADIO RADIO: Radiophon im SWR2 am 8.Nov.2012
RADIO RADIO RADIO
SWR 2
Donnerstag, 8.
November 2012 (21:03 – 22:00)
Radiophon - Collagen aus
Klassik, Jazz, Rock
und Grenzgebieten
von Christoph Wagner
Steve Lehman, Saxofon, New York
mit den Isarspatzen (Foto rechts), Renaissance-Musik
von John Dowland, Elektro-Pop mit
Lund, Ambient-Sounds von Hans-Joachim Irmler
& Christian Wolfarth, einer Saxofonimprovisation von Steve Lehman,
englische Consort-Musik aus dem 17. Jahrhundert, Handglockengeläut
aus Estland, A-Capella-Gesang aus Marseille, Perkussionsmusik von Lucas Niggli
& Peter Conradin Zumthor, Electronica von Knuckleduster und einer
Improvisation von Mike Svoboda auf einer Südseemuschel.
Die Sendung kann auch über das Internet
gehört warden: http://www.swr.de/swr2/
Friday, 26 October 2012
FLASHBACKS 60s: Konzertplakat - Vanilla Fudge im Fillmore + Winterland
Konzertplakat: Vanilla Fudge, Steve Miller Band und Sonny Terry & Brownie McGee im Fillmore + Winterland, Januar 1968
Hörempfehlung 8: BOB DYLAN singt HANK WILLIAMS
Vergilbtes Papier
Bob Dylan und Freunde widmen sich dem heiligen Hank
CW. An einem Wochenende in den späten vierziger Jahren stand die kleine Stadt Tyler inTexas Kopf. Eine fahrende Countrymusik-Show - der ‘Louisiana Hayride‘ - versetzte die Einwohnerschaft in Aufregung. Geschäfte räumten ihre Auslagen schon am Nachmittag weg und der Friseur schloß ein paar Stunden früher. Jeder eilte nach Hause, um sich fein zu machen für das Ereignis, dessen Hauptattraktionen Hank Williams war.
Am Tag zuvor hatten Lastwagen ein großes Zelt in den Ort gebracht. Eine Lautsprecher-Anlage wurde aufgebaut und Stühle aufgereiht. “Es war wie ein Zirkus. Alle gingen hin - von den Kindern bis zu den Großeltern,” erinnert sich Bill Malone, der später Professor für Countrymusik wurde. “Holzpaletten wurden auf den Boden gelegt, damit die Kinder schlafen konnte, wenn sie müde wurden, bevor die Show zu Ende war.”
Damals war Hank Williams auf dem Sprung nach oben. Er hatte bereits ein paar Hits in den Charts gehabt und drängte nun in die “Grand Ole Opry” in Nashville, die populärste Countrymusik-Radioshow der USA. Als er schließlich akzeptiert wurde, war es nicht deshalb, weil sie ihn unbedingt wollten. Im Gegenteil - jeder im Countrymusikgeschäft wußte von seinem Alkoholproblem. Vielmehr konnten sie ihn nicht länger übergehen, so populär war er damals. Der Schritt an die Spitze erwies sich allerdings als die erste Stufe auf dem Weg nach unten. Nach zwei Jahren wurde Hank Williams 1952 aus der “Grand Ole Opry” gefeuert. Seine Trunksucht machte ihn immer unberechenbarer.
Das Geheimnis seines Erfolgs war die Ernsthaftigkeit seiner Songs. Albernheiten und Belanglosigkeiten kamen nicht vor. Sie erzählten Geschichten, in denen sich die Leute wiedererkannten. Und er konnte sie überzeugend vortragen. Williams sang von der harten Seite des Lebens und man merkte, dass da einer aus Erfahrung sprach. Eine schlimme Kindheit musste er sich nicht andichten - die hatte er am eigenen Leibe erfahren. 1923 in einer Kleinstadt in Alabama geboren, mußte er schon früh zum Lebensunterhalt der Familie beitragen. Der Vater brachte kaum Geld heim, war meistens arbeitslos oder krank. Der Junge verdingte sich als Zeitungsverkäufer und Schuhputzer. An Straßenecken verkaufte er geröstete Erdnüsse, die ihm seine Mutter in kleinen Tütchen abgepackt hatte. Schnell lernte er die Tricks, um die Aufmerksamkeit der Passanten zu erregen. Songs steigerten den Absatz.
Weil Williams an einer Rückgratschwäche litt, die ihm ständige Schmerzen bereitete, blieb ihm schwere körperliche Arbeit in der Kindheit erspart. Dafür übte er im Vorgarten auf der Gitarre. Mit vierzehn hatte er eine Band beisammen und trat bei Grillfesten und Hausparties auf. Es dauerte nicht lange, bis “The singing kid” im Lokalradio kam. In seiner Musik mischten sich Hymnen der Baptistenkirche, wo er jeden Sonntag mit seiner Mutter im Gottesdienst sang, mit dem Blues seines schwarzen Mentors Rufus Payne, den er beim Musizieren auf der Straße getroffen hatte und dem er so hartnäckig gefolgt war, bis er ihm ein paar Gitarrengriffe und Lieder beigebracht hatte.
Das Leben kannte kein Pardon. Williams trank zuviel, war in Schlägereien verwickelt, gelegentlich sogar mit der Polizei, die ihn öfters in Gewahrsam nahm. Wenn er Geld hatte, haute er es in Spelunken auf den Kopf. Zeitweise war er so abgebrannt, dass er die Gitarre an den Nagel hängte, um als Werftarbeiter oder Schweißer ein Notbrot zu verdienen. Doch aufgeben war nicht drin. Sein Rückenleiden ließ ihm keine andere Wahl: Er musste es als Sänger schaffen!
Williams hatte Talent fürs Liederschreiben. In manchen Jahren brachte er ein halbes Dutzend Nummern in die Charts. Mit dem Erfolg verschwanden die materiellen Sorgen, doch andere Dämonen traten umso stärker hervor. Das Rückenleiden verschlimmerte sich, was ihn zu schmerzmildernden Mittel greifen ließ, Morphium eingeschlossen. Sein Alkoholkonsum geriet außer Kontrolle. Wegen Gewaltausbrüchen gegenüber seiner Frau ging seine Ehe zu Bruch. Er war keine 30 Jahre alt, als er auf dem Rücksitz einer Limosine auf der Fahrt zu einem Auftritt an Herzversagen starb.
Seine Songs wurden zu Klassikern. Von Louis Armstrong bis Elvis Presley, von James Brown bis zu den Bee Gees - alle haben Hanks Lieder gesungen. Williams hatte ein paar kleine gebundene Notizbücher hinterlassen, in die er Gedanken, Liedideen und Textfragmente gekritzelt hatte. Nach einer Odyssee von fast 60 Jahren landeten sie bei Bob Dylan, der Williams immer verehrt hatte: “Der Klang seiner Stimme ging mir durch Mark und Bein!”
Dylan vollendete den ersten Song aus den “Lost Notebooks” und bat befreundete Musiker sich ebenfalls ein Fragment vorzunehmen und fertig zu stellen. Das Ergebnis sind zwölf neue Lieder - Quasi-Kooperationen zwischen Hank Williams und Singer/Songwritern wie Norah Jones, Jack White und Sheryl Crow. Sie haben die Songs dem toten Papier entrissen und ihnen neues Leben eingehaucht, mit so viel Respekt, Einfühlungsvermögen und Musikalität, dass der Heilige Hank sicher zufrieden gewesen wäre.
Bob Dylan, Norah Jones, Jack Withe u.a. : Hank Williams -The Lost Notebooks (Sony)
Hank Williams: No More Darkness (Trikont)
Am Tag zuvor hatten Lastwagen ein großes Zelt in den Ort gebracht. Eine Lautsprecher-Anlage wurde aufgebaut und Stühle aufgereiht. “Es war wie ein Zirkus. Alle gingen hin - von den Kindern bis zu den Großeltern,” erinnert sich Bill Malone, der später Professor für Countrymusik wurde. “Holzpaletten wurden auf den Boden gelegt, damit die Kinder schlafen konnte, wenn sie müde wurden, bevor die Show zu Ende war.”
Damals war Hank Williams auf dem Sprung nach oben. Er hatte bereits ein paar Hits in den Charts gehabt und drängte nun in die “Grand Ole Opry” in Nashville, die populärste Countrymusik-Radioshow der USA. Als er schließlich akzeptiert wurde, war es nicht deshalb, weil sie ihn unbedingt wollten. Im Gegenteil - jeder im Countrymusikgeschäft wußte von seinem Alkoholproblem. Vielmehr konnten sie ihn nicht länger übergehen, so populär war er damals. Der Schritt an die Spitze erwies sich allerdings als die erste Stufe auf dem Weg nach unten. Nach zwei Jahren wurde Hank Williams 1952 aus der “Grand Ole Opry” gefeuert. Seine Trunksucht machte ihn immer unberechenbarer.
Das Geheimnis seines Erfolgs war die Ernsthaftigkeit seiner Songs. Albernheiten und Belanglosigkeiten kamen nicht vor. Sie erzählten Geschichten, in denen sich die Leute wiedererkannten. Und er konnte sie überzeugend vortragen. Williams sang von der harten Seite des Lebens und man merkte, dass da einer aus Erfahrung sprach. Eine schlimme Kindheit musste er sich nicht andichten - die hatte er am eigenen Leibe erfahren. 1923 in einer Kleinstadt in Alabama geboren, mußte er schon früh zum Lebensunterhalt der Familie beitragen. Der Vater brachte kaum Geld heim, war meistens arbeitslos oder krank. Der Junge verdingte sich als Zeitungsverkäufer und Schuhputzer. An Straßenecken verkaufte er geröstete Erdnüsse, die ihm seine Mutter in kleinen Tütchen abgepackt hatte. Schnell lernte er die Tricks, um die Aufmerksamkeit der Passanten zu erregen. Songs steigerten den Absatz.
Weil Williams an einer Rückgratschwäche litt, die ihm ständige Schmerzen bereitete, blieb ihm schwere körperliche Arbeit in der Kindheit erspart. Dafür übte er im Vorgarten auf der Gitarre. Mit vierzehn hatte er eine Band beisammen und trat bei Grillfesten und Hausparties auf. Es dauerte nicht lange, bis “The singing kid” im Lokalradio kam. In seiner Musik mischten sich Hymnen der Baptistenkirche, wo er jeden Sonntag mit seiner Mutter im Gottesdienst sang, mit dem Blues seines schwarzen Mentors Rufus Payne, den er beim Musizieren auf der Straße getroffen hatte und dem er so hartnäckig gefolgt war, bis er ihm ein paar Gitarrengriffe und Lieder beigebracht hatte.
Friday, 19 October 2012
Radio Radio Radio: THE WHO im Südwesten 1967
RADIO - RADIO - RADIO
SWR2 / Sonntag, 28. Oktober 2012 (23:03-24:00)
Musikpassagen:
THE WHO in ULM und RAVENSBURG - DIE ERSTEN ROCKKONZERTE IM SÜDWESTEN
Eine Sendung von Christoph Wagner
Erbarmen - die Briten kommen!
CW. The Who gelten bis heute als die bösen Buben des Rock. Diesen Ruf haben sie sich in den sechziger Jahren erspielt, als sie bei jedem Auftritt ihr Instrumentarium zertrümmerten. Pete Townsend schlug seine Gitarre zu Bruch und Keith Moon zerlegte das Schlagzeug. Was bei der älteren Generation nur Kopfschütteln und Empörung auslöste, elektrisierte die jungen Popfans. Nach einer kurzen Debuttournee im November 1966 kam die britische Rockgruppe, die mit Hits wie “My Generation” die Hymne für eine ganze Generation geschrieben hatte, im April 1967 zu einer längeren Gastspielreise wieder in die Bundesrepublik. Dieses Mal machte die Band auch in Südwestdeutschland Station. Ihre beiden Auftritte am Sonntag, den 16. April 1967 in Ravensburg (nachmittags) und in Ulm (abends) waren die ersten großen Popkonzerte einer bedeutenden englischen Rockgruppe im Südwesten und schlugen wie der Blitz ein.
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