Monday, 1 September 2014

Andreas Schaerer & Lucas Niggli: Arcanum

Paradiesvogelgesang

Phänomenales Debutalbum von Andreas Schaerer und Lucas Niggli
 
cw. Manchmal macht es Sinn, ganz zum Anfang zurückzugehen: Andreas Schaerer (Gesang) und Lucas Niggli (Schlagwerk) haben eine Auszeit von ihren regulären Gruppen (Hildegard lernt fliegen bzw. Zoom) genommen, um im Duo den Urgründen der Musik nachzuspüren. Allein auf Stimme und Trommeln beschränkt, verwandeln sie die Limitierung in ein Mittel der Entgrenzung und loten die Möglichkeiten ihrer beiden Klangerzeuger aus. Wenig puristisch machen sie dabei auch dezent von digitaler Elektronik Gebrauch.

Schaerer zieht alle Register und nutzt seinen Rachenraum als Quelle archaischer Laute. Einem Schamanen gleich, schlüpft er in imaginäre Tierhäute und gurrt, faucht, kräht, grunzt und röhrt. Niggli schlägt dazu die Ritual-Trommeln, klöppelt auf Becken, Gongs und Tambourinen und läßt Klangschalen sowie andere Perkussionsinstrumente aufklingen. Wie ein Stummfilmgeräuschemacher erzeugt er die verblüffensten Soundeffekte.
Jedes Stück gleicht einem kleinen Hörspiel, das jeweils eine andere Klangwelt heraufbeschwört. Gleich zu Beginn meint man in eine Walpurgisnacht-Orgie geraten zu sein, bei der Dämonen und Kobolde wild durcheinander toben und kreischen. Dann geht es in die Berge, wo ein vielschichtiges Echo den einzelnen Jodel mit Hilfe einer ‘Delay’-Vorrichtung zum Chor anschwellen läßt. Danach begeben sich die beiden in tropische Gefilde mit Paradiesvogelgesang, um anschließend beim Karneval in Rio aufzutauchen. Mit großem Können und noch größerer Fantasie brechen Andreas Schaerer und Lucas Niggli zu musikalischen Abenteuern auf, die in Klangzonen vorstoßen, wo erst wenige gewesen sind.

Neuerscheinung: Andreas Schaerer / Lucas Niggli: Arcanum (Intakt)

Die Besprechung erschien zuerst in der NZZ.

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