Friday, 22 February 2013

Jazztrends: MICHAEL WOLLNY mit [em] 'in the UK'



Ein Hit von Kraftwerk als Zugabe

Der deutscher Spitzenjazzer Michael Wollny mit seinem Trio [em] in England unterwegs

                                                                                               Foto: Grosse-Geldermann

cw. Michael Wollny ist der bekannteste deutsche Jazzmusiker der jüngeren Generation. Der 35jährige Pianist sorgt als Solist und mit seinem Trio [em] seit ein paar Jahren mit spektakulären ‘Live’-Auftritten und Platteneinspielungen für Furore und feiert daneben mit Altmeistern wie Joachim Kühn und Heinz Sauer Triumphe. 2011 wurde Wollnys Gruppe [em] zur besten deutschen Jazzcombo gekürt und mit dem ECHO Jazz Award ausgezeichnet, sein letztes Album “Wasted & Wanted” von der Kritik mit Begeisterung aufgenommen.

Viel zu Wollnys Erfolg trug seine Plattenfirma bei. Der Tastenkünstler aus Berlin ist beim rührigen Münchner Act-Label unter Vertrag, das vom ehemaligen Warner-Manager Siggi Loch geleitet wird. Loch hat es in den letzten Jahren immer wieder geschafft, Künstler seines Labels international durchzusetzen, wie den 2008 verstorbenen Pianisten Esbjörn Svensson. Mit seiner Gruppe E.S.T. wurde Svensson zu einem weltweit gefeierten Star. Das mag ein Ansporn für Michael Wollny gewesen sein, mit seinem Trio [em] jetzt zu einer ersten Tournee nach Großbritannien überzusetzen für Auftritte in London, Birmingham, Barnstaple und Manchester.
                                                                                                                                         Foto: Anna Meuer
Für ausländische Musiker ist England ein hartes Pflaster. Die britische Jazzszene leidet an chronischem Geldmangel und Inselmentalität, weswegen nur wenigen Gruppen den Sprung über den Kanal schaffen. Allerdings hat Wollny einen Trumpf: Er ist auf der Insel längst kein Unbekannter mehr. Seine Alben wurden derart positiv von der Presse besprochen, dass er letztes Jahr mit ein paar gefeierten Solokonzerten den Boden für die Tour mit seinem Trio bereiten konnte. Die britischen Medien geizten dann auch nicht mit Vorschußlorbeeren. Nur Freejazz-Altmeister Peter Brötzmann kann in England mit ähnlicher Beachtung rechnen.

In Manchester trat [em] im Club “Band on The Wall” auf, dem gediegensten Konzertort der nordenglischen Industriemetropole für Klänge jenseits des Mainstreams. In dieser Lokalität, die von der Stadt Manchester betrieben wird, wechseln sich sieben Tage die Woche Soul-, Jazz-, Folk-, Reggae- und Weltmusik-Auftritte ab. Mit ihrem abwechslungsreichen Jazz gelang es den drei Musikern aus “Germany”, das Publikum rasch auf ihre Seite zu ziehen, und bald brach sich Begeisterung Bahn. Links auf der Bühne ließ Wollny seine Finger flink über die Tasten des schwarzen Flügels tanzen, während gegenüber Drummer Eric Schäfer für komplexe Rhythmen und dynamisches Feuer sorgte. In der Mitte der Bühne bildete Eva Kruse mit ihrem Kontrabaß den Ruhepol. Sie gab der Musik selbst in den turbulentesten Passagen Halt. Beeindruckend war die große Bandbreite an Klängen und Stilen, die die Combo auf ihrem rasanten Parforce-Ritt durchquerte und die von Rock über Jazz bis zu radikalen Avantgarde-Sounds reichten. Am Ende gab es den Kraftwerk-Hit “Das Modell” als Zugabe.

Indem Wollny und Mitstreiter alle Register zogen, gelang es ihnen, das sonst als eher unterkühlt geltende englische Publikum aus der Reserve zu locken. Um allerdings in Großbritannien größere Konzerthallen zu füllen, wird noch viel harte Promotion-Arbeit nötig sein. Diese erste Stippvisite kann nur ein Auftakt gewesen sein.

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