Die
besten Sounds 2013
CD-Empfehlungen
zu Weihnachten von Konzertveranstaltern und Programmmachern aus dem Südwesten. Diese Leute müssten es ja eigentlich wissen, hören sie doch Tag für Tag Musik ‘live’ und auf Platte.
Harris Eisenstadt - eine der Emfpehlungen 2013
Ulrike
Tyrs, Ateliers im Alten Schlachhof, Sigmaringen
Dieses
Jahr spielte im Rahmenprogramm der kleinen Landesgartenschau in Sigmaringen der
Elektroniker Hans Joachim Irmler in den Ateliers im Alten Schlachthof. Irmler
ist mit seinem Faust-Studio in Scheer ja quasi unser Nachbar und brachte den
ehemaligen Can-Schlagzeuger Jaki Liebezeit mit. Das Konzert wurde
mitgeschnitten und wird sich in Teilen auf dem neuen Album der beiden
wiederfinden, das allerdings erst im neuen Jahr erscheint. Deshalb empfehle ich
die Einspielung der Neuen Wiener Concert Schrammeln, die im Oktober unsere
Gäste bei einem gemeinsamen Konzert mit dem SWR waren. “Kronjuwelen” (No Food
Factory) heisst ihre CD, die Schrammelmusik aus den Kronländern der ehemaligen
Donaumonarchie aufs sensibelste präsentiert. Eine exquisite Melanche von Volks-
und Kammermusik.
Werner
Büche, Vorsitzender des ‘Jazz Club 56’, Lörrach
Seit der
Gründung 1956 bin ich mit einer zweijährigen Unterbrechung der 1. Vorsitzende
unseres Clubs. Begonnen hat alles bereits kurz nach Kriegsende mit
Schallplattenabenden, wo damals noch Schellackplatten gespielt wurden. In
Lörrach hatten wir ja das Glück, die Schweizer Radiosender empfangen zu können
und dort auch Jazzsendungen zu hören. Wenn ich auf 2013 zurückblicke, war wohl
Paul Kuhn mit seinen All Stars und dem Babelsberger Filmorchester das
Highlight. Dieser Auftritt im Lörracher Burghof war Kuhns letzter Auftritt mit
dieser Großformation von 30 Musikern vor seinem Tod. Wir haben mit ihm nach dem
Konzert noch über seine zukünftigen Pläne gesprochen. Er hat uns auch von
seiner neuen CD erzählt, die er im legendären Columbia Studio in Los Angeles
aufgenommen hat. Als Lieblings-CD des Jahres würde ich deshalb Paul Kuhns
"L.A. Session" auswählen.
Rudolf
Kolmstetter, Vorsitzender Jazzclub Singen
Es gab
aus allen Jazzbereichen CDs, die mir besonders gefallen haben, so die neue CD
von Chucho Valdes & The Afro-Cuban Messengers. Das war mein Sommer-Hit.
Aber dieses Jahr habe ich eine Entdeckung gemacht: Den kanadischen, in New York
lebenden Schlagzeuger Harris Eisenstadt mit seinen verschiedenen Projekten. 2013
sind zwei Alben von ihm erschienen: Einmal mit seinem Quintett "Canada
Day" und dann eine Einspielung seines "September Trios” mit dem immer
besser werdenden Tenorsaxofonisten Ellery Eskelin und der Pianistin Angelica
Sanchez, die ich auf diesem Weg entdeckt habe. Natürlich habe ich Eisenstadt
und seine "Canada Day"-Band für ein Konzert am Fr. 14.11. 2014 nach
Singen eingeladen.
Friedhelm Schulz, Jazzclub Villingen
Hier spielen drei alte
Hasen im Jazzgeschäft, bei denen sich anspruchsvolles Musizieren mit einer
gehörigen Portion Unterhaltsamkeit vereint. Zwischen gekonnt gespielten
Dissonanzen und wohligen Klangbildern, pendelt die Musik des Trios Bebelaar /
Joos / Lenz, das im Sommer 2013 ihre CD „A Book of Family Affairs“ eingespielt
hat. Beim Konzert im Villinger
Jazzkeller, wo ich den Pianisten Patrick Bebelaar, den Trompeter Herbert Joos
und den Bassist Günter Lenz vor einigen Monaten gemeinsam sah, war ich ebenso
begeistert, wie alle anderen Zuhörer. Und die CD, die nun vorliegt, ist überaus
hörenswert – nicht nur für Jazzfans.
Andreas Roth, Kulturzentrum Franz K, Reutlingen
Lieblingsplatte – das klingt ein wenig nach
Heiligtum. Mein Favorit 2013 ist „For Sale“ der US-Band East Cameron Folkcore
(Label: Grand Hotel Van Cleef / Indigo), auf der zehn junge Menschen mit einer
kaum zu beschreibenden Mischung aus Springsteen-artigem Rock, Folklore,
Anti-Folk und Southern-Punk ihre heilige Wut darüber, wie die (westliche) Welt
eingerichtet ist, kollektiv heraus schreien. Banjo mit krachender Gitarre,
Posaune mit rumpelnden Trommeln, Mandoline mit Brüllgesang – alles geht
zusammen und erzeugt eine unglaubliche Intensität. Aber nicht in einer
Kunstwelt, sondern ganz nah an der Wirklichkeit dran.
Werner Schretzmeier, Theaterhaus, Stuttgart
Als ich
das Album „Country Preacher“ von Cannonball Adderley Anfang der 70er Jahre
erstmals hörte, hat sich mir die Platte gleich eingeprägt. Ich lege sie bis
heute immer wieder auf. Sicherlich ist auch die Tatsache, daß ich damals Joe
Zawinul traf, ein wichtiger Grund meiner Begeisterung. Zawinul, der der
Musikwelt so großartige Kompositionen wie die Mega-Hits „Mercy, Mercy, Mercy“
und „Birdland“ hinterlassen hat, war einer der ersten weißen Musiker, der von
der afro-amerikanischen Musikszene als „Brother“ bezeichnet wurde. Auf „Country
Preacher“ ist Zawinul als Pianist des Cannonball
Adderley Quintets zu hören, dem er einige Jahre angehörte. Die Platte wurde
live aufgenommen, 1969 in einer Kirche in Chicago. Das Ganze wird moderiert von
Jesse Jackson, dem Bürgerrechtler. Er spricht auf dieser Platte vom „Brother“
Joe Zawinul. Eine größere Würdigung hat Zawinul, nach seinen eigenen Worten,
nie bekommen, obwohl er mit Preisen und Anerkennungen überschüttet wurde.
„Country Preacher“ – großartige,
lebensfrohe Musik, aufgenommen in einer Zeit bedeutender
gesellschaftspolitischer Umbrüche weltweit.
Werner
Hassler, Club Manufaktur, Schorndorf
Mein
Lieblingsalbum 2013 heißt ‘Wed21’ und ist von der teilweise in Paris
aufgewachsenen Argentinierin Juana Molina. Zufällig bin ich im Plattenladen
beim Stöbern darauf gestoßen, wegen dem eigenwilligen Cover und dem wunderbar
auszusprechenden Namen. Die Musik ist noch viel eigenwilliger und deshalb
extrem faszinierend. ‘Experimentelle Folktronica’ könnte man sie vielleicht nennen,
aber genau dieses Problem der schwierigen Kategorisierung macht bereits großen
Spaß. Später erfahre ich, dass ‘Wed21’ bereits Molinas sechstes Album ist und freue
mich darauf, ein weiteres unentdecktes Feld zu erforschen. Hoffentlich klappt es mit dem anvisierten
Konzert von Frau Molina im nächsten Jahr in der Manufaktur.
Der Beitrag erschien zuerst im Schwarzwälder Boten, große Tageszeitung im Südwesten
Der Beitrag erschien zuerst im Schwarzwälder Boten, große Tageszeitung im Südwesten
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