Im Zen-Garten der Klänge: Shakuhachi und Elektronik
cw. Die japanische Bambusflöte Shakuhachi ist in
der buddistischen Meditationspraxis das Medium, den Atem hörbar zu machen.
Entsprechend aufgerauht und heißer klingt ihr Ton. Begleitet von starken
Luftgeräuschen erinnert der Klang der Shakuhachi an das Heulen des Winds, der
über einen kahlen Berghang streicht.
Clive Bell aus London ist einer der
profiliertesten Shakuhachi-Spieler der westlichen Hemisphäre. Seine
Referenzliste reicht von David Sylvian über Bill Laswell bis zu Jaki Liebezeit.
Obwohl der Engländer zwei Jahre beim Meister Kohachiro Miyata in Tokyo studiert hat, ist er kein Solist
der klassischen Tradition, sondern nutzt das alte Holzinstrument zum kreativen
Improvisieren.
Mit dem Elektroniker David Ross bildet Bell
ein fulminantes Duo, das sich in sicherer Entfernung zu jedem elektronischen Ethno-Kitsch
bewegt. Ross setzt mit diversen analogen Oszillatoren und Effektgeräten ein
Gezeitenspiel aus immer wiederkehrenden Klangwellen in Gang. Oft unterlegt er
die “soundscapes” mit dem dezenten Beat einer alten russischen Drummaschine, läßt
es blubbern, knistern und zischen, ab und zu sogar ziemlich harsch knarzen.
Clive Bell kann seine Flötentöne so
gewaltig aufbrausen lassen, dass für einen kurzen Moment alle anderen Klänge
dahinter verschwinden. Ein spannendes Verwirrspiel entfaltet sich um das Rätsel,
welche Töne akustischer und welche synthetischer Natur sind oder ob es sich
vielleicht um elektro-akustische Verfremdungen handelt? Dieser Zen-Garten der
Klänge steckt voller Geheimnisse.
David Ross & Clive Bell: Recovery Suite
(ini.itu)
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