Nicht nur sonnig!
Kein Song wurde öfters gecovert als “Sunny”
- jetzt feiert der Hit 50jähriges Jubiläum
cw. Der Name seines ursprünglichen Interpreten
ist nur noch ein paar Spezialisten bekannt. Doch kommt die Rede auf seinen
Song, trällern alle sofort die Melodie. Das Lied ist zum Gassenhauer geworden,
während sein Komponist nahezu in Vergessenheit geraten ist. Oder wer kennt
heute noch Bobby Hebb, der vor 50 Jahren “Sunny” geschrieben und gesungen hat?
Manche behaupten sogar, der Song wäre das
am meisten gecoverte Lied des Pop. Sicher ist: Von James Brown, Marvin Gaye und
den Four Tops bis zu Dusty Springfield, Ella Fritzgerald und Shirley Bassey reicht
die Liste der Stars, die “Sunny” schon gesungen haben. Sie alle haben den Titel
zu einem wahrhaft universellen Evergreen gemacht.
Wenn man als Afroamerikaner vor dem 2.
Weltkrieg im amerikanischen Süden geboren wurde, war das Leben kein
Zuckerschlecken: Unterdrückung, Rassismus und Gewalt waren an der Tagesordnung.
Das musste Bobby Hebb schon früh erfahren. Da beide Eltern blind waren, blieb
zum Überleben nur die Musik: Hebb’s Kitchen Cabinet Orchestra hieß die Combo,
mit der die Familie versuchte, über die Runden zu kommen. Für die Kinder
bedeutete das von kleinauf zum Lebensunterhalt beizutragen: Faulenzen war nicht
drin, sonst wäre man nichts weiter als ein unnützer Fresser gewesen!
Gerade mal drei Jahre war der Kleine alt,
als er mit seinem älteren Bruder als Teil eines Tanztrios mit der Vaudeville-Truppe
Jerry Jackson & The Hepcats auf Tournee durch die amerikansche Provinz geschickt
wurde. Das Publikum war begeistert, konnte von den putzigen Tanzschritten der
Pimpfe nicht genug bekommen.
Mit zwölf Jahren gelang Hebb ein Coup. Er
ergatterte einen regelmäßigen Auftrittsplatz im Programm eines Radiosenders in
Nashville. Countrystar Roy Acuff wurde auf den Teenager aufmerksam und holte
ihn in seine Band, was damals gegen alle Regeln verstieß. Als einziger
Schwarzer in einer weißen Countrygruppe den amerikanischen Süden zu bereisen, war
nicht ohne Risiko. Doch Acuff nahm den Teenager unter seine Fittiche, sorgte
dafür, das er anständig behandelt wurde, und ließ ihn im Ernstfall im selben
Hotelzimmer wie seine Familie übernachten. Bei Auftritten mit den berühmten
Smokey Mountain Boys versetzte der Knirps durch sein Solo mit trommelnden
Löffeln die Zuhörer in Begeisterung.
Foto: Harald Hoffmann
Bobby Hebb war darauf erpicht, sein
musikalisches Können zu erweitern. Er lernte Gitarre spielen, schrieb eigene
Songs, veröffentlichte sogar ein paar Singles unter eigenem Namen. Seine
Ambitionen brachten ihn nach New York. Probeaufnahmen wurden gemacht, bei Plattenfirmen
vorgesprochen. Als er eines Morgens spät nach Hause kam, inspirierte ihn der
Sonnenaufgang über der New Yorker Skyline zu einem Song: “Sunny” wurde Hebbs
Sechser im Lotto!
Die Single zündete und stand bereits im
Frühjahr an der Spitze sämtlicher Hitparaden. Nun öffneten sich für Hebb
plötzlich alle Türen. Im Vorprogramm der Beatles nahm er an deren letzter
US-Tour teil. Ein Album folgte. Andere Musiker coverten seine Songs. Mitte der
1970er Jahre gründete er sein eigenes Plattenlabel, Crystal Ball Records, was
sich jedoch als Fehlschlag erwies. 1976 entstand noch eine Disco-Version von
“Sunny”, doch die große Zeit war unwiederbringlich vorbei. Sorgen musste sich
Hebb allerdings keine machen. Die Tantiemen von “Sunny” sicherten ihm ein
bequemes Leben.
Vor einigen Jahren stöberte Rüdiger Ladwig
vom Hamburger Trocadero-Label das “One-Hit-Wonder” in Ann Arbor, Michigan auf.
Die Idee war, einen Sampler mit verschiedenen Versionen von “Sunny” zusammenzustellen.
Der Song war mittlerweile zum Dauerbrenner geworden. Zum 50jährigen Jubiläum
des Lieds ist die Compilation jetzt erschienen.
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