Weltabgewandt
Shakuhachi-Musik aus der Schweiz
cw. In Japan kennt man die Bambusflöte
Shakuhachi als Musikinstrument der Komuso-Bettelmönche. Wenn sie das Kloster
verlassen, um mit ihrem Flötenspiel Geld zu verdienen, tragen sie über dem Kopf
einen geflochtenen Korb, um auch außerhalb der Klostermauern abgewandt von der
Welt zu sein. Ihr Spiel dient der Versenkung, ist eine Art Ton-Meditation. Ueli
Derendinger, Querflötist aus Olten, hat sich nach Japan begeben und sich in diese
asiatische Musiktradition vertieft.
In Japan hat Derendinger gelernt, die Shakuhachi
rauh und heißer zu blasen, mit einem Ton, der zugleich asketisch und doch zerklüftet-vielschichtig
klingt. Wie bei einer Kalligrafie zeichnet der Schweizer klare Linien, läßt die
Melodie hoch in die Luft steigen, um sie sturzflugartig wieder heruntergleiten
zu lassen.
Auf seiner aktuellen Einspielung sind zehn
Stücke enthalten. Sieben davon entstammen dem klassischen Shakuhachi-Repertoire,
drei hat Derendinger selbst komponiert. In seinen eigenen Kompositionen geht er
über den Rahmen der Tradition hinaus. In einem Stück verwandelt er die
Bambusflöte in eine Trommel, indem er auf den Grifflöchern mit den Fingern
klopft. Ein andermal verdichtet er Triller zu flirrenden Tonkaskaden. Manchmal
steigt er in die tiefsten Register hinab, um die Obertonreihe der Holzflöte hörbar
zu machen. Es heißt, dass man durch das Blasen eines einzigen Tons, wenn er
stark genug ist, Erlösung finden kann. Ueli Derendinger ist auf der Suche nach
diesem einen Ton.
Ueli Fuyuru Derendinger: Tsuru No Sugomori
(Percaso)
Die Besprechung erschien ursprünglich in der NZZ.
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