"Wir waren künstlerisch total ausgelaugt!"
Franz Ferdinand kommen gerade mit einem sehr guten neuen Album auf den Markt: "Right Thoughts, Right Words, Right Action" Pfeilgerade Melodien, kraftvolle Beats, griffige Songs, die sofort auf den Punkt kommen: keine Schnörkel, kein eitles Rumexperimentieren. Ein rundum gelungenes Popprojekt - äußerst hörenswert!
Nick McCarthy (im Bild vorne links), Gitarrist, Keyboarder und mit Sänger Alex Kapranos einer der beiden Songschreiber von Franz Ferdinand (der übrigens seine Lehrjahre in den 90er Jahren bei der Münchner Weltmusikband Embryo absolviert hat), erzählt im Interview mit Christoph Wagner über die Entstehung der neuen Platte "Right Thoughts, Right Words, Right Action", das beinahe Ende der Band und wie sie sich nach einer Schaffenskrise wieder berappelt haben.
Nach vier Jahren gibt es ein neues Album von
Franz Ferdinand. Warum hat es so lange gedauert?
Nick McCarthy: Wir waren nach dem letzten
Album zwei Jahren lang fast pausenlos unterwegs, und schon davor hatten wir
eine Tour nach der anderen absolviert. Da war es wirklich Zeit für eine Pause!
Wir haben ein Jahr Auszeit genommen, weil wir künstlerisch ausgelaugt waren –
total leer! Ich hatte keine Lust mehr auf gar nichts. Wir waren nicht einmal
sicher, ob es mit der Band weitergehen würde, so ausgebrannt waren wir. Nicht
dass wir uns verkracht hätten, wir waren nur einfach froh, uns einmal längere
Zeit nicht zu sehen. Ich persönlich habe fast ein halbes Jahr lang keine Musik
mehr gemacht. Vom Touren runterzukommen, sich zu regenerieren, ist ein
langwieriger Prozeß. Ich war kreativ völlig ausgepumpt. Erst nach Monaten ging
es langsam wieder. Ich habe angefangen, ein bisschen Klavier zu spielen. Dann
habe ich mich mit meinem Bandkollegen Alex Kapranos getroffen. Ein Jahr lang
haben wir an dem neuen Album gearbeitet.
Wir kam das Album zustande?
McCarthy: Alex Kapranos und ich schrieben die
Songs. Einer hatte eine Idee, ein paar Akkorde oder einen Chorus, und dann
hockten wir zusammen und bastelten einen Song daraus. Die Lieder sind alle auf
akustischen Instrumenten entstanden: Lagerfeuerlieder, Sing-Along-Songs! Das Vorgänger-Album hatten wir dagegen im
Studio fabriziert und die Lieder aus Grooves entwickelt. Wir haben damals viel
improvisiert und dann am Mischpult die besten Teile zusammengeschnitten und zu
Songs zusammengebaut. Es wurde unser experimentelles Album. Dieses Mal wollten
wir es anders machen. Wir schrieben zuerst die Songs und machten uns dann mit
der ganzen Band ans arrangieren. Sofort gerieten wir wieder ins alte
Fahrwasser. Das wollten wir nicht. Da langweilt man sich nur selbst. Irgendwie
mussten wir aus diesem Käfig ausbrechen.
Welcher Ausweg bot sich an?
Nick McCarthy: Wir haben mit verschiedenen
Co-Produzenten gearbeitet, obwohl wir uns eigentlich dieses Mal selbst
produzieren wollten. Einer der Partner waren Hot Chip. Wir stehen auf deren
Musik, deshalb bot sich eine Zusammenarbeit an. Joe Goddard und Alexis Taylor
kamen ins Studio und wir haben Ideen hin- und hergeworfen. Wir wollten neue
Inspiration in unseren kreativen Prozeß einbringen, nicht immer nur im eigenen
Saft schmoren.
Gab es einen konkreten Plan für die
Produktion?
Nick McCarthy: Nicht wirklich. Wir wollten
vor allem nicht die Fehler von früher wiederholen. Bei der Arbeit am letzten
Album sind wir eineinhalb Jahre zusammen im gleichen Zimmer gehockt. Das war zu
viel. Das wollten wir diesmal vermeiden.
Die Einflüsse auf dem neuen Album reichen
weit. Selbst Anklänge an die sechziger Jahre sind auszumachen.
Nick McCarthy: Auf einem Stück setzen wir
eine Sitar ein, eine Referenz an die späten Sechziger, was uns aber eher
unterbewußt passiert ist - ein ironisches Augenzwinkern. Wir haben diesen
Track, das Titelstück der Platte, im Studio von Mark Ralph in Westlondon
aufgenommen, auf einem Mischpult, das vom legendären Studioingenieur und
Proudzenten Conny Plank aus Deutschland stammt. Ein selbstleuchtender
Sticker in Sternenform von Nina Hagen klebt da noch auf einem Kompressor –
total verrückt! Mark Ralph rief einen Sitarspieler in der Nachbarschaft an, der gleich
vorbeikam.
Der Titel des Albums “Right Thoughts, Right
Words, Right Action” kann politisch gedeutet werden. Ist er so gemeint?
Nick McCarthy: Es ist eher eine Art
Lebensmotto, das man aber nicht zu Ernst nehmen sollte. Es freut mich, dass der
Text zu verschiedenen Interpretationen anregt. Auf dem Albumcover ist der Titel
von drei roten Pfeilen unterlegt, die in eine Richtung weisen. Der weiße Pfeil
unter dem Bandname zeigt in die entgegengesetzte Richtung. Es ist also alles
nicht so eindeutig. Vermeintlich richtige Gedanken, Worte und Taten können sich
leicht als falsch erweisen. Das “Richtige” gibt es doch gar nicht.
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