Tuesday 31 July 2018

Alte Musik: Das italienische Madrigal

 Schmachtende Lippen, süßer Schmerz

Das Festival Europäischer Kirchenmusik in Schwäbisch Gmünd feiert „mit allen Sinnen“ ein Jubiläum

 



















cw. Das „Festival Europäischer Kirchenmusik Schwäbisch Gmünd“ feiert einen runden Geburtstag: 1989 gegründet, findet es dieses Jahr zum 30. Mal statt! Die Stadt Schwäbisch Gmünd hat sich mit der Veranstaltungsreihe ein hochkarätiges Ereignis geschaffen, das weit über die Region ausstrahlt und jedes Jahr ungefähr 15 000 Besucher aus nah und fern anzieht. An verschiedenen Spielstätten in Schwäbisch Gmünd, ob im gotischen Heilig-Kreuz-Münster oder der barocken Augustinuskirche, finden drei Wochen lang Konzerte der Spitzenklasse statt, zu denen profilierte Künstler aus der ganzen Welt anreisen. Das Spektrum mehr oder weniger religiös angehauchter Klänge reicht dabei vom gregorianischen Choral des Mittelalters über Barockmusik bis zu symphonischen Chorwerken des 19. Jahrhunderts, wobei auch die Avantgarde zum Zuge kommt.

In den letzten Jahren hat das Kirchenmusik-Festival geographisch über die Stadt hinausgegriffen und auch passende Orte der Umgebung in die Konzertaufführungen einbezogen. Am Sonntag wurde im naheliegenden Kloster Lorch eine ausverkaufte Aufführung geboten, zu der das Ensemble La Compagnia Del Madrigale aus Italien angereist war. Im Mittelpunkt des Konzerts standen italienische Madrigale vom Ende des 16. Jahrhunderts. Komponisten wie Claudio Monteverdi, Carlo Gesualdo und Luca Marenzio hatten damals eine Liedform geschaffen, die mit einer verschlungenen Stimmführung höchste Gefühlsintensität zum Ausdruck brachte. In diesen weltlichen Gesängen stand das Wort im Vordergrund, das expressiv ausgedeutet und klanglich illustriert wurde. Oft war die Liebe das große Thema, die uns in diesen Liedern als ungeheure Gefühlswallung begegnet und unerwidert zu quälendem Schmerz und grausamen Todesqualen führen kann. 

Die lyrischen Texte erkennen den hinterhältigen Geist „Amor“ in den „schmachtenden Augen“ der Angebeteten, aber auch in der seelischen Not des abgewiesenen Liebhabers. Die Madrigallieder beschreiben die „süßen Küsse“ als die wahre „Nahrung des Lebens“ – eine erotisch hochaufgeladene Affaire also, die ausgezeichnet zum diesjährigen Festivalmotto „Mit allen Sinnen“ passte.

Die Compagnia Del Madrigale bestätigte ihren Ruf, eines der besten Spezialistenensembles dieser Sparte zu sein. Die sechsköpfige Vokalgruppe setzt allein auf die Kraft und Kunst ihrer Stimmen, tritt also als A-Capella-Gruppe auf, die auf jegliche instrumentale Unterstützung verzichtet. Durch die Verschmelzung der drei Frauen- und der drei Männerstimmen ergibt sich ein kompakter Gruppenklang, der als geschlossene Einheit wirkt und mit großer Virtuosität die Lieder in Szene setzt, wobei es den sechs Vokalisten meisterhaft gelingt, die emotionale Tiefgründigkeit der Liebesthematik in all ihren Facetten auszuleuchten.

Erst nach mehreren Zugabe entließ das Publikum das Meisterensemble aus Italien, wobei bis zum 5. August noch eine Vielzahl von Konzerten auf dem Programm stehen, die jeder Zeit eine Reise nach Schwäbisch Gmünd rechtfertigen.

Weitere Informationen: www.kirchenmusik-festival.de

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