Thursday 24 July 2014

Das FAUST-STUDIO im oberschwäbischen Scheer feiert 10jähriges Bestehen

10 Jahre Faust-Studio

Hans Joachim Irmler bastelt an neuen Produktionen

  Foto: C. Wagner                                                                                                                

 cw. Acht Jahre lang brachte das Klangbad-Festival in Scheer jeden Sommer experimentelle Rockmusik von beachtlichem Kaliber nach Oberschwaben. Wegen fehlender öffentlicher Unterstützung warfen die Organisatoren 2011 das Handtuch. Hans Joachim Irmler war einer der Initiatoren, der viel Herzblut und noch mehr Geld in das „Klein-Woodstock an der Donau“ investiert hatte. Das „Aus“ für das Festival konnte allerdings seinen Enthusiasmus fürs Musikmachen nicht dämpfen. Irmler richtete sein Augenmerk nun auf ‚Live’-Auftritte und sein „Faust-Studio“, das dieses Jahr  zehnjähriges Jubiläum feiert.

Zahlreiche Musiker aus nah und fern haben in Scheer bereits Aufnahmen gemacht: Popgruppen und Jazzmusiker waren hier, auch Blaskapellen und Musikvereine. Irmlers Referenzliste ist lang und reicht von Bernadette LaHengst über FM Einheit (Einstürzende Neubauten) bis zu Rockgruppen wie Pram aus England oder Circle aus Finnland. Was alle schätzen, ist Irmlers Kompetenz, Erfahrung und Expertise sowie die schöne Umgebung entlang der Donau-Auen. Wenn man aus dem Fenster des Faust-Studio guckt, kann man gelegentlich einen Storch oder einen Reiher über das Wasser fliegen sehen.

Immer wieder schaute in den letzten Jahren ein alter Bekannter aus der Gründerzeit des Krautrocks vorbei: Jaki Liebezeit, Drummer der wegweisenden Kölner Rockformation Can. Zusammen arbeiteten Irmler und Liebezeit an einem Album, das jetzt unter dem Namen ‘Flut’ auf dem Studio-eigenen Klangbad-Label erschienen ist. “Vor ein paar Jahren habe ich Jaki Liebezeit auf unserem Festival wiedergetroffen und wir beschossen, etwas zusammen auf die Beine zu stellen,” erzählt Irmler. “Wir wollten herausfinden, ob wir als Duo etwas Brauchbares hinbekommen, nur zwei Leute, was natürlich eine Herausforderung war.”

Das Zusammenspiel klappte auf Anhieb. Liebezeit spielte seine zirkularen Trommelmuster in der gleichen hypnotischen Manier, für die er schon in den siebziger Jahren mit Can weltberühmt wurde. Doch hat er sein Schlagzeug neu justiert und auf Baßtrommel und Metallbecken verzichtet. Mit dieser neuen Trommelanordnung hat Liebezeit eine ganz eigenen Stil entwickelt, der ihn von jedem anderen Rockdrummer unterscheidet. „Es gibt heute auf der Welt Hunderttausende von Schlagzeuger, die alle irgendwie ähnlich klingen,“ erklärt der eigensinnige Trommelveteran. „Da habe ich gedacht: ‚Da musst du doch etwas anderes probieren!’“                                                                                        Foto: Manuel Wagner


Über Liebezeits Grundrhythmen legt Irmler seine bunt schillernden Klangteppiche, die er einem etwas abgewetzten Keyboard entlockt, das er noch zu Fausts Zeiten zusammengebastelt hat. Seine Orgel Marke Eigenbau ist mit etlichen Verzerrern, Filtern und anderen Apperaturen verkabelt, die die Klangmöglichkeiten um ein Vielfaches steigern. Während Liebezeit einen stoiischen Beat klopft, greift Irmler zuerst sachte, dann immer mächtiger in die Tasten und kitzelt die fantastischsten Sounds aus seinem Instrumentarium heraus.

Das Album kann als eine Art Geburtstagsständchen verstanden werden, mit dem die beiden das zehnjährige Bestehen des Faust-Studios in Scheer feiern. Ein Jahrzehnt über die Runden zu kommen, in Zeiten, in denen die Musikindustrie einen drastischen Niedergang erlebte, ist eine beachtliche Leistung.


Der Artikel erschien zuerst im Schwarzwälder Bote, große Tageszeitung in Südwestdeutschland 

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