Musikalische Kaderschmiede
1969 spielte John Mayall eines der ersten Bluesrock-Konzerte in Südwestdeutschland. Nach 50 Jahren tritt der Urvater des weißen Blues jetzt abermals in Stuttgart auf – vielleicht das letzte Mal
cw. Nachdem Jimi Hendrix im Januar 1969 mit seinem Auftritt in der Stuttgarter Liederhalle zum ersten Mal den damals neuen Underground-Rock nach Südwestdeutschland gebracht hatte, legte John Mayall ein paar Wochen später nach. Der „Urvater des weißen Blues“ kam damals mit einer superben Band in die Landeshauptstadt und demonstrierte sein Können mit solcher Leidenschaft, dass die Fans völlig aus dem Häuschen waren. Hunderte, die keine Eintrittskarten mehr bekommen hatten, stürmten die Liederhalle, wobei es zu erheblichem Sachschaden kam. „Nach dem Ende des Konzert machten jugendliche Besucher mit tumultartigen Szenen ihrer Begeisterung Luft,“ berichtete die Presse. „Unzählige Bluesfans stiegen mit ihren Straßenschuhen auf die Polstersessel und begannen auf ihnen wie auf einem Trampolin herumzuspringen.“

Abgesehen von seinem Harmonikaspiel, war Mayall, der auch Gitarre und Piano spielte, nicht gerade der größte Virtuose, doch bewies er immer eine gute Nase für außergewöhnliche Talente. Nicht nur Gitarrengott Eric Clapton begann bei Mayall’s Bluesbreakers seine Karriere, auch Peter Green und Mick Fleetwood von Fleetwood Mac und Mick Taylor von den Rolling Stones durchliefen Mayalls musikalische Kaderschmiede.

Nach dem Ende des Blues-Booms wurde es in den 1980er Jahren etwas ruhiger um John Mayall, der in den USA in einem Baumhaus wohnte und von dort weiterhin zu weltweiten Tourneen aufbrach. Bei seiner Feier zum 70. Geburtstag brachte ihm Eric Clapton, Mick Taylor und Chris Barber ein Ständchen.
Schon immer ging Mayall mit der Zeit und frischte seine Band mit jungen Talenten auf. Das ist heute nicht anders als in den 1960er Jahren. Bei seinem Auftritt am 7. April 2019 im Stuttgarter „Wizemann“ wird es eine Premiere geben. Erstmals wird die Leadgitarre bei dieser Tour von einer Frau gespielt: Carolyn Wonderland gilt als Ausnahmetalent, wobei ihr Familiennamen als Zeichen verstanden warden kann: Frau Wonderland katapultiert das Publikum mit rasanten Soli ins Wunderland des Blues, wobei sie so souverän und gefühlvoll in die Saiten greift, als hätte sie bei Eric Clapton Unterricht gehabt.
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