Saturday, 9 November 2019

Das Trautonium: Urvater des Synthesizers

Futuristische Klangmaschine

Peter Pichler stellt am 6. Dezember im Alten Schlachthof in Sigmaringen mit dem Trautonium ein Urinstrument der elektronischen Musik vor

           Oskar Sala     (Foto: C. Wagner)

cw. Seinen spektakulärsten Auftritt hatte es 1963 im Film „Die Vögel“ von Alfred Hitchcock: Das Trautonium, gespielt von Oskar Sala, lieferte die elektronisch imitierten Vogelschreie und andere Geräusche, ohne die der Film nur halb so effektiv gewesen wäre. Hitchcock war von dem Soundtrack äußerst angetan, was Sala viel Aufmerksamkeit einbrachte.

Oscar Sala war nicht unvorbereitet an den Auftrag herangetreten. Er hatte zuvor schon unzählige Industriefilme mit dem Trautonium vertont, das lange Zeit als der Inbegriff eines futuristischen Klangerzeugers galt. 1929 hatte er zusammen mit seinem Komponistenlehrer Paul Hindemith und dem Ingenieur Friedrich Trauwein an der Berliner Hochschule für Musik das Musikinstrument entwickelt, um die neuen Möglichkeiten der elektronischen Klangerzeugung zu nutzen.

Dr. Trautwein entwickelte ein Instrument, das aus Spielmanual, einer Metallschiene und einem dünnen Widerstandsdraht bestand. Wenn man diesen Draht auf die Metallschiene drückte, ertönte ein heulender Ton. Das Grundprinzip des Trautoniums war geboren. Hindemith schrieb ein erstes Stück für drei Trautonium-Instrumente, das vom Meisterkomponisten selbst mit Hilfe von Oscar Sala 1930 in Berlin uraufgeführt wurde und das in seinen sieben Sätzen schon die verschiedenen Klangfarbenmöglichkeiten des Instruments aufzeigte. Hindemith komponierte noch weitere Stücke für das Instrument, das später auch von anderen Komponisten aufgegriffen wurde. Harald Genzmer etwa entwarf Stücke für Trautonium und Streichorchester, und andere Komponisten fragten Sala nach Soundeffekten, die er mit seinem elektronischen Instrument liefern konnte. Selbst die NASA ließ von Sala einen Mondlandefilm vertonen.

Später interessierten sich immer wieder Popmusiker für das Instrument, doch Sala blockierte jeden Versuch das Trautonium ausgiebiger zu vermarkten. Nach Salas Tod im Jahre 2002 – er wurde 92 Jahre alt –, fing durch Anregung des Münchner Keyboardspielers Peter Pichler die Firma Trautoniks in Wolfhagen bei Kassel an, das Instrument nachzubauen und trug so zu seiner weiteren Verbreitung bei. 

Peter Pichler (Promo)
 
Peter Pichler, der sonst in der Begleitband des bayerischen Liedermachers Hans Söllner Keyboard und Akkordeon spielt, hat sich inzwischen zum bekanntesten Solisten des Trautoniums entwickelt, der sowohl die klassische Trautonium-Literatur neu interpretiert, als auch Vertonungen von Stummfilmen oder der Mondlandung unternimmt. Ein derartiges Programm aus Klassikern und einer Filmvertonung wird er am 6. Dezember um 20 Uhr in Sigmaringen im Alten Schlachthof präsentieren. Eine äußerst rare Gelegenheit, Bekanntschaft mit diesem exquisiten elektronischen Instrument zu machen, das als Urvater des Synthesizer gilt. 


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