Saturday 18 July 2015

CHELTJAZZFEST 2015

Spitzenniveau

Das Kölner Pablo Held Trio glänzte beim Jazzfestival im englischen Cheltenham



 cw. Während Jazzmusiker normalerweise in Metropolen leben, finden Jazzfestivals gerne in der Provinz statt: Orte wie Moers, Willisau (Schweiz) und Ulrichsberg (Österreich) haben sich als “Jazzstädte” einen Namen gemacht. Das englische Cheltenham, ein schmuckes Städtchen in Mittelengland, gehört in diese Reihe. Hier findet jedes Jahr das einwöchige “Cheltjazzfest” statt, wobei sich ein Park im Ortskern in ein riesiges Heerlager aus Konzertzelten, Imbißbuden, Schallplattenständen und einer mobile Kunstgalerie verwandelt. Bei sonnigem Wetter lagern dann Scharen von Fans mit einem “pint” auf dem Rasen - Jazz wird zum Volksfest!

Das “Big Top”-Zelt im Park fasst 1200 Besucher und bleibt deshalb hauptsächlich Popacts wie Wilko Johnson oder Martha Reeves vorbehalten. Doch trauten die Veranstalter auch dem amerikanischen Jazzfunktrio Medeski Martin & Wood mit “Special Guest” Jamie Cullum zu, die Arena zu füllen. Ist ein intimerer Rahmen nötig, zieht man in die nahegelegene Stadthalle, wo das Lee Konitz & Dave Douglas Quintet vor ausverkaufter Kulisse auftrat. Die Gruppe bot ein Programm aus bekannten Jazzstandards, die allerdings auf eine sehr freie Art interpretiert wurden. Saxofonlegende Lee Konitz ist mittlerweile in seinem 88. Lebensjahr und agiert wie ein alter Zen-Meister des modernen Jazz, der sich alle Freiheiten nahm und seine Soli entweder sang oder auf dem Altsaxofon intonierte, wobei er immer im Zwiegespräch mit der Trompete von Dave Douglas blieb.

Will heute ein Jazzfestival Erfolg haben, darf das Programm nicht zu puristisch ausgerichtet sein, denn Jazz alleine zieht keine Massen an. “Weltmusik” ist ein Anknüpfungspunkt, der in Cheltenham von einer “Afrobeat”-Reihe abgedeckt wurde. Den Auftakt machte der Erfinder des Stils: der nigerianische Drummer Tony Allen. Mit Hut und Sonnenbrille majestätisch in der Mitte seiner Band auf dem Schlagzeugpodest residierend, gelang es dem ehemaligen Trommler von Fela Kuti mit einem präzisen Räderwerk aus Beats, Riffs und scharfen Bläsersätzen das Publikum auf die Beine zu bringen. Gegenüber dieser authentischen Version fiel Joe Lovano’s Afrobeat-Projekt mit seiner “Village Rhythms Band” doch merklich ab. Angeführt vom robusten Saxofonton des Bandleaders, kam die Musik selten über eine Jazzrockfusion hinaus, der die Talking Drum und die Wüstenharfe Kora etwas afrikanisches Flair verliehen.

 Samuel Blaser Trio (Foto: C.Wagner)
Experimenteller ging es im Parabola Arts Centre zu. Mit seinem Trio arbeitete sich der Schweizer Posaunist Samuel Blaser in die freie Improvisation hinein, um über eine Strawinsky-Bearbeitung den Set mit einer ruhigen Meditation zu beenden. Alexander Hawkins heisst eines der vielversprechensten Talente der britischen Szene. Der Pianist nahm sich mit der Vokalistin Elaine Mitchener ein paar Jazzstandards vor, verfremdete sie auf so originelle Weise, dass sie auf neue Art zu leuchten begannen.

                                      Alexander Hawkins & Elaine Mitchener (Foto: C.Wagner)





Selten schafft es ein deutsches Ensemble außerhalb seines Heimatlands auf die Bühne eines internationalen Jazzfestivals – zu groß ist die Konkurrenz. Durch seine Kooperation mit dem amerikanischen Jazzgitarrenstar John Scofield ist dem Pablo Held Trio dieses Jahr der Sprung nach Cheltenham gelungen. Mit einem Programm, das von gedämpften Balladen bis zu aufheulendem Jazzrock reichte, hinterließ die Kölner Band eine blendenden Eindruck. Pianist Pablo Held erwies sich als feingeistiger Widerpart zu Scofields zupackendem Gitarrenspiel, wobei Drummer Jonas Burgwinkel mit spritzig-dynamischem Spiel Akzente setzte und einmal mehr den Beweis erbrachte, dass Jazz der Spitzenklasse heute überall auf der Welt zuhause ist.

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