Saturday, 5 September 2015

JAZZTRENDS: Ellery Eskelin Solo

Ellery Eskelin - Tenorsaxofon solo

Coleman Hawkins brach das Tabu: Er spielte 1948 mit dem Titel “Picasso” das erste unbegleitete Tenorsaxofon-Solo der Jazzgeschichte ein. Ellery Eskelin, ausgewiesener Spitzenkönner mit modernen bis avantgardistischen Neigungen, knüpft daran 65 Jahre später an. Nicht nur, indem der New Yorker Tenosaxofonist ein ganzes Konzert alleine absolviert, sondern auch stilistisch: Er hat vor ein paar Jahren ein altes Saxofon Baujahr 1927 erworben und seine Spielweise neu überdacht und ausgerichtet, indem er den singhafte Stil der alten Tenoristen wieder aufleben läßt, allerdings ohne in einen Retro-Kult daraus zu machen.


Denn Eskelin steht mit beiden Beinen in der Gegenwart. Er pflegt einen warmen, vollen Ton, den er leicht aufgerauht anbläst, wodurch die Luftgeräusche Teil seines “Sounds” werden. Im Gegensatz zu früher ist seine Spielweise melodischer und weniger abstrakt. Es werden keine “Materialklänge” bemüht und keine Geräuscherkundung betrieben. Vielmehr spielt der New Yorker kantable Linien und läßt dabei der Fantasie freien Lauf. In seinem Spiel ist die Tradition gut aufgehoben und frei Improvisiertes kommt nicht wie so oft schrill oder harsch daher, sondern versonnen und abgeklärt. Hier kann man einem Meister beim Fabulieren zuhören, der mit seinem Instrument spannende Geschichten erzählt, die er weiter und weiter spinnt, weil er sich nicht an die Vorgaben eines Ensembles halten muß. Das kann man als Befreiung empfinden. 

Ellery Eskelin: Solo Live At Slugs (HatHut HatOLOGY731)

Die CD-Besprechung erschien zuerst in der JAZZTHETIK (jazzthetik.de)

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