Meister der Jazzmeditation
Das Marc Copland Trio vor große Kulisse beim Jazzclub Singen
cw. Drei Instrumente – das genügt! Mehr braucht es nicht als Klavier, Kontrabaß und Schlagzeug, um eine veritable Jazzcombo zu bilden. In den letzten zwei Jahrzehnten erlebte das Jazzpianotrio einen regelrechten Boom, nicht zuletzt durch Ensembles wie The Bad Plus, die bekannte Poptitel von Black Sabbath oder Nirvana in ihr Repertoire aufnahmen. Auf solche Kapriolen läßt sich das Marc Copland Trio erst gar nicht ein, sondern führt die Tradition des Jazzpianotrios konzequent fort, indem es Jazzstandards, Evergreens und eigene Kompositionen präsentiert. Dass man auch mit so einem recht konventionellen Konzept Erfolg haben kann, erwies sich beim Konzert der Gruppe beim Jazzclub Singen im Kulturzentrum Gems, wo man wegen des großen Publikumandrangs noch zusätzliche Stuhlreihen aufstellen mußte.
Die Bedingung für einen derartigen Publikumszuspruch ist allerdings ein ganz simpler: hohe Meisterschaft! Copland, inzwischen 71 Jahre alt, hat sich ein Leben lang in die Jazztradition vergraben, über Jazzstandards aus dem „Great American Songbook“ meditiert und es dadurch zu einem Können gebracht, das jetzt Früchte trägt. In der Jazzszene hat sich seine Exzellenz mittlerweile herumgesprochen. Dabei ist Copland einer der Stillen im Land, der kein großes Aufsehen von sich macht, sondern mit Qualität zu überzeugen hofft. Das ist der einzige Trumpf, auf den er setzt.
Begleitet wurde der amerikanische Pianist von einer vorzüglichen Combo mit dem Ausnahmebassisten Drew Gress, einem der meistbeschäftigten Musiker der New Yorker Jazzszene, der mit allen musikalischen Wasser gewaschen ist und vom konventionellen Spiel bis zur avantgardistischen Improvisation jeden Stil beherrscht. Für den erkrankten Superdrummer Joey Baron, der wegen einer Infektion das Bett hüten musste, half kurzfristig der belgische Schlagzeuger Dré Pallemaerts aus, ein ausgefuchster Routenier, der schon früher mit Copland gespielt hatte. Vom ersten Takt an fügte er sich ideal in die Musik ein und sorgte für federnden Swing und dynamische Akzente.
Tief über die Tasten gebeugt, begann Copland seine Jazzmeditationen. Nicht zufällig machte der Klassiker „All Blues“ von Miles Davis den Anfang, der 1959 auf dem Album „Kind of Blue“ erschien. Bei dieser Plattensession saß Bill Evans am Piano, der für Marc Copland so etwas wie ein Leitstern ist. Introvertiert, sensibel und einfühlsam waren die Qualitäten des berühmten Pianisten, Eigenschaften, die auch Copland kultiviert hat, wobei er es schafft, mit seinem Spiel eine intime, andächtig-verträumte Stimmung zu erzeugen, die das Publikum über die Dauer des Konzerts mehr und mehr in den Bann zog.
Ob Copland Melodien und Gegenmelodien ineinander verschränkte, Akkorde und Intervalle aufbaute und dann wieder auflöste, immer bewegte er sich vollkommen sicher in der labyrinthischen Architektur seiner Jazznummern und schaffte es, selbst einem Evergreen wie „You do something to me“ von Cole Porter noch neue Seiten abzugewinnen, einem Titel, der einst von Frank Sinatra, Ella Fitzgerald und Doris Day bekannt gemacht wurde. Dabei verfehlte Marc Coplands Tastenmagie ihre Wirkung nicht: Man befand sich nach dem Auftritt in einer anderen, besinnlicheren Stimmung als vor dem Konzert. Nur große Kunst schafft solch eine Verwandlung.
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