Klangspiel im Raum
Monteverdis “Marienvesper” beim
Festival Europäische Kirchenmusik in Schwäbisch Gmünd
Oft bilden selten gehörte, sakrale
Werke aus der Vor-Barock-Zeit einen Höhepunkt des Festivalprogramms. Das war auch
in diesem Jahr wieder der Fall. Die Aufführung der “Marienvesper” (Vesper =
Abendgottesdienst) von Claudio Monteverdi aus dem Jahr 1610 durch das
italienische Großensemble La Venexiana unter der Leitung von Vanni Morretto (er
war für den erkrankten Claudio Cavina eingesprungen) in der Gmünder
Augustinuskirche bot einen erhellenden Einblick in die Kompositionspraxis des
frühen 17. Jahrhunderts. In dieser Umbruchsphase zwischen Renaissance und
Barock gehen die alten Techniken der polyphonen Verschlungenheit mit den neuen
kompositorischen Verfahren wie der Herauslösung melodischer Führungstimmen über
einem Generalbass eine reizvolle Verbindung ein.
Zur “Lobpreisung der seligen
Jungfrau” zieht Monteverdi alle Register und reizt die Möglichkeiten einer
großen Besetzung voll aus. Von machtvollen Tutti-Passagen der 27 Beteiligten
bis zum Sologesang, nur von den zarten Akkorden des langhalsigen
Lauteninstruments Theorbe begleitet, wird eine ungeheure Bandbreite an
klanglichen Möglichkeiten ausgeschöpft - plus die ganz Palette an
unterschiedlichen Stimm- und Instrumentalkombinationen dazwischen.
Besonders eindrucksvoll beherrschte
der Komponist, der zuerst am Hof von Mantua, dann in der San Marco-Kirche in Venedig
wirkte, das klangliche Spiel mit dem Raum, wobei er die Illusionsmalerei der
Epoche in die Welt der Musik übertrug. Monteverdi baute spezielle Echoeffekte
in seine Messkomposition ein, die sich in der Renaissance großer Beliebtheit
erfreuten. Ob aus der Ferne des Kirchenraums der gesungene Nachhall schallte
oder die beiden Holztrompeten im Wechselspiel kurze Melodiepartikel abgedämpft
wiederholten, immer ergab sich ein sonorer Eindruck, der aufhorchen ließ.
Mit Verve, souveräner Beherrschung
der musikalischen Mittel und überschäumender Emotionalität gestaltete La
Venexiana das Monteverdi’sche Meisterwerk. Die Großformation aus Bologna erwies
sich dabei als Spezialistenensemble von höchsten Graden, das am Ende für seine
superbe Interpretation langanhaltende Ovationen entgegennehmen konnte.
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