Wednesday, 20 April 2016

JAZZAHEAD-Messe - Schwerpunkt SCHWEIZ

Bunte Vielfalt

Die Schweizer Szene steht vom 21. - 24. April im Scheinwerferlicht der diesjährigen Musikmesse “jazzahead!” in Bremen


Ein Gespräch mit Uli Beckerhoff, Jazztrompeter, Hochschulehrer und einer der drei künstlerischen Leiter

cw. Welchen Stellenwert besitzt die “jazzahead!” heute für die internationale Jazzszene?

UB: Wir sind nunmehr im elften Jahr und sind stolz, dass die “jazzahead!” inzwischen zur Drehscheibe des internationalen Jazz geworden ist. Man sieht es an der Zahl der Aussteller, der Besucher, der Bandbewerbungen. Es gibt auf der Welt keinen anderen Jazz-Event dieser Art mit so vielen Teilnehmern.  Wir sind zu einer richtigen Jazzmesse geworden, die man besuchen muß, wenn man in der Branche tätig ist. Die Messe ist offen für die Öffentlichkeit, was bedeutet, dass alle unsere Konzerte extrem gut besucht sind, oft ausverkauft. Für junge Musiker stellt das eine optimale Bühne dar. Hier können sie sich sowohl der Branche als auch der Öffentlichkeit präsentieren. Selbst die Nachmittagskonzerte ziehen oft 700 und mehr Besucher an. Das spricht sich weltweit herum. Deshalb steigen die Teilnehmerzahlen. Wir sind die einzige Musikmesse auf der Welt, die derartig wächst. Die meisten anderen stagnieren oder schrumpfen sogar. Allerdings machen wir uns auch sehr intensiv Gedanken, wie die “jazzahead!” noch attraktiver werden könnte. Wir wollen, dass sie einen noch höheren Gebrauchswert für die Besucher hat. Es geht darum einen Event zu schaffen, von dem Musiker, Labels, Journalisten, Festivalveranstalter und Clubbetreiber profitieren können. Kein Mensch kommt zur “jazzahead!” nach Bremen, wenn es ihn nur Geld kostet und der Nutzen zweifelhaft ist.

Wie die Frankfurter Buchmesse hat die “jazzahead!” jedes Jahr einen Länderschwerpunkt. Welche Idee steckt dahinter?

Uli Beckerhoff: Der Länderschwerpunkt will das betreffende Land nicht nur als Jazzland präsentieren, sondern es findet ein regelrechtes Kulturfestival mit dem Partnerland statt. Es geht dabei um alle Formen von Kultur: von Kunstausstellungen über Literaturlesungen bis zu Theateraufführungen, Film, Graphik/Design und Ballett. Drei Wochen lang stellt das Partnerland sich in Bremen kulturell vor. 

Nach der Türkei, Spanien, Israel, Dänemark und Frankreich steht dieses Jahr die Schweiz im Mittelpunkt. Was hat den Ausschlag gegeben?

UB: Wie wir schon bei den Bewerbungen der Jazzgruppen für die Programmschiene “European Jazz Meeting” in den letzten Jahren bemerkt haben, gibt es in der Schweiz viele starke Gruppen. Obwohl es hundert Bewerbungen von Jazzbands aus ganz Europa gab, haben allein letztes Jahr vier Schweizer Gruppen das Rennen gemacht und wurden zum “European Jazz Meeting” eingeladen. Das deutet auf eine sehr vitale Jazzszene hin von höchster Qualität.

Wie wurden die Gruppen dieses Jahr für die “Swiss Night” ausgesucht?

UB: Wir hatten aus der Schweiz hundert Bewerbungen für acht Auftritte, sogenannte “showcases”. Das zeigt wie breit die Jazzszene dort aufgestellt ist. Eine Jury von sieben Experten hat die 100 Bewerbungen durchforstet. Mehr als 20 Gruppen kamen in die engere Auswahl, wobei dann noch einmal gesiebt wurden: acht Gruppen blieben übrig!

Welchen Stellenwert räumen sie der Schweizer Jazzszene im internationalen Kontext ein?

UB: Die Schweizer Jazzmusiker agieren zweifellos auf internationalem Niveau. Das hat wohl mit der hochkarätigen Musikhochschullandschaft zu tun, wo ja auch viele europäische und amerikanische Musiker unterrichten, ob der Engländer Django Bates in Bern oder der Amerikaner Gerry Hemingway in Luzern. Das bringt auf die Dauer natürlich eine Vielzahl von hochtalentierten und vorzüglich ausgebildeten Musikern hervor.

Welche jungen Talente haben sie persönlich am meisten beeindruckt?

Julian Sartorius
UB: Wir hatten nur acht Plätze für die “showcase”-Auftritte aus der Schweiz zur Verfügung. Wir hätten aber viel mehr Gruppen spielen lassen können, so exzellent war die Qualität. Besonders aufgefallen ist mir die Vokalistin Elina Duni, die mit dem Colin Vallon Trio auftritt – eine vorzügliche und sehr orginelle Sängerin. Dann halte ich den jungen Schlagzeuger Julian Sartorius für ein Riesentalent. Er spielt ein Schlagzeug-Soloset, ist aber gleichzeitig auch im Colin Vallon Trio zu hören. Wie auch in anderen Ländern, gibt es auch in der Schweiz einen ganz breiten bunten Stilmix: freies Spiel, rockigen Jazz, durchkomponierte Musik, elektronischen Jazz, minimalistischen Jazzfunk – eine ungeheure Vielfalt! Für ein kleines Land wie die Schweiz ist das äußerst beeindruckend. Was auffällig ist: Es gab aus der Schweiz mehrere unheimlich gute Klaviertrios, von denen es letztendlich nur das Colin Vallon Trio und Plaistow in die “showcases” geschafft haben. Andere wie Yves Theiler und sein Trio, ebenfalls eine vorzügliche Formation, werden in der “Clubnight” im Rahmen der “jazzahead!” zu hören sein.
.

No comments:

Post a Comment