Wednesday 6 April 2022

SCHEIBENGERICHT: Alexander Hawkins – Mirror Canon Break A Vase

SCHEIBENGERICHT 2

 

Alexander Hawkins: Mirror Canon Break A Vase 

(Intakt Records) 



cw. Zwei Solopianostücke bilden die Klammer. Sie binden die sieben Ensemblekompositionen von Alexander Hawkins zusammen, rahmen sie formgerecht ein, was die Konsistenz des gesamten Albums garantiert. Der Opener ist als eine Art Präludium mit kantigen Tastensprüngen eher robust gehalten, während das Schlußstück mit Verfremdungen und Klangmanipulationen zwischen John Cage, Hauschka und Aphex Twin ins avantgardistische Klangutopia ausgreift.

 

 Der Pianist und Bandleader aus der Universitätsstadt Oxford, der 2021 40 geworden ist, erweist sich auf seiner aktuellen Einspielung als vielseitiger Komponist, dessen Bandbreite vom Solo über Quartettstücke bis zur Sextettbesetzung reicht, wobei es Hawkins nicht beim akustischen Klang bewenden läßt, sondern die Musik behutsam mit Sounds vom Sampler in ein elektronisches Klangbad taucht. 

 

Hawkins spannt den Bogen weit. Von groovenden Arrangements, bei denen der Einfluß von Mulatu Astatke durchschimmert, in dessen Band er Jahre lang auf dem Klavierstuhl saß, bis zu ekstatischer Fire Music reicht die Bandbreite, wie er sie im Ensemble von Louis Moholo lange Zeit praktizierte (im Gespann mit Saxofonisten Shabaka Hutchings). Daneben gibt es auch eine Komposition (Titel: Faint Making Stones), die fast nach einer abstrakten Jazzballade klingt – aber nur fast!

 

Mit zwei Schlagzeugern (einer davon ein afrikanischer Handtrommelspezialist) ist die Rhythmusgruppe als treibende Groovemaschine konzipiert, die – wenn nötig – einen Drive von ungeheurer Dichte erzeugen kann. Darüber legt Shabaka Hutchings Saxofonsoli von expressiver Kraft, die Hawkins mit raffinierten Akkorden kontrapunktisch spiegelt, bevor er den Faden aufnimmt und weiterspinnt, dabei oft bis an die Grenzen zur Atonalität geht. Als dritter Solist kommt der Südafrikaner Otto Fischer ins Spiel, dessen originelle Gitarrensoli gleichermaßen die konventionellen Gesetze der Harmonie sprengen. Als Kontrast wirkt ein Stück (Titel: Sun Rugged Billions), das freier und luftiger gehalten ist und mit Holzflöte, Schlagzeug und präpariertem Klavier südafrikanische Folklore evoziert. 

 

Mit diesem Album ist Alexander Hawkins ein großer Wurf gelungen, mit dem er seinen Ruf als einer der führenden Musiker der aktuellen britischen Jazzszene weiter festigen kann, vor allem für die Zeit danach – wenn einmal der aktuelle Hype um den Post-Jazz aus Südlondon abgeklungen ist.

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