Monday 16 December 2019

KRAAN - Krautrockpioniere auf der Höhe der Zeit

Groovemeister des Krautrock

Nach fast 50 Jahren zeigt sich Kraan in Esslingen immer noch in Höchstform

Foto: C.Wagner


cw.In etwas mehr als einem Jahr können sie 50jähriges Jubiläum feiern: Drei Schulkameraden gründeten 1971 in Ulm die Rockgruppe Kraan und machten Karriere: Die Band stieg zu einer der führenden Formationen des Krautrock auf! Bis heute sind die Veteranen des deutschen Underground in der Urbesetzung mit Hellmut Hattler (Bassgitarre), Peter Wolbrandt (E-Gitarre) und Jan Fride (Schlagzeug) unterwegs und bewiesen bei ihrem Auftritt im Esslinger Kulturzentrum „Dieselstraße“, dass sie noch lange nicht zum alten Eisen gehören. Ganz im Gegenteil: Ihre Musik strotzt vor Kraft, besitzt Eleganz und kommt mit großer Wucht und Dynamik daher, wobei die Evergreens aus ihrem Backkatalog wie „Borkward“ oder „Let it out“ vollkommen frisch und unverbraucht klingen. Das Publikum im nahezu ausverkauften Konzert ging voller Begeisterung mit.
                                                      
In den fünf Jahrzehnten als Profimusiker haben sich die drei Bandmitglieder zu ausgefuchsten Instrumentalisten und hochkarätigen Solisten entwickelt, die mit abgeklärter Souveränität musizieren und dabei einen kompakten Sound kreieren, der glasklar über die Rampe kommt. Als Groovemeister agiert Drummer Jan Fride: Er sorgt für den nötigen Drive. Fride treibt seine beiden Frontmänner zu ausgesprochenen Höchstleistungen an, wobei Gitarrist Peter Wolbrandt mit einer enormen Palette an Spieltechniken und Sounds aufwartet: Sein Spektrum reicht vom akkordischen Fingerspiel eines J.J. Cale über psychedelische Sounds à la Jimi Hendrix bis zu den synkopischen Rhythmen der schwarzen Funkmusik im Stile von Mother’s Finest. 

                                                                                                                   Meistergitarrist Peter Wolbrandt (Foto: C. Wagner)

Hellmut Hattler, den man mit Baseball-Mütze und Sonnenbrille auch aus anderen Bandprojekten wie Hattler, Tab Two oder Siyou‘n’ Hell kennt, klinkt sich auf überzeugende Weise ein. Der Bassgitarrist zupft die Saiten nicht mit den Fingern, sondern reißt sie mit dem Plektrum an, was den tiefen Melodien mehr Klarheit und Schärfe verleiht und Hattler öfters wie einen zweiten Gitarristen klingen läßt. 

Knackige Riffs, Melodiekürzel, Unisono-Passagen und rhythmische Akkordmuster gehören zum Fundus der beiden Saitenvirtuosen, welche sie gekonnt zu einem raffiniert verzahnten Spiel verdichten. Dabei entwerfen sie manchmal weite Klangflächen, die metallisch funkeln und schillern, dann wieder messerscharfe Rockriffs, die mächtig in die Beine gehen, oder Melodien, die orientalisch eingefärbt wie nach Tausendundeiner Nacht klingen.  

Zwischen den Stücken gab Hellmut Hattler ein paar skurrile Anekdoten zum besten, um die Titel von Stücken zu erläutern, welche oft aus grauer Vorzeit stammten, als Kraan noch als Hippiekommune in einem verlassenen Gutshof in der tiefsten Provinz  am Rande des Teutoburger Walds in Westfalen hausten mit Freundinnen, Hunden und Kindern, Drogen, makrobiotischem Essen, Urschrei-Therapie und Musikmachen rund um die Uhr. Damals haben die drei in endlosen Sessions diese schlafwandlerische Sicherheit im Zusammenspiel entwickelt, die bis heute ihr Spiel auszeichnet.

Das zahlreiche Publikum, von denen die meisten sicher schon Kraan-Fans waren, als Willy Brandt noch im Kanzleramt residierte, ging bei jedem Titel bereits nach den ersten Töne mit großem Enthusiasmus mit und entließ die Band erst nach einer langen Zugabe in die Garderobe. 

Der Artikel erschien zuerst im Schwarwälder Bote, große Tageszeitung im Südwesten.

2 comments:

  1. :) ja ... und das ist ein Geschenk :)

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  2. Good things last? A long time since I worked wth this band...and a really good bunch they were too.

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