10 Jahre
Faust-Studio
Hans Joachim
Irmler bastelt an neuen Produktionen
Zahlreiche
Musiker aus nah und fern haben in Scheer bereits Aufnahmen gemacht: Popgruppen
und Jazzmusiker waren hier, auch Blaskapellen und Musikvereine. Irmlers
Referenzliste ist lang und reicht von Bernadette LaHengst über FM Einheit
(Einstürzende Neubauten) bis zu Rockgruppen wie Pram aus England oder Circle
aus Finnland. Was alle schätzen, ist Irmlers Kompetenz, Erfahrung und Expertise
sowie die schöne Umgebung entlang der Donau-Auen. Wenn man aus dem Fenster des
Faust-Studio guckt, kann man gelegentlich einen Storch oder einen Reiher über
das Wasser fliegen sehen.
Immer wieder
schaute in den letzten Jahren ein alter Bekannter aus der Gründerzeit des
Krautrocks vorbei: Jaki Liebezeit, Drummer der wegweisenden Kölner
Rockformation Can. Zusammen arbeiteten Irmler und Liebezeit an einem Album, das
jetzt unter dem Namen ‘Flut’ auf dem Studio-eigenen Klangbad-Label erschienen
ist. “Vor ein paar Jahren habe ich Jaki Liebezeit auf unserem Festival
wiedergetroffen und wir beschossen, etwas zusammen auf die Beine zu stellen,”
erzählt Irmler. “Wir wollten herausfinden, ob wir als Duo etwas Brauchbares
hinbekommen, nur zwei Leute, was natürlich eine Herausforderung war.”
Das Zusammenspiel klappte auf Anhieb. Liebezeit spielte
seine zirkularen Trommelmuster in der gleichen hypnotischen Manier, für die er
schon in den siebziger Jahren mit Can weltberühmt wurde. Doch hat er sein
Schlagzeug neu justiert und auf Baßtrommel und Metallbecken verzichtet. Mit
dieser neuen Trommelanordnung hat Liebezeit eine ganz eigenen Stil entwickelt,
der ihn von jedem anderen Rockdrummer unterscheidet. „Es gibt heute auf der
Welt Hunderttausende von Schlagzeuger, die alle irgendwie ähnlich klingen,“ erklärt
der eigensinnige Trommelveteran. „Da habe ich gedacht: ‚Da musst du doch etwas
anderes probieren!’“ Foto: Manuel Wagner
Über Liebezeits Grundrhythmen legt Irmler seine bunt
schillernden Klangteppiche, die er einem etwas abgewetzten Keyboard entlockt,
das er noch zu Fausts Zeiten zusammengebastelt hat. Seine Orgel Marke Eigenbau
ist mit etlichen Verzerrern, Filtern und anderen Apperaturen verkabelt, die die
Klangmöglichkeiten um ein Vielfaches steigern. Während Liebezeit einen stoiischen
Beat klopft, greift Irmler zuerst sachte, dann immer mächtiger in die Tasten
und kitzelt die fantastischsten Sounds aus seinem Instrumentarium heraus.
Das Album kann als
eine Art Geburtstagsständchen verstanden werden, mit dem die beiden das zehnjährige
Bestehen des Faust-Studios in Scheer feiern. Ein Jahrzehnt über die Runden zu
kommen, in Zeiten, in denen die Musikindustrie einen drastischen Niedergang
erlebte, ist eine beachtliche Leistung.
Der Artikel erschien zuerst im Schwarzwälder Bote, große Tageszeitung in Südwestdeutschland