In den Wäldern der Herzen
Spitzenjazz mit Frederik Köster im Tübinger
Jazzkeller
cw. Die neue deutsche Jazzelite ist jung, akademisch
gebildet und spieltechnisch hochversiert. Sie steckt voller Ideen, die weit über
die bekannten Formen des Jazz-Mainstreams hinausgehen. Nicht radikale
Zertrümmerung lautet das Gebot der Stunden, sondern die raffinierte
Vermischungen bekannter Stile. Im Jazz sind heute Alchemisten gefragt.
Neben dem Pianisten Michael Wollny und dem
Posaunisten Nils Wogram zählt der Kölner Trompeter Frederik Köster zu den neuen
Stars am deutschen Jazzhimmel. Sein Quartett heißt “Die Verwandlung”, was
programmatisch zu verstehen ist und unterstreicht: Keine Komposition aus
Kösters Repertoire beginnt so wie sie endet! Immer finden im Spielprozeß Häutungen
und Verformungen statt. Die Strukturen ändern sich ebenso wie das klangliche
Material. Rhythmuswechsel und dynamische Pendelausschläge finden statt.
Manchmal spielt Köster seine Trompete mit Dämpfer, dann wieder mit einem elektronischen
Hallgerät, womit sich mächtige Tongebilde erstellen lassen. Zeitweise klingt er
so feurig wie Miles Davis, dann wieder agil und wendig wie Freddie Hubbard oder
so samtweich wie Chet Baker.
Köster beherrscht nicht nur die
Trompetenliteratur aus dem Effeff, sondern läßt sich darüber hinaus von Belletristik
inspirieren: allein drei Stücke aus dem Programm, das er mit seinem Ensemble im
Tübinger Jazzkeller bot, waren von Werken des japanischen Schriftstellers Haruki Murakami beeinflußt und führten “tief
in die Wälder der Herzen”, wie ein Songtitel hieß.
Kösters Mitmusiker – weit mehr als bloße Begleiter
- folgten dem Bandleader auf dem Fuß und sprangen mit Bravour durch jeden
Reifen, der ihnen hingehalten wurde. Virtuos nahm Pianist Sebastian Sternal die Impulse auf und spann sie
auf interessante Art weiter, während Kontrabassist Joscha Oetz nicht nur
solistisch glänzte, sondern mit seinem dickbauchigen Saiteninstrument auch mächtig
Dampf machen konnte. Als reines Dynamit erwies sich außerdem Schlagzeuger Jonas
Burgwinkel, der als trommelnder Tausendhänder selbst den komplexesten Ryhthmusfiguren
noch einen tänzerischen Swing abzugewinnen vermochte. In solcher Topform haben
Köster und seine Mannen ihren Platz in der Spitzengruppe des deutschen Jazz mehr
als verdient.
CD: Frederik Köster: Die Verwandlung (Traumton)
CD: Frederik Köster: Die Verwandlung (Traumton)
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