Sunday 23 December 2012

KIMMO POHJONEN und das KRONOS QUARTET


Widerspenstige Zähmung
 
Das Kronos Quartet arbeitet mit Akkordeon-Punk Kimmo Pohjonen zusammen


CW. Das Kronos Quartet ist das bekannteste Streichquartett der Welt. Seit den 70er Jahren  hat das Ensemble aus Kalifornien das Image des Streichquartetts radikal modernisiert, als eines Kammerensembles, das nicht nur klassische Musik präsentiert, sondern sich Pop, Jazz und Welmusik öffnet, ohne dabei künstlerische oder kommerzielle Zugeständnisse zu machen. Das Kronos Quartet hat “Purple Haze” von Jimi Hendrix für Streicher arrangiert, dazu mit einer enormen Bandbreite von Künstlern zusammengearbeitet, ein Spektrum, das vom Beat-Poeten Allen Ginsberg über Tango-Meister Astor Piazzolla bis zu Björk, Tom Waits und David Bowie reicht.
 
Ähnlich revolutionär hat Kimmo Pohjonen in Bezug auf das Akkordeon  gewirkt. Der Finne hat der Ziehharmonika zu einem neuen Profil verholfen, es zu einem Instrument gemacht, auf dem man spielen kann wie Jimi Hendrix auf der Gitarre: wild, energiegeladen und aufpeitschend!
Pohjonen baut dabei auf eine Akkordeontradition in Finnland auf, die früher virtuose Ziehharmonikaspieler wie Volkshelden verehrte. Wenn die Akkordeonmeister etwa aus Schweden von einem musikalischen Wettbewerb heimkehrten, wurden sie von der jubelnden Menge wie Fußballstars gefeiert. Solche Begeisterung rufen Akkordeonisten heute nicht mehr hervor, obwohl Pohjonens neues Album (Titel “Uniko”) dazu einigen Anlaß geben würde. Eingespielt mit dem Kronos Quartet sowie dem Elektroniker Samuli Kosminen, ist dem “Jimi Hendrix des Akkordeon” ein kleines Meisterwerk gelungen.

Was den Akkordeon-Rabauken Kimmo Pohjonen mit den Feingeistern des Kronos Quartets verbindet, ist die Lust, Neues auszukundschaften und sich in unbekanntes musikalisches Terrain vorzuwagen. Vor Tabus fürchten sich beide nicht! Zusammen mit Samuli Kosminen hat Pohjonen sieben Stücke entworfen, von denen einige eher träumerische Stimmungen heraufbeschwören. In solch versonnenen Passagen verschmilzt das Akkordeon wunderbar mit dem Streicherklang. Die Musik segelt dann so nahe an der Stille, dass die Instrumente fast zu verstummen scheinen und minimalistische Klangflächen entstehen, die wie Schneefelder in der Morgensonne funkeln. Das Kronos Quartet hat den wilden Akkordeonmann gezähmt. Es hat ihn veranlaßt, in sich hineinzuhören und seine sensiblere Seite zum Vorschein zu bringen.
 
In anderen Kompositionen bricht dagegen Pohjonen ungestümes Temperament hervor. Harte Brüche und dynamische Ausschläge sorgen  für Kontrast. Galoppierende Maschinen-Rhythmen werden von scharfkantige Melodien der Streicher überlagert, elektronische Klangverfremdungen schaukeln sich zu aufbrausenden Tongewittern hoch, wobei Samuli Kosminen mit knarzige Störgeräusche dazwischen funkt.
 
Nur Pohjonens textloser Gesang reicht an die Qualität seiner  Kompositionen nicht heran. Sowohl sein pseudo-mystisches Brummeln aus der Tiefe, als auch sein freihändiges Preludieren wirken so unbeholfen und banal, dass sie in der sonst so vielschichtigen Musik ziemlich deplaziert wirken.

Aktuelles Album:
Kronos Quartet / Kimmo Pohjonen / Samuli Kosmimen: Uniko (Ondine)
 

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