Friday 27 May 2022

Radioportrait: Michael Hurley@80

Der letzte seiner Art

 

Im Alter ist er zum Idol einer alternativen Musikszene geworden – dem einzigartigen Singer-Songwriter Michael Hurley zum 80sten


RADIO RADIO RADIO:

Donnerstag, 9.Juni 2022; 20:05 – 21:00

SWR2 Musikpassagen: MICHAEL HURLEY – FOLKSÄNGER UND EIGENBRÖTLER 

von CHRISTOPH WAGNER

Zum Nachhören:


Foto: Patrick Bunch/Promo

 

 

cw. Hinter dem Schnauzbart, den ausgebleichten Haaren und dem verwitterten Gesicht verbirgt sich ein schüchternes Wesen: der amerikanische Folksänger Michael Hurley ist ein Eigenbrötler mit sanftem Gemüt. Reden tut er nicht viel und macht kein großes Aufhebens um seine Person. Lieber schraubt er daheim auf dem Land in Oregon an verbeulten PKWs 

herum, als sich im Applaus der großen Bühnen zu sonnen. Am 20. Dezember 2021 feierte er seinen 80. Geburtstag und präsentierte als Geburtstorte ein neues Album mit dem Titel „The Time of the Foxgloves“, das erste mit neuen Songs seit zwölf Jahren.

 

Der Rückzug ins Private fällt Hurley immer schwerer, seit ihn eine junge Generation von Folk- und Rockmusikern entdeckt hat: Cat Power, Hiss Golden Messenger und Yo La Tengo – sie alle haben Songs von ihm gecovert, Devendra Banhart und Will Oldham haben sich als Fans geoutet und die Folk-Chanteuse Josephine Foster singt sogar auf seinen neuen Album mit.

 

Es ist fast 60 Jahre her, als Hurley zum ersten Mal mit seiner Gitarre in den Folkclubs von New York auftrat, wo er mit den Holy Modal Rounders jammte, den Erfindern des psychedelischen Folk. Er lernte weitere Instrumente: Mandoline, Banjo und Fidel. “Mir gefällt alles, was Saiten und einen Resonanzkörper hat,” sagt er. In den siebziger Jahren nahm er für Warner Brothers zwei Alben auf – ein kurzer Flirt mit der großen Plattenindustrie. Immer wieder nahm er Brotjobs an, ob als Kinoputzer, Bretzelverkäufer oder Automechaniker, um sich nicht als Popmusiker verkaufen zu müssen. 


Michael Hurley – Oh my stars (youtube)  





Vom neuerlichen Rummel um seine Person bleibt seine Musik völlig unberührt. Sie klingt immer noch so hausgemacht wie vieles in seinem Leben: Hurley braut sein Bier und seinen Most selber, baut sein eigenes organisches Gemüse an samt Hanf und malt, wenn er Zeit und Lust hat, verschrobene Karikaturen oder skurrile Aquarelle, die auch die Cover seiner Alben schmücken.


Seine Musik ist die uneitelste, die man sich denken kann. Vollgesogen mit Blues, Cajun- und Hillbilly-Melodien ist sein Stil ein wunderbarer Mix der verschiedenen Folktraditionen des alten Amerika: verhalten, locker gespielt, und unprätentiös kommt sie daher: Hurley spuckt keine großen Töne! Seine Lieder wirken so gemächlich wie das Leben, das er führt, während sich die Texte um Dinge drehen, die einem die Welt gelegentlich als einen etwas freundlicheren Ort erscheinen lassen, was einen Sinn für die Tiefen der Existenz nicht ausschließt. Ernsthaftigkeit und Charme prägen die Songs, auch ein verschmitzter Humor blitzt manchmal auf: Michael Hurley eben – der letzte seiner Art.


Zum Nachhören:

 

 

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