SUCHANFRAGE
Wer weiß etwas über
JOHN LEE HOOKER in Bad Urach?
Christoph Wagner, Radiomacher und Autor des Buchs "Der Klang der Revolte", ist dem amerikanischen Bluesgiganten John Lee Hooker im deutschen Südwesten auf der Spur. Dem Pophistoriker wurde zugetragen, dass der Bluesmusiker irgendwann in den 70er Jahren einmal in Bad Urach aufgetreten sein soll und zum Auftritt stilgerecht in einer riesigen Limousine vorfuhr. Bad Urach soll in dieser Zeit ein Blueszentrum gewesen sein, und John Lee Hooker nicht der einzige schwarze Bluessänger, der dort aufgetreten ist. Wagner sucht jetzt Zeitzeugen, Informationen, Plakate und Flugblätter des Konzerts und allgemein über die Uracher Bluesszene. Wer etwas darüber weiß, bitte melden, und wer dabei war sowieso! Jeder Hinweis kann nützlich sein! Kontakt: christophwagnermusic@gmail.com
2. Dezember 2013 - erste Ergabnisse:
Das Konzert mit John Lee Hooker fand tatsächlich am Sonntag, den 20. Juni 1976 (16 Uhr) in der Ermstalhalle in Bad Urach statt. Mit dabei: Young Cooper Terry & The Coast to Coast Blues-Band. Veranstalter war der Stadtjugendring, dessen damaliger Vorsitzender Walter Gassner am Telefon sagte, dass 800 Leute das Konzert besucht hätten.
Das Plakat und die Eintrittskarte stammen aus dem Buch von Frank M. Bierl: When The Music's Over - 40 Jahre Rockmusik / 40 Jahre Konzertkarten (Palmyra Verlag).
3. Dezember / 2. Nachtrag:
Joachim 'Dob' Glück sagt am Telefon, dass Bad Urach in den 70ern ein Blueszentrum gewesen war: Er kann sich - außer dem Konzert mit John Lee Hooker - an Auftritte von Sonny Terry & Brownie McGhee, Memphis Slim und Big Joe Williams erinnern.
5. Dezember / 3. Nachtrag:
Es gibt ein 'Live'-Album mit John Lee Hooker & The Coast to Coast Blues Band (featuring Jim Kahr), das zwei Tage vor dem Auftritt in Bad Urach in Köln aufgenommen wurde, also am 18. Juni 1976 und einen guten Eindruck vermittelt, wie Hooker und die Band in Urach geklungen haben. Einer der Besucher im Publikum war Bernd Cronemeyer, der in einer Email schreibt: "Weil das Konzert am Nachmittag stattfand (Beginn: 16 Uhr), kam in der lichtdurchfluteten Halle nur schwer Stimmung auf."
Ich bin weiterhin auf der Suche nach Zeitzeugen, vor allem einen der Veranstalter - wer etwas beitragen kann, bitte melden!
Friday, 29 November 2013
Wednesday, 27 November 2013
Aufbruch ins Neue: Die Jugendbewegung-Ausstellung in Nürnberg
Eine
Ausstellung in Nürnberg spürt der Geschichte der Jugendbewegung nach
cw. Wenn
man sie im Altersheim in Esslingen besuchte, erzählte Erika Schroff gerne von
früher. “Wir haben uns ganz anders gekleidet. Die Mädchen hatten gefalzte Röcke
an und die Buben Schillerkrägen und kurze Hosen. Jedes Wochenende ging es auf
Fahrt. Man ist gewandert und hat in Jugendherbergen übernachtet, manchmal auch
beim Bauern im Heu. Wenn wir Rast machten, wurden Lieder gesungen und Volkstänze
getanzt. Wir haben Wirtschaften gemieden, weil wir Alkoholgegner waren.” Als
junges Mädchen gehörte Erika Schroff (1912 – 2009) zum “Wandervogel”, einem
Zweig der Jugendbewegung. Dieser Aufbruchsbewegung vom Anfang des 20.
Jahrhundert ist gerade im Germanische Nationalmuseum in Nürnberg eine große
Ausstellung gewidmet. Unter dem Titel “Aufbruch der Jugend” wird dort die
“Deutsche Jugendbewegung zwischen Selbstbestimmung und Verführung” in
vielfältigen Exponaten dargestellt. Die höchst spannende und informative Schau (http://www.gnm.de) ist noch bis zum 19. Januar 2014 zu sehen. Ein äußerst interessanter Katalog ist zur Ausstellung erschienen.
Die Jugendbewegung war eine Reaktion auf Industrialisierung und Verstädterung und erhob die Natur zum Ideal. Junge Leute suchten das ungezwungene Leben in der freien Landschaft. 1913 versammelten sich mehrere Tausend Anhänger zum “Fest der Jugend” auf dem Hohen Meißner bei Kassel, um dem Alten abzuschwören und einem neuen Lebensstil zu huldigen, der sich nicht mehr den gesellschaftlichen Zwängen unterwarf. Rund 400 Ausstellungsstücke, von Gemälden, Skulpturen und Fotografien bis zu Textilien und persönlichen Erinnerungsstücken, zeichnen im Germanischen Nationalmuseum die Geschichte der Jugendbewegung nach.
Starke
Impulse kamen von Vertretern der “Lebensreform”, die eine gesunde vegetarische
Ernährung, naturverbundene Lebensweise, Abstinenz und zwanglose Kleidung
propagierten. Auch Nudismus, esoterische Schwärmereien, Naturmystik und
völkisches Gedankengut blühten in diesen Kreisen, was vom Maler Fidus in seinen
Gemälden festgehalten wurde.
Der
1. Weltkrieg wirkte als Einschnitt. Anfangs noch als großes Abenteuer begrüßt,
machte sich mit der Zeit Ernüchterung breit.
Von
der Front zurück, versuchten die junge Leute nun mit ihren Träumen Ernst zu
machen. Aufbruchstimmung machte sich breit. Gruppen zogen raus aufs Land, um
dort “fern allem höllischen Getriebe” der Städte in Gemeinschaft ein einfaches
Leben im Einklang mit der Natur zu führen. Zum Anti-Kapitalismus, zur
Industrie- und Großstadtkritik gesellte sich oft die Bezugnahme auf ein mythisches
Deutsch- und Germanentum, was es dem Nationalsozialismus leicht machte, die
Begeisterung dieser Jugendlichen auf seine Mühlen zu leiten. Die Jugendbewegung
war vielleicht deshalb anfällig für solch extremes Gedankengut, weil man in
diesem Alter eher zur Radikalität neigt. In der Bezugnahme auf die Scholle und
agrarromantische Schwärmereien gab es in der Lebensreform Berührungspunkte zur
Blut- und Boden-Ideologie der Nazis.
Nach
dem 2. Weltkrieg versuchte die Jugendbewegung an die alten Ideale anzuknüpfen.
Doch jetzt lag Neues in der Luft. Ab 1964 fanden auf der Burg Waldeck im Hundsrück,
einem alten Versammlungsplatz der bündischen Jugend, Sängertreffen statt, wo
deutschsprachige Chansons und Protestlieder von Franz Josef Degenhardt, Hannes
Wader und Reinhard Mey gesungen wurden, sehr zum Mißvergnügen konservativer
Jugendbewegter, die das Liedermacherfestival zu sabotieren versuchten. Die
Rebellion der Achtundsechziger machte dann endgültig Schluß mit den jetzt als “altbacken”
empfundenen Ritualen. Erst die neuen sozialen Bewegungen der 70er Jahre, die
Naturschutz und Ökologie auf die Tagesordnung setzten, knüpften wieder an ein
paar alte Ideale der Jugendbewegung an, auch wenn sie sich dessen oft gar nicht
bewußt waren. In der Ausstellung in Nürnberg werden solche unterirdischen
Verbindungslinien deutlich.
Der Bericht erschien zuerst im Schwarzwälder Bote.
Der Bericht erschien zuerst im Schwarzwälder Bote.
Jazz im Zimmer: FIFTY FIFTY featuring Denise Taylor (Gesang)
HAUSKONZERT - FIFTY FIFTY mit DENISE TAYLOR
cw. Letzten Samstag (23. November 2013) - mein Konzert des Jahres! Ein Hauskonzert unter dem Titel 'Jazz im Zimmer' in der Hohenstaufenstrasse in Stuttgart mit FIFTY FIFTY featuring der Vokalistin Denise Taylor.
Fotos: Manuel Wagner
"Let's Count" heisst das Album, das die Stuttgarter Gruppe FIFTY FIFTY letztes Jahr auf dem Klangbad-Label veröffentlichte. Der minimalistische Loop-Jazz des Gespanns Ekkehard Rössle (Saxofone) und Manfred Kniel (Schlagzeug, Toy Piano) wurde darauf auf höchst originelle Weise mit weiblicher Vokalistik kombiniert. Nicht wie man es erwarten würde: Der Gesang steht keineswegs im Vordergrund, sondern gliedert sich so präzise wie dezent in das musikalische Baukastenprinzip der Gruppe ein. Denise Taylor gospelhafter Gesang fügte im Konzert der rationalen reduzierten Musik des Duos eine seelenvolle Dimension hinzu. Die Gruppe ist ein Geheimtipp der deutschen Szene und bewegt sich ebenso weit weg vom Jazz-Mainstream wie von der freien Improvisation. Wirklich fantastisch!
cw. Letzten Samstag (23. November 2013) - mein Konzert des Jahres! Ein Hauskonzert unter dem Titel 'Jazz im Zimmer' in der Hohenstaufenstrasse in Stuttgart mit FIFTY FIFTY featuring der Vokalistin Denise Taylor.
Fotos: Manuel Wagner
"Let's Count" heisst das Album, das die Stuttgarter Gruppe FIFTY FIFTY letztes Jahr auf dem Klangbad-Label veröffentlichte. Der minimalistische Loop-Jazz des Gespanns Ekkehard Rössle (Saxofone) und Manfred Kniel (Schlagzeug, Toy Piano) wurde darauf auf höchst originelle Weise mit weiblicher Vokalistik kombiniert. Nicht wie man es erwarten würde: Der Gesang steht keineswegs im Vordergrund, sondern gliedert sich so präzise wie dezent in das musikalische Baukastenprinzip der Gruppe ein. Denise Taylor gospelhafter Gesang fügte im Konzert der rationalen reduzierten Musik des Duos eine seelenvolle Dimension hinzu. Die Gruppe ist ein Geheimtipp der deutschen Szene und bewegt sich ebenso weit weg vom Jazz-Mainstream wie von der freien Improvisation. Wirklich fantastisch!
Monday, 18 November 2013
JAZZTRENDS: FREDERIK KÖSTER & DIE VERWANDLUNG in Tübingen
In den Wäldern der Herzen
Spitzenjazz mit Frederik Köster im Tübinger
Jazzkeller
cw. Die neue deutsche Jazzelite ist jung, akademisch
gebildet und spieltechnisch hochversiert. Sie steckt voller Ideen, die weit über
die bekannten Formen des Jazz-Mainstreams hinausgehen. Nicht radikale
Zertrümmerung lautet das Gebot der Stunden, sondern die raffinierte
Vermischungen bekannter Stile. Im Jazz sind heute Alchemisten gefragt.
Neben dem Pianisten Michael Wollny und dem
Posaunisten Nils Wogram zählt der Kölner Trompeter Frederik Köster zu den neuen
Stars am deutschen Jazzhimmel. Sein Quartett heißt “Die Verwandlung”, was
programmatisch zu verstehen ist und unterstreicht: Keine Komposition aus
Kösters Repertoire beginnt so wie sie endet! Immer finden im Spielprozeß Häutungen
und Verformungen statt. Die Strukturen ändern sich ebenso wie das klangliche
Material. Rhythmuswechsel und dynamische Pendelausschläge finden statt.
Manchmal spielt Köster seine Trompete mit Dämpfer, dann wieder mit einem elektronischen
Hallgerät, womit sich mächtige Tongebilde erstellen lassen. Zeitweise klingt er
so feurig wie Miles Davis, dann wieder agil und wendig wie Freddie Hubbard oder
so samtweich wie Chet Baker.
Köster beherrscht nicht nur die
Trompetenliteratur aus dem Effeff, sondern läßt sich darüber hinaus von Belletristik
inspirieren: allein drei Stücke aus dem Programm, das er mit seinem Ensemble im
Tübinger Jazzkeller bot, waren von Werken des japanischen Schriftstellers Haruki Murakami beeinflußt und führten “tief
in die Wälder der Herzen”, wie ein Songtitel hieß.
Kösters Mitmusiker – weit mehr als bloße Begleiter
- folgten dem Bandleader auf dem Fuß und sprangen mit Bravour durch jeden
Reifen, der ihnen hingehalten wurde. Virtuos nahm Pianist Sebastian Sternal die Impulse auf und spann sie
auf interessante Art weiter, während Kontrabassist Joscha Oetz nicht nur
solistisch glänzte, sondern mit seinem dickbauchigen Saiteninstrument auch mächtig
Dampf machen konnte. Als reines Dynamit erwies sich außerdem Schlagzeuger Jonas
Burgwinkel, der als trommelnder Tausendhänder selbst den komplexesten Ryhthmusfiguren
noch einen tänzerischen Swing abzugewinnen vermochte. In solcher Topform haben
Köster und seine Mannen ihren Platz in der Spitzengruppe des deutschen Jazz mehr
als verdient.
CD: Frederik Köster: Die Verwandlung (Traumton)
CD: Frederik Köster: Die Verwandlung (Traumton)
Friday, 15 November 2013
Radio Radio Radio: BLACK SABBATH in Schorndorf - 45 Jahre Club Manufaktur
SENDUNG:
SWR 2, MUSIKPASSAGEN - SONNTAG, 8. DEZEMBER 2013, 23:03 - 24:00
SWR 2, MUSIKPASSAGEN - SONNTAG, 8. DEZEMBER 2013, 23:03 - 24:00
Black Sabbath in Schorndorf
45 Jahre Club Manufaktur
von Christoph Wagner
Ende der 60er Jahre war die “Manufaktur” in
Schorndorf vielleicht der heißeste subkulturelle Club in Deutschland: Black
Sabbath, Taste mit Rory Gallagher und The Nice mit Keith Emerson traten dort
auf, in Räumlichkeiten, die fast aus den Nähten platzten. Mit dem Jugendzentrum 'Hammerschlag' kam 1970 noch ein weiterer Veranstaltungsort für Rockkonzerte dazu. Das Publikum kam von
weit her und verhalf Schorndorf zu dem Ruf, ein Mekka der Rockmusik zu sein. 45 Jahre
später bietet die “Manufaktur” immer noch Musik vom Feinsten: The White Stripes
absolvierten dort 2002 ihre ersten Auftritt in Deutschland, und 2007 war
CocoRosie zu Gast. Heute begreift sich der Club allerdings nicht mehr als eine
Bastion der jugendlichen Protestkultur, sondern als ein modernes Kulturzentrum,
das alle Altersgruppen eingezieht. Es kommen zu Wort: Werner Schretzmeier (einer der Gründer der Manufaktur), Werner Hassler (aktueller Programmmacher der Manufaktur), Büdi Siebert (einst Musiker mit 'Puppenhaus') und Andy Goldner (einst Musiker mit 'Exmagma').
The Nice
The Nice
SWR 2, MUSIKPASSAGEN - SONNTAG, 8. DEZEMBER 2013, 23:03 - 24:00
Thursday, 7 November 2013
FLASHBACKS: Erlanger Folkfestival 1975
ERLANGEN war neben der Gegend um Münster und dem deutschen Südwesten seit den sechziger Jahren ein Zentrum der Folk- und Liedermacherbewegung.
Sunday, 3 November 2013
Fundsachen: AVANTGARDE
AVANTGARDE - AVANTGARDE - AVANTGARDE - AVANTGARDE
John Lennon nannte es "a French word for bullshit". Jetzt hat sich der Schweizer Philosoph Hermann Lübbe zum Begriff der Avantgarde geäußert: “Wer heute bereits von morgen sein will, ist übermorgen von gestern.”
AVANTGARDE - AVANTGARDE - AVANTGARDE - AVANTGARDE
John Lennon nannte es "a French word for bullshit". Jetzt hat sich der Schweizer Philosoph Hermann Lübbe zum Begriff der Avantgarde geäußert: “Wer heute bereits von morgen sein will, ist übermorgen von gestern.”
AVANTGARDE - AVANTGARDE - AVANTGARDE - AVANTGARDE
Friday, 1 November 2013
Schwaben-Power: Neue Alben von HISS und HATTLER
Polka oder Elektro-Groove
Musikalisch sind Hiss und Hattler Lichtjahre
von einander entfernt, dennoch setzen beide auf Tanzbares
cw. Der deutsche Südwesten besitzt nicht
gerade Massen an Popkünstlern, die
bundesweit Gewicht besitzen. Pur, die Fantastischen Vier, die Söhne Mannheims, Xavier Naidoo und Cro sind vielleicht die
bekanntesten. Die Stuttgarter Polkaband Hiss zählt ebenfalls dazu. Ihre Popularität
reicht weit über Baden-Württemberg hinaus. Das gleiche gilt für Hellmut Hattler
aus Ulm. Der Bassist der Gruppe Kraan gehört zum Urgestein des Krautrock und
ist bis heute in vielerlei Projekten aktiv. Mit seiner eigenen Band Hattler ist
er regelmäßig auch in Nord- und Ostdeutschland unterwegs. Sowohl Hattler als auch
Hiss haben gerade ein neues Album veröffentlicht. Die beiden Einspielungen unterstreichen
einmal mehr, wie vital die Popszene in Südwestdeutschland eigentlich ist.
Hiss gibt es seit fast zwanzig
Jahren. In dieser Zeit hat sich die fünf Mann starke Truppe den Ruf erworben,
eine der am härtesten arbeitenden Bands auf der deutschen Szene zu sein. Mehr
als hundert Konzerte im Jahr sind keine Seltenheit. Kein Weg ist ihnen zu einem
Auftritt zu weit. Weder Sturm noch Hagel kann sie aufhalten. Die Musiker um den
Stuttgarter Sänger und Akkordeonisten Stefan Hiss sind quasi auf der Autobahn
daheim und kennen jede Raststätte zwischen München und Kiel.
Beim Auftritt sind Hiss in ihrem
Element. Auf der Bühne entfaltet die Band ihre Stärken und bringt mit einer feurigen
Mischung aus Polkas, Ska und deutschen Texten jeden Club zum Kochen. In
Nullkommanichts ist der ganze Saal auf den Beinen. Dann wird das Tanzbein
geschwungen und mit den Hüften gewackelt. Hiss schlüpfen in ihren Liedern in die
Rolle von verwegenen Abenteurern, die durch ferne Ländern reisen und an unerfüllter
Liebe, Untreue und andere Schicksalschlägen leiden.
Jetzt reiten die Desperados wieder. Nach
fünf Jahren hat Hiss ein neues Album (Titel: “Das Gesetz der Prärie”) vorgelegt,
das die Band in absoluter Topform zeigt. Eine knackige Rhythmusgruppe sorgt für
unbändigen Drive. Stefan Hiss presst starke Gefühle aus seiner Quetschkommode
und läßt sein Akkordeon jammern und wimmern, während Michael Roth und Thomas
Grollmus ein paar mitreißende Soli auf Mundharmonika und E-Gitarre beisteuern,
die richtig unter die Haut gehen.
Behutsam hat die Band immer wieder ihr
musikalisches Spektrum erweitert. Zum Polka-Beat kommen heute Latin-Elemente
dazu. Eine Nummer verbeitet sogar orientalisches Flair. Der intellektuelle Höhenflug ist Hiss’ Sache
nicht, vielmehr suchen in ihren Songs gescheiterte Männer in ewigen Wahrheiten
Trost: “Bier, Wurst und Tanzmusik” wird als Heilmittel gegen alle möglichen
Heimtücken des Lebens empfohlen.
Ganz anders Hellmut Hattler. Der Veteran
der deutschen Rockszene sucht mit seiner Band Anschluß an die digitale
Gegenwart. Dafür hat er intensiv im Studio gearbeitet, elektronische Beats eingespielt
und immer wieder neu abgemischt, um für die verschiedenen Songs jeweils ein spezielles
Sound-Design zu entwickeln.
Auf seiner neuen Einspielung “The
Kite” wechseln sich Lieder mit Instrumentalnummern ab, wobei die Gesangstitel
oft so starken Ohrwurmcharakter besitzen, dass es der eine oder andere eigentlich
in die Hitparaden schaffen müsste. Die soulige Stimme von Sängerin Fola Dada
gibt den Titeln einen ganz besonderen Charakter, dazu Wärme und Intimität. Hellmut
Hattler legt auf treibende Grooves allergrößten Wert und streut nur
gelegentlich ein kurzes Solo auf der Bassgitarre ein oder läßt seinen
Duo-Partner von Tab Two, den Trompeter Joo Kraus, gedämpfte Melodielinien auf
dem gestopften Horn blasen. Das digitale Zeitalter bringt seine eigenen
Tanzmusik hervor. Hattler ist einer Spielart auf der Spur, die Computer-Sounds
mit handgemachten Klängen verbindet.
DER ARTIKEL ERSCHIEN ZUERST IM SCHWARZÄLDER BOTE - große Tageszeitung im Südwesten
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