Sunday, 15 December 2013

BEST of 2013: Konzertveranstalter empfehlen

Die besten Sounds 2013

CD-Empfehlungen zu Weihnachten von Konzertveranstaltern und Programmmachern aus dem Südwesten. Diese Leute müssten es ja eigentlich wissen, hören sie doch Tag für Tag Musik ‘live’ und auf Platte.

                                                                    Harris Eisenstadt - eine der Emfpehlungen 2013




Ulrike Tyrs, Ateliers im Alten Schlachhof, Sigmaringen

Dieses Jahr spielte im Rahmenprogramm der kleinen Landesgartenschau in Sigmaringen der Elektroniker Hans Joachim Irmler in den Ateliers im Alten Schlachthof. Irmler ist mit seinem Faust-Studio in Scheer ja quasi unser Nachbar und brachte den ehemaligen Can-Schlagzeuger Jaki Liebezeit mit. Das Konzert wurde mitgeschnitten und wird sich in Teilen auf dem neuen Album der beiden wiederfinden, das allerdings erst im neuen Jahr erscheint. Deshalb empfehle ich die Einspielung der Neuen Wiener Concert Schrammeln, die im Oktober unsere Gäste bei einem gemeinsamen Konzert mit dem SWR waren. “Kronjuwelen” (No Food Factory) heisst ihre CD, die Schrammelmusik aus den Kronländern der ehemaligen Donaumonarchie aufs sensibelste präsentiert. Eine exquisite Melanche von Volks- und Kammermusik.


Werner Büche, Vorsitzender des ‘Jazz Club 56’, Lörrach

Seit der Gründung 1956 bin ich mit einer zweijährigen Unterbrechung der 1. Vorsitzende unseres Clubs. Begonnen hat alles bereits kurz nach Kriegsende mit Schallplattenabenden, wo damals noch Schellackplatten gespielt wurden. In Lörrach hatten wir ja das Glück, die Schweizer Radiosender empfangen zu können und dort auch Jazzsendungen zu hören. Wenn ich auf 2013 zurückblicke, war wohl Paul Kuhn mit seinen All Stars und dem Babelsberger Filmorchester das Highlight. Dieser Auftritt im Lörracher Burghof war Kuhns letzter Auftritt mit dieser Großformation von 30 Musikern vor seinem Tod. Wir haben mit ihm nach dem Konzert noch über seine zukünftigen Pläne gesprochen. Er hat uns auch von seiner neuen CD erzählt, die er im legendären Columbia Studio in Los Angeles aufgenommen hat. Als Lieblings-CD des Jahres würde ich deshalb Paul Kuhns "L.A. Session" auswählen.


Rudolf Kolmstetter, Vorsitzender Jazzclub Singen

Es gab aus allen Jazzbereichen CDs, die mir besonders gefallen haben, so die neue CD von Chucho Valdes & The Afro-Cuban Messengers. Das war mein Sommer-Hit. Aber dieses Jahr habe ich eine Entdeckung gemacht: Den kanadischen, in New York lebenden Schlagzeuger Harris Eisenstadt mit seinen verschiedenen Projekten. 2013 sind zwei Alben von ihm erschienen: Einmal mit seinem Quintett "Canada Day" und dann eine Einspielung seines "September Trios” mit dem immer besser werdenden Tenorsaxofonisten Ellery Eskelin und der Pianistin Angelica Sanchez, die ich auf diesem Weg entdeckt habe. Natürlich habe ich Eisenstadt und seine "Canada Day"-Band für ein Konzert am Fr. 14.11. 2014 nach Singen eingeladen.





Friedhelm Schulz, Jazzclub Villingen
Hier spielen drei alte Hasen im Jazzgeschäft, bei denen sich anspruchsvolles Musizieren mit einer gehörigen Portion Unterhaltsamkeit vereint. Zwischen gekonnt gespielten Dissonanzen und wohligen Klangbildern, pendelt die Musik des Trios Bebelaar / Joos / Lenz, das im Sommer 2013 ihre CD „A Book of Family Affairs“ eingespielt hat.  Beim Konzert im Villinger Jazzkeller, wo ich den Pianisten Patrick Bebelaar, den Trompeter Herbert Joos und den Bassist Günter Lenz vor einigen Monaten gemeinsam sah, war ich ebenso begeistert, wie alle anderen Zuhörer. Und die CD, die nun vorliegt, ist überaus hörenswert – nicht nur für Jazzfans.





Andreas Roth, Kulturzentrum Franz K, Reutlingen

Lieblingsplatte – das klingt ein wenig nach Heiligtum. Mein Favorit 2013 ist „For Sale“ der US-Band East Cameron Folkcore (Label: Grand Hotel Van Cleef / Indigo), auf der zehn junge Menschen mit einer kaum zu beschreibenden Mischung aus Springsteen-artigem Rock, Folklore, Anti-Folk und Southern-Punk ihre heilige Wut darüber, wie die (westliche) Welt eingerichtet ist, kollektiv heraus schreien. Banjo mit krachender Gitarre, Posaune mit rumpelnden Trommeln, Mandoline mit Brüllgesang – alles geht zusammen und erzeugt eine unglaubliche Intensität. Aber nicht in einer Kunstwelt, sondern ganz nah an der Wirklichkeit dran.




Werner Schretzmeier, Theaterhaus, Stuttgart
Als ich das Album „Country Preacher“ von Cannonball Adderley Anfang der 70er Jahre erstmals hörte, hat sich mir die Platte gleich eingeprägt. Ich lege sie bis heute immer wieder auf. Sicherlich ist auch die Tatsache, daß ich damals Joe Zawinul traf, ein wichtiger Grund meiner Begeisterung. Zawinul, der der Musikwelt so großartige Kompositionen wie die Mega-Hits „Mercy, Mercy, Mercy“ und „Birdland“ hinterlassen hat, war einer der ersten weißen Musiker, der von der afro-amerikanischen Musikszene als „Brother“ bezeichnet wurde. Auf „Country Preacher“  ist Zawinul als Pianist des Cannonball Adderley Quintets zu hören, dem er einige Jahre angehörte. Die Platte wurde live aufgenommen, 1969 in einer Kirche in Chicago. Das Ganze wird moderiert von Jesse Jackson, dem Bürgerrechtler. Er spricht auf dieser Platte vom „Brother“ Joe Zawinul. Eine größere Würdigung hat Zawinul, nach seinen eigenen Worten, nie bekommen, obwohl er mit Preisen und Anerkennungen überschüttet wurde. „Country Preacher“ –  großartige, lebensfrohe Musik, aufgenommen in einer Zeit bedeutender gesellschaftspolitischer Umbrüche weltweit.


Werner Hassler, Club Manufaktur, Schorndorf

Mein Lieblingsalbum 2013 heißt ‘Wed21’ und ist von der teilweise in Paris aufgewachsenen Argentinierin Juana Molina. Zufällig bin ich im Plattenladen beim Stöbern darauf gestoßen, wegen dem eigenwilligen Cover und dem wunderbar auszusprechenden Namen. Die Musik ist noch viel eigenwilliger und deshalb extrem faszinierend. ‘Experimentelle Folktronica’ könnte man sie vielleicht nennen, aber genau dieses Problem der schwierigen Kategorisierung macht bereits großen Spaß. Später erfahre ich, dass ‘Wed21’ bereits Molinas sechstes Album ist und freue mich darauf, ein weiteres unentdecktes Feld zu erforschen. Hoffentlich klappt es mit dem anvisierten Konzert von Frau Molina im nächsten Jahr in der Manufaktur.



Der Beitrag erschien zuerst im Schwarzwälder Boten, große Tageszeitung im Südwesten


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