Saturday, 21 March 2015

Jazztrends: William Parker & Oliver Lake

Kreativer Geist

William Parker und Oliver Lake spielen ihr erstes gemeinsames Album ein


 Fotos: Manuel Wagner
cw. Der Kontrabassist William Parker und der Altsaxofonist Oliver Lake sind Veteranen der kreativen Jazzszene in Downtown-Manhattan, die in den letzten Jahren mehr und mehr der Stadtsanierung zum Opfer gefallen ist. Schon in den siebziger Jahren gehörten sie zu den prägenden Gestalten des damaligen Loftjazz und haben seither noch an Statur gewonnen. Einer ihrer wichtigsten Mitmusiker war der Trompeter Roy Campbell, der letztes Jahr verstorben ist. “To Roy!” heißt ihr aktuelles Album - eine Hommage an den langjährigen Weggefährten.  

Die Musiker des Loftjazz hatten die Dogmen des Freejazz der sechziger Jahre hinter sich gelassen. Wohl improvisierten sie weiterhin frei, doch ohne sich Harmonien, Swing und Melodien kategorisch zu verweigern. Parker und Lake spinnen den Faden weiter.

Der Kontrabassist bringt in kraftvollen Ostinato-Figuren seinen sonoren Ton zur Geltung. Wenn er zum Bogen greift, wechselt er oft ins höhere Register, um einen Schwarm heller Obertöne zu erzeugen oder sein Instrument in dissonanter Freejazz-Manier knarren und kreischen zu lassen. Oliver Lake antwortet mit druckvoll-robustem Spiel, in dem die gesamte Jazz-Moderne präsent ist, wobei selbst in der größten Abstraktion die Verwurzelung im Blues spürbar bleibt. Der Saxofonist greift in den Werkzeugkasten der radikalen Improvisation, wenn er mit Überblaseffekten und Presstönen gelegentlich das Metall seines Instruments zum Erzittern bringt. In diesen Momenten bestimmt eruptive Expressivität das Spiel, danach werden wieder melancholische Stimmungen beschworen. Im Duo der beiden lebt der kreative Geist der New Yorker Downtown-Szene fort.

William Parker / Oliver Lake: To Roy (Intakt Records)

Die Besprechung erschien zuerst in der NZZ.

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