Monday 9 December 2013

JAZZTRENDS: Wunderkiste Akkordeon

Tradition und Imagination

Der Schweizer Akkordeonist Hans Hassler



cw. Ist es nostalgische Sehnsucht oder künstlerische Selbstvergewisserung, die Musiker dazu bringt, sich im fortgeschrittenen Alter wieder der Musik ihrer Jugendzeit zu zuwenden? Der 68jährige Hans Hassler, Schweizer Akkordeonist avantgardistischer Prägung, ist mit traditionellen Melodien aufgewachsen. Er hat in jungen Jahren in Ländlerkapellen Klarinette geblasen, ganz in der Spur seines Vaters, der neben seinem Beruf als Stadtarbeiter in Chur vor allem ein eingefleischter Volksmusikant war. Obwohl traditionelle Klänge immer schon in Hasslers Musik präsent waren, wenn auch eher untergründig, setzt sich der Akkordeonist auf der neuen Einspielung intensiver mit seiner volksmusikalischen Sozialisation auseinander.

Hassler schürft im Unterbewußtsein und fördert eine ganze Reihe vergessener Tanzmelodien zu Tage, Stücke von Paul Kollegger, Luzi Brüesch und Kasi Geisser, die allesamt zum Traditionsschatz der Schweizer Volksmusik gehören. Unterstützt vom Klarinettisten Jürgen Kupke, dem Baßklarinettisten Gebhard Ullmann und dem Perkussionisten Beat Föllmi interpretiert Hassler dieser Kompositionen auf seine eigene Art. Er seziert und fragmentiert die Melodien, verfremdet die Harmonien und setzt sie collagenhaft wieder zusammen. Hassler läßt sich von der Tradition nicht an die Kette legen, sondern gibt sich der musikalischen Tagträumerei hin, die ins Geisterreich zwischen Wachsein und Versunkenheit führt. 

Natürlich ist es für einen Musiker ein törichtes Unterfangen, die Entzauberung, die das Erwachsenwerden mit sich bringt, rückgängig machen zu wollen: Es gibt keinen Weg zurück zum rein sinnlichen Musizieren! Das weiß Hassler nur zu gut. Dennoch ist ihm mit der Rückbesinnung auf die eigenen Wurzeln ein interessantes und vielschichtiges Stück Musik gelungen: Ländlerklänge zwischen Tradition und Imagination!  

Hans Hassler: Hassler (Intakt)


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