Monday 21 November 2022

SCHEIBENGERICHT: Philip Zoubek Trio – Labyrinthus

SCHEIBENGERICHT 9 

Philip Zoubek Trio: Labyrinthus (WhyPlayJazz) 

 

Wertung: 4 von 5 

 

cw. Mit dem ehemaligen Can-Drummers Jaki Liebezeit (1938-2017) teilte der Pianist Philip Zoubek im Kölner Stollwerk einen Übungs- und Proberaum. Obwohl die beiden konzeptionell nicht viel gemeinsam hatten, sind auf dem neuen Album von Zoubek doch mehr repetitive Rhythmusmuster zu finden als bei früheren Einspielungen. Und Repetition war eine von Liebezeits Spezialitäten. Färbte da musikalisch etwas ab?

 

Das ist nicht die einzige Verschiebung, die es in Zoubeks Musik zu verzeichnen gibt. Anstatt wie früher im kollektiven Triospiel weite Spannungsbögen zu improvisieren, enthält das Album ein Dutzend kürzerer Stücke, von denen das kürzeste gerademal etwas mehr als eine Minute lang ist. Bei den Titeln handelt es sich um musikalische Schnappschüsse die jeweils auf einem anderen Leitmotiv beruhen. Zoubek, der für alle Kompositionen verantwortlich zeichnet, gibt die Grundidee vor, die dann von ihm und seinen beiden Mitstreitern (David Helm, Baß und Dominik Mahnig, Schlagzeug) zur Entfaltung gebracht wird. Die Vision der drei ist eine Musik, die andere Wege geht, als die von Jazzpianotrios bisher vorgezeichneten.




Die Bandbreite der Kompositionen ist enorm: von monumental bis träumerisch, von experimentell bis ausnotiert und von dicht bis porös spreizt sich das Spektrum. Den Auftakt macht ein formidabler Kracher, der im Duktus einer Metal-Band bleischwer daherkommt. Mit soviel Wucht hat man selten ein Jazzpianotrio agieren gesehen. Dass Zoubek neben dem Klavier gleichzeitig auch Synthesizer spielt, erlaubt es ihm, mehr Druck zu entfachen, die Töne länger zu halten und zusätzlich noch elektronische Sounds und Geräuschschnipsel ins Klanggeschehen einzuspeisen. Dass das Album im großen Sendesaal des Deutschlandfunks in Köln aufgenommen wurde, verleiht dem Track zusätzlichen Raumklang, wobei der Hall das Powerstück noch mächtiger erscheinen läßt. 


Dem Eröffnungsstück schließt sich ein melodischer Track an, dessen Melodielinie sich wie eine Bergstraße kurvenreich windet und schlängelt, während sich mehr und mehr der Klang des Synthis in den Vordergrund schiebt. Nach der folgenden pointillistisch-experimentellen Improvisation ruft „The Ritual“ durch seine verschachtelten Rhythmuspattern die Erinnerung an Jaki Liebezeit wach. Zoubek spielt hier neben dem Synthi präpariertes Klavier, was dem Stück den Klang eines balinesischen Gamelans verleiht, wobei Baß und Schlagzeug synkopische Akzente setzen. Mit dieser Art Kontrastprogramm ist den dreien ein Album gelungen, das voller Überraschungen steckt und vom Willen zeugt, sich nicht länger auf ausgetretenen Pfaden bewegen zu wollen. 


Hörprobe:



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