Die Verwandlung
Der Jazzschlagzeuger Gerry Hemingway wird zum Singer-Songwriter
Der Amerikaner Gerry Hemingway gilt als einer der versiertesten Schlagzeuger des modernen Jazz. Die Referenzliste der Musiker und Musikerinnen, mit denen er seit Mitte der 1970er Jahre gespielt hat, ist ellenlang und enthält ein paar der illustersten Namen des zeitgenössichen Jazz. In den 1990er Jahre war er oft mit seinem Quintet in Europa unterwegs, auch mit dem Trio BassDrumBone. In der Balinger Siechenkirche bleibt ein Soloauftritt von ihm in bleibender Erinnerung. Die letzten 20 Jahre lehrte Hemingway als Schlagzeugprofessor an der Musikhochschule in Luzern, gab aber weiterhin Konzerte, ob in Europa oder den USA.
Jetzt ist das Schlagzeug ein Instrument, mit dem sich schwer konkrete Emotionen und Gefühle ausdrücken lassen, was zu den Beschränkungen des Perkussionsinstruments zählt, auch wenn seine Kapazitäten weit über den einer bloßen Rhythmusmaschine hinausgehen, was niemand besser gezeigt hat als Gerry Hemingway.
Gerry Hemingway hat dieses Manko offensichtlich gespürt und mehr und mehr als Einschränkung empfunden. Nun hat er 2022 ein Album veröffentlicht, das ihn als Singer-Songwriter präsentiert, auf dem er Schlagzeug spielt, aber auch singt. Und die Texte und Songs sind sowieso von ihm. Eine solche Konversion ist kein leichter Schritt, weil es gegen verbreitete festsitzende Vorurteile geht, die da lauten: Schuster bleib bei deinem Leisten!
Und nun die Überraschung: „Afterlife“ (Auricle Records), so der Titel des Album, ist ein durchweg ausgeklügeltes Werk. Mit Sampler, Drums und der Hilfe einiger Gastmusiker hat Hemingway eine CD mit neun Songs geschaffen, die originell, musikalisch vielfältig, wunderbar arrangiert und von großer Sensibilität sind. Gelegentlich klingt es calypsohaft karibisch, manche Melodien offenbaren Ohrwurmcharakter, der Gesang ist einfühlsam und zurückhaltend und die Arrangements flimmern in den buntsten Farben. Ein rundum gelungenes Album.
Auf Bandcamp kann man in die Platte reinhören:
https://auriclerecords.bandcamp.com/album/afterlife
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