Lockerer Swing
Der Kölner
Schlagzeuger Jochen Rückert hat es auf der New Yorker Jazzszene geschafft
Konzert: 26. März, Jazzclub Singen / Gems
cw. 1998 wollte es der
Kölner Jazzschlagzeuger Jochen Rückert wissen: Er zog nach New York! Etwas
mulmig mag es ihm dabei schon zumute gewesen sein, gilt die New Yorker
Jazzszene doch als die härteste der Welt. In keiner anderen Stadt gibt es so viele
erstklassige Musiker – die besten auf dem Globus. Und gegen diese aberwitzige
Konkurrenz wollte sich der Deutsche durchsetzen? Doch Rückert schaffte das
Wunder! Er bestand den Test und wird heute selbst von Jazzstars wie John
Abercrombie oder Pat Metheny als Drummer gebucht. Am Donnerstag, 26. März,
kommt der Schlagzeuger nun mit seinem hochkarätigen Quartett auf Einladung des
Jazzclubs Singen ins Kulturzentrum Gems.
Einst waren
deutsche Jazzmusiker in den USA eine Seltenheit. Außer der Sängerin und
Pianistin Jutta Hipp, dem Vibrafonisten Karl Berger aus Heidelberg und dem
Multiinstrumentalisten Gunter Hampel aus Göttingen hat sich früher niemand in
die Höhle des Löwen gewagt. Selbst Posaunenweltmeister Albert Mangelsdorff
schreckte vor dem Sprung über den großen Teich zurück. Zu ungewiß und
risikoreich erschien das Wagnis, wobei Jutta Hipp als warnendes Beispiel diente.
Die Jazzvokalistin scheiterte in Amerika kläglich, hängte ihre musikalische
Karriere an den Nagel, um fortan als Näherin ein dürftiges Auskommen zu
verdienen.
Inzwischen sind
die beiden Kontinente enger zusammengerückt und der Musikeraustausch hat sich
vertieft. Amerikanische und europäische Jazzer spielen mittlerweile häufig sogar
in gemeinsamen Gruppen zusammen. Überdies ist die Zahl der deutschen
Jazzmusiker in New York beträchtlich gestiegen, wobei Rückert als einer der
Angesehensten der Jazz-Emigranten aus “Germany” gilt.
Rückert, der im
Mai seinen 40. Geburtstag feiert, machte sich zuerst auf der Kölner Jazzszene
einen Namen, wo er an der Musikhochschule Schlagzeug studierte, um anschließend
nach Amerika aufzubrechen. Nach einer schwierigen Anfangszeit, bei der es so
manche Durststrecke zu überbrücken galt, hat er sich inzwischen nicht nur als
Drummer und Begleitmusiker, sondern auch als Bandleader, etabliert. Was für einen
exzellenten Ruf der Kölner mittlerweile in New York genießt, ist daran ablesen,
dass in seinem Quartett Mark Turner spielt - einer der besten Jazzsaxofonisten
der Gegenwart.
Rückert steht
für einen flüssigen Stil, der locker swingt und in intensiven Improvisationen
die subtilen Feinheiten der Jazzmoderne erkundet. Vom Schlagzeugschemel aus gibt
er die Richtung vor und treibt mit federndem Trommelspiel seine Mitmusiker zu
Höhenflügen an, um sie sicher durch die kniffligen Harmoniefolgen zu leiten. Im
obligatorischen Drumsolo werden dann alle Register gezogen.
Doch Rückert hat
noch ein zweites musikalisches Standbein. Unter dem Namen Wolff Parkinson White
tummelt er sich auf der Electronic-Szene. Dabei nutzt er die unfreiwilligen
Wartezeiten auf Tourneen in Hotels und Flughäfen, um auf seinem Laptop neue
Stücke zu entwerfen. Manchmal klingt es nach rasantem Drum ‘n’ Bass, dann
wieder nach bedächtigem Dub. Seine umfassenden Rhythmuskenntnisse kommen ihm beim
digitalen Komponieren zu gute. Auch auf dem Laptop spielt Rückert Schlagzeug - nur
in elektronischer Manier.
Jochen Rueckert: We make the rules (Whirlwind)
Der Artikel erschien zuerst im Schwarwälder Bote.
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