Verblüffende
Synthese
Kubanische
Klezmermusik mit Roberto Rodriguez beim Jazzclub Singen
cw. Let’s
klez! Seit 40 Jahren erlebt die jüdische Klezmermusik ein Revival. In ihrer vormaligen
osteuropäischen Heimat durch Holocaust und 2. Weltkrieg vernichtet, waren es
vor allem Musiker aus den USA, die die traditionelle jüdische Festtagsmusik
wiederentdeckten und ihr zu einer weltweiten Renaissance verhalfen. Wie Blues,
Tango oder Salsa gibt es heute Klezmergruppen nahezu überall auf dem Globus.
Dabei treten immer mehr auch etwas abgelegenere Traditionslinien zu Tage, wie
etwa die Klezmermusik auf Kuba, wo eine beachtliche Exilgemeinde jüdischer
Emigranten strandete, um sich vor der Verfolgung in Europa in Sicherheit zu
bringen.
Der
Schlagzeuger Roberto Rodriguez stammt aus diesen Milieu. Er ist in der
jüdischen Gemeinde in Kuba groß geworden und hat seit seiner Jugend bei Festen
und Feiern jüdische Musik gespielt und dabei schon früh Klezmermelodien mit
kubanischen Rhythmen vermischt. In den 1990er Jahre wanderte Rodriguez in die
USA aus, wo er sich in New York niederließ, um weiterhin seine musikalischen
Wurzeln zu pflegen. In Downtown Manhattan traf Rodriguez den Saxofonisten,
Komponisten und Labelbetreiber John Zorn, der ihn ermunterte, die jüdisch-kubanische
Klezmertradition weiterzuentwickeln.
Zorn
schrieb eine Reihe von Kompositionen für Rodriguez, die dieser zuerst mit einer größeren Besetzung aufnahm (CD: Book of Angels, Vol 23) und jetzt mit seinem
Cuarteto Aguares auf einer ersten Europatournee vorstellte, wobei er neben
Auftritten in Slowenien, Holland und Österreich auch beim Jazzclub Singen im
Kulturzentrum Gems vor vollem Haus gastierte. Rodriguez’ Ensemble besteht aus
vier Meistermusikern, die die Latin-Klezermusik mit traumhafter Sicherheit in
Szene setzen. Jonathan Keren an der Violine entpuppte sich als unglaublich
fingerfertiger Virtuose, der dem Bandleader am Schlagzeug an technischer Brillanz
in nichts nachstand. Am Piano, manchmal
akustisch, dann wieder in elektrisch, brillierte der junge Alon
Nechustan mit markanten Soli, wobei Bassist Bernie Minoso das Ganze mit
federnd-elastischen Baßlinien zusammenhielt.
Komponist
John Zorn hat eine Musik kreiert, die eine wunderbare Melanche zwischen der oft
träumerischen Melancholie osteuropäischer Klezmermusik und dem Drive und der
Lässigkeit lateinamerikanischer Rhythmen darstellt. Dabei ist es dem Cuarteto
Aguares gelungen, die knappen Vorgaben des Komponisten mit originellen
Arrangements und gekonnten Improvisationen zu epischen Stücken auszubauen, die
dennoch keine Sekunde langweilig wirkten. Vielmehr war es faszinierend zu
hören, zu welch spannendem Mix sich die jüdische Musik in der kubanischen
Diaspora formte. Rumba und Klezmer gehen dabei ein überraschende Synthese ein,
die verblüfft und trotzdem vollkommen organisch wirkt.
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