Wednesday, 5 October 2016

CAPPELLA PRATENSIS präsentiert: GUILLAUME DUFAY

 Ausklang des Mittelalters

Im 600. Jubiläumsjahr beleuchtet ein Festival die Musik beim Konstanzer Konzil

cw. Vor 600 Jahren war Konstanz für einen historischen Augenblick lang der Nabel der Welt. Vier Jahre von 1414-18 versammelten sich in der Bodenseestadt die Mächtigen aus Religion und Politik, um die drohende Spaltung der Kirche abzuwenden, in der damals mehrere Päpste um die Macht kämpften. Im Troß von Bischöfen, Kardinälen, Fürsten und Herzögen kamen auch viele Musiker in die Stadt, was das Konstanzer Konzil zu einer einmaligen Begegnungstätte und Tauschbörse von musikalischen Ideen machte.

“Europäische Avantgarde um 1400” war ein viertägiges Festival in Konstanz überschrieben, das in einer Kooperation zwischen dem Südwestrundfunk und der Bodenseestadt nunmehr im dritten Jahr die “Musik zum Konstanzer Konzil” wieder aufleben ließ. Dieses Jahr wurden die Scheinwerfer auf die musikalischen Traditionen der verschiedenen Religionen gerichtet, die damals in Konstanz präsent waren, ob russisch-orthodox, griechisch-byzantinisch oder muslimisch. 

Unter den Teilnehmern des Konzils befand sich auch der junge Sänger und Komponist Guillaume Dufay (geboren ca. 1400), der im Gefolge des Bischofs von Cambrai nach Konstanz gekommen war und hier vielfältige musikalische Anregungen erhielt. Dufay hörte die Konzilkapelle musizieren und lernte womöglich auch andere Komponisten kennen, um sich mit ihnen auszutauschen. Darüber hinaus kam er in Kontakt mit reichen und einflussreichen Würdenträgern, wie der italienischen Adelsfamilie Malatesta, die sich als Mäzene betätigten und den Komponisten aus Flandern später an ihren Hof in Rimini holten. 


Das holländische Spezialistenensemble Cappella Pratensis bot im Konstanzer Münster ein Konzert, das Guillaume Dufay und seine Zeitgenossen in den Mittelpunkt stellte. Dabei kamen Kompositionen zur Aufführung, die nach dem Vorbild der repräsentativen Musik entstanden waren, wie sie einst die offiziellen Zeremonien des Konzils umrahmt hatten. Während seiner langen Karriere schrieb Dufay Würdigungsstücke und Huldigungsmotetten in erklecklicher Zahl.

 
Wie im 15. Jahrhundert üblich, versammelten sich die Sänger der Cappella Pratensis um nur einen einzigen zentralen Notenständer, auf dem ein großes Notenblatt in alter Notenschrift lag. Im Unterschied zu damals brachte das Ensemble auch Frauenstimmen zum Einsatz, was im 15. Jahrhundert in der Kirche nicht denkbar gewesen wäre, wo Sängerknaben die Sopranstimmen intonierten. Dezent mit Harfe sowie einer Zugtrompete und einer Renaissance-Posaune instrumentiert, präsentierte die Cappella Pratensis ein Programm von enormer Spannbreite. Von Solostücken für Harfe sowie Chansons für Stimme mit Instrumentalbegleitung über Trio- und Quartettbesetzungen bis hin zum vollen Ensembleklang kam alles vor. Oft wurde eine Vokalstimme von der Zugposaune übernommen, was dem Gruppenklang eine ganz spezielle Färbung gab. Einige der Werke besaßen noch den Klang des Mittelalters, während spätere Kompositionen schon im neueren Stil verfaßt waren, den Dufay möglicherweise bei seinem Aufenthalt in Konstanz aufgeschnappt hatte und der sein weiteres Schaffen bestimmte. 

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