Spitzenniveau
Das Kölner Pablo Held Trio glänzte beim
Jazzfestival im englischen Cheltenham
Das “Big Top”-Zelt im Park fasst 1200
Besucher und bleibt deshalb hauptsächlich Popacts wie Wilko Johnson oder Martha
Reeves vorbehalten. Doch trauten die Veranstalter auch dem amerikanischen
Jazzfunktrio Medeski Martin & Wood mit “Special Guest” Jamie Cullum zu, die
Arena zu füllen. Ist ein intimerer Rahmen nötig, zieht man in die nahegelegene
Stadthalle, wo das Lee Konitz & Dave Douglas Quintet vor ausverkaufter
Kulisse auftrat. Die Gruppe bot ein Programm aus bekannten Jazzstandards, die
allerdings auf eine sehr freie Art interpretiert wurden. Saxofonlegende Lee
Konitz ist mittlerweile in seinem 88. Lebensjahr und agiert wie ein alter
Zen-Meister des modernen Jazz, der sich alle Freiheiten nahm und seine Soli
entweder sang oder auf dem Altsaxofon intonierte, wobei er immer im Zwiegespräch
mit der Trompete von Dave Douglas blieb.
Will heute ein Jazzfestival Erfolg
haben, darf das Programm nicht zu puristisch ausgerichtet sein, denn Jazz
alleine zieht keine Massen an. “Weltmusik” ist ein Anknüpfungspunkt, der in
Cheltenham von einer “Afrobeat”-Reihe abgedeckt wurde. Den Auftakt machte der
Erfinder des Stils: der nigerianische Drummer Tony Allen. Mit Hut und
Sonnenbrille majestätisch in der Mitte seiner Band auf dem Schlagzeugpodest
residierend, gelang es dem ehemaligen Trommler von Fela Kuti mit einem präzisen
Räderwerk aus Beats, Riffs und scharfen Bläsersätzen das Publikum auf die Beine
zu bringen. Gegenüber dieser authentischen Version fiel Joe Lovano’s
Afrobeat-Projekt mit seiner “Village Rhythms Band” doch merklich ab. Angeführt
vom robusten Saxofonton des Bandleaders, kam die Musik selten über eine
Jazzrockfusion hinaus, der die Talking Drum und die Wüstenharfe Kora etwas
afrikanisches Flair verliehen.
Experimenteller ging es im Parabola Arts
Centre zu. Mit seinem Trio arbeitete sich der Schweizer Posaunist Samuel Blaser
in die freie Improvisation hinein, um über eine Strawinsky-Bearbeitung den Set
mit einer ruhigen Meditation zu beenden. Alexander Hawkins heisst eines der
vielversprechensten Talente der britischen Szene. Der Pianist nahm sich mit der
Vokalistin Elaine Mitchener ein paar Jazzstandards vor, verfremdete sie
auf so originelle Weise, dass sie auf neue Art zu leuchten begannen.
Alexander Hawkins & Elaine Mitchener (Foto: C.Wagner)
Selten schafft es ein deutsches Ensemble außerhalb seines Heimatlands auf die Bühne eines internationalen Jazzfestivals – zu groß ist die Konkurrenz. Durch seine Kooperation mit dem amerikanischen Jazzgitarrenstar John Scofield ist dem Pablo Held Trio dieses Jahr der Sprung nach Cheltenham gelungen. Mit einem Programm, das von gedämpften Balladen bis zu aufheulendem Jazzrock reichte, hinterließ die Kölner Band eine blendenden Eindruck. Pianist Pablo Held erwies sich als feingeistiger Widerpart zu Scofields zupackendem Gitarrenspiel, wobei Drummer Jonas Burgwinkel mit spritzig-dynamischem Spiel Akzente setzte und einmal mehr den Beweis erbrachte, dass Jazz der Spitzenklasse heute überall auf der Welt zuhause ist.
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