Monday, 23 December 2013

ALEXIS KORNER - eine Erinnerung zum 30. Todestag

One Scotch, one Bourbon, one Beer

Alexis Korner zum 30. Todestag

Wie ein österreichischer Nazi-Flüchtling den europäischen Blues erfand


 cw. In den 70er Jahren war Alexis Korner Stammgast in Deutschland. Keine Stadt war ihm zu klein, um seine Blues-Botschaft unter die Leute zu bringen. Oft war der englische Sänger und Gitarrist  mit seinem dänischen Musikkumpan Peter Thorup unterwegs, der auch Mitglied von Korners Gruppe Snape war. Thorup war wie Korner ein passabler Gitarrist und verfügte über eine ähnlich ausdrucksstarke Stimme. Zusammen bildeten die beiden ein eingespieltes Team, das mit  Leidenschaft und Dynamik Gospelsongs und Bluesklassiker anstimmte. Durch seine zahlreichen Auftritte und Tourneen machte Alexis Korner eine ganze Generation junger Deutscher mit dem schwarzen Blues aus dem Mississippi-Delta bekannt.

Ein gewaltiger Ruf eilte ihm voraus. Bei seinen Auftritten wurde er als “Vater des weißen Blues” vorgestellt, von dem man wußte, daß durch seine Schule viele der Giganten der Rockmusik gegangen waren, etwa Mick Jagger, Charlie Watts, Jack Bruce und Ginger Baker. Aber auch viele Jazzmusiker hatten in seinen Bands gespielt von Dave Holland und John Surman über Ray Warleight und Phil Seaman bis zu Lol Coxhill und Chris McGregor.
Bei den Konzerten von Alexis Korner fiel besonders auf, daß der kraushaarige Engländer mit mächtigem Backenbart und der obligaten Zigarette im Mundwinkel, seine Songs in makellosem Deutsch ankündigte und auch sonst auf sympathische Weise angeregt mit dem Publikum auf deutsch plauderte. Seine polyglotten Fähigkeiten hatten biographische Gründe. 1928 als Sohn eines österreichischen Geschäftsmanns und seiner griechischen-türkischen Frau in Paris zur Welt gekommen, war Alexis mehrsprachig aufgewachsen. Die Familie Körner gehörte zur quasi  kosmopolitischen europäischen Kaufmannsschicht, war viel unterwegs, lebte zeitweise in London und Paris.1940 wurden die Körners vom Einfall der deutschen Truppen in Frankreich überrascht und brachten sich in letzter Minute mit einem Flüchtlingsschiff nach England in Sicherheit. Die Situation hätte brenzlig werden können, da der Vater aus einer Familie konvertierter Wiener Juden stammte.


Nach Kriegsende tat der junge Alexis Korner als britischer Besatzungssoldat bei einem Militärsender in Hamburg Dienst, wo er als Diskjockey erstmals in intensiveren Kontakt mit Jazz- und Blues-Platten kam, was der Beginn einer lebenslange Leidenschaft bedeutete.

Nach dem Militärdienst kehrte Korner nach England zurück und stieg in die Londoner Jazzszene ein. Zuerst spielte er Rhythmusgitarre in der Band von Chris Barber, der ihm pro Auftritt ein kleines Bluesintermezzo gewährte. Als der Traditionsjazz Mitte der 50er Jahre vom Skiffle als neuster Mode abgelöst wurde, war Korner in der Gruppe von Ken Colyer mit von der Partie, weil Skiffle-Bands, als britische Versionen der amerikanischen Jugbands, auch Songs von Bluessängern wie Big Bill Broonzy und Huddie Ledbetter im Repertoire hatten. Nach dem Vorbild der Jazz- und Folkclubs, die meistens in den Hinterzimmern von Pubs stattfanden, gründete er 1962 im Londoner Stadtteil Ealing einen Blues-Club, der zu einem Kristallisationspunkt für all diejenigen wurde, die in den Bann der  amerikanischen Musik geraten waren. Jeden Samstagabend fanden hier die heißesten Sessions statt. Während Alexis Korner mit seiner Gruppe Blues Incorporated auftrat, drückten sich junge Gleichgesinnte wie Rod Stewart oder Eric Clapton am Bühnenrand herum, in der vagen Hoffnung  einmal  kurz einsteigen zu können.
Als mit den Rolling Stones, der Spencer Davis Group, den Animals und Yardbirds 1963  in England die Blues-Revolution ausbrach, geriet Alexis Korner ins Hintertreffen. Während die Jungen absahnten, wartete er vergeblich auf den großen Durchbruch. Sein jazzig angehauchter Blues wurde vom neuen Bluesrock ausgestochen, der sich am elektrischen Rock ‘n Roll von Chuck Berry und Bo Diddley orientierte. 
                                                                                                          Alexis Korner & Snape, 1972
Alexis Korner blieb in den 70er Jahren höchstaktiv. Er war an den Londoner Sessions von B.B. King beteiligt, gründete die Gruppen New Church und Snape und landete mit der Rockstudio-Bigband CCS sogar in den Hitparaden. Er spielte häufig in der West-Deutschland, das mehr und mehr zu seinem  Hauptauftrittsland wurde. In der musikalischen Abenteuerlust kann man einen wichtigen Charakterzug Alexis Korners erkennen, den künstlerischen Drang, nicht still zu stehen und immer wieder Neues zu wagen. Dem Grundsatz  ist er bis zuletzt treu geblieben. Vor 30 Jahren, am Neujahrstag 1984, ist der “Vater des weißen Blues” in einem Londoner Krankenhaus an Lungenkrebs gestorben. Am 19. April 2014 wäre Alexis Korner 86 Jahre alt geworden.

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