Friday 20 December 2019

BaBa ZuLa: Turkish Psychedelia

Istanbuler Underground

Die türkische Rockgruppe BaBa ZuLa im Kulturzentrum Franz K in Reutlingen

                                                                                                                                               Fotos: C. Wagner

cw. Ende der 1960er Jahre war San Francisco überall. Die psychedelische Rockmusik, die 1967 in der Welthauptstadt der Hippies entstanden war, erfasste nicht nur die gesamte westliche Hemisphäre, auch hinter dem „eisernen Vorhang“ in Osteuropa sowie in Afrika, Asien und dem Orient spitzten junge Leute die Ohren. Musiker verbanden die flirrenden elektrischen Sounds von der amerikanischen Westküste mit ihren eigenen Traditionen, was interessante Stilmischungen ergab. In der Türkei griff vor 25 Jahren die Rockgruppe BaBa ZuLa aus Istanbul dieses musikalisches Erbe wieder auf und schuf einen Mix, der heute als „Turkish Psychedelia“ gilt. 
 
Um solch einen orientalischen Rock zu spielen, haben die beiden Saitenmusiker von BaBa ZuLa traditionelle Instrumente wie die Laute Oud, die Langhalslaute Saz und die winzige „Baglama“-Mandoline umgebaut und elektrifiziert, dazu noch ein Riesenarsenal an Fußpedalen angeschlossen, um mit Wah-Wah-Geräten, Echo-Effekten und anderen Verzerrern die traditionellen Melodien in kosmische Umlaufbahnen zu schicken. Die dickbauchige Baßtrommel Davul sorgt für einen knüppelharten Beat, der sich oft in ungeraden Taktzahlen bewegt. Bei anderen Stücken kommt die Handtrommel Darbuka zum Einsatz, wobei die Finger nur so auf das Trommelfell prasseln. Mit diversen Metallbecken akzentuiertein zweiter Perkussionist die komplexen Rhythmusfiguren und speist gleichzeitig mit dem Sampler vorprogrammierte Sounds ins musikalische Geschehen ein.

Der Blick auf die Bühne gleicht einer Reise in die Vergangenheit. Hier stapeln sich die heute legendären Orange-Verstärkertürme, Schwaden von Trockeneisnebel schweben durch den Raum und eine flackernde Lightshow sorgt für Atmosphäre. Die Musiker bewegen sich in fantasievollen Kostüme auf der Bühne und sehen aus wie Märchenfiguren aus „Tausendundeiner Nacht“. 

Die Musik gehorcht nicht dem 3-Minuten-Takt des Pop: Während ihres zweistündigen Auftritts spielten BaBa ZuLa gerademal ein halbes Dutzend Stücke, die sich alle durch lange kreischende Soli auf den Saiteninstrumenten zu großformatigen Epen auswuchsen. Dazwischen unternahmen die Musiker Ausflüge ins Auditorium, um das Publikum zu lebhaften Rundtänzen zu animieren. 

Nicht nur die zahlreichen türkischen Fans nahmen den orientalischen Rock von BaBa ZuLa dankbar auf, offenbart sich in ihm doch eine andere, weltoffenere Türkei, die im krassen Gegensatz zu dem derzeitig autoritären Staat steht, welcher durch sein repressives Gebaren die Jugend immer mehr abstößt.

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