Friday 1 April 2016

Internationale Theaterhaus Jazztage in Stuttgart 2016

Zwischen Spontanität und Routine

Ein Jazzfestival der großen Namen im Stuttgarter Theaterhaus


Image result for dauner dauner fotocw. Das Festival hat Tradition: Seit 1985 finden in Stuttgart die “Internationalen Theaterhaus Jazztage” statt. 29 Mal ist das Festival bereits über die Bühne gegangen. Zweimal musste man aussetzen – wegen Finanzierungsproblemen. Die Geldsorgen sind bis heute nicht gewichen, sodaß jeder neuerliche Festivaljahrgang einer Gratwanderung gleichkommt - immer vom Absturz bedroht. “Einen Tanz auf der Rasierklinge”, nennt es Theaterhaus-Leiter Werner Schretzmeier. Wohl war dieses Jahr der Publikumszuspruch so groß, dass nächstes Jahr der 30ste Durchgang gesichert scheint. Jazzfans im ganzen Land würden sich allerdings wünschen, dass die öffentliche Hand sich zu einem stärkeren Engagement durchringen würde, um die Theaterhaus Jazztage aus dem fortdauernden Prekariat zu befreien. Jazzfestivals mit Profil sind in Südwestdeutschland ja nicht gerade üppig gestreut.

Um auf Nummer sicher zu gehen, präsentieren sich die Theaterhaus Jazztage als Festival der zugkräftigen Namen, bei dem bekannte Jazzgrößen den Ton angeben. Diesmal reichte das Spektrum von E.S.T. Symphony über Nils Landgren bis zu Joachim Kühn. Zwischen diese Jazzstars sehen sich Konzerte eingeschoben, bei denen jüngere Talente zum Zuge kommen und die deshalb immer für ein paar Entdeckungen und Überraschungen gut sind. In diese Rubrik fiel dieses Jahr ein dreitägiger Jazz-Poetry-Slam-Wettbewerb, bei dem sich – begleitet von einer Band um den Posaunisten Eberhard Budziat - einige der besten Slam-Poeten der Republik dem Publikum stellten, um am Ende einen Sieger zu küren.

Image result for dauner dauner fotoUnter der Überschrift “Fathers and Sons” hatten sich am Karfreitag zwei Duos vor vollen Publikumsreihen vorgestellt. Die erste Halbzeit bestritt der Stuttgarter Pianist Wolfgang Dauner mit seinem Sohn Florian Dauner, der sich als Schlagzeuger der Hiphop-Band Die Fantastischen Vier einen Namen gemacht hat. Der Auftritt der beiden kam einem Parforceritt durch einige wohlbekannte Kompositionen des 80jährigen Seniors gleich, bei dem sich der Junior sowohl mit einfühlsamem als auch dynamischem Trommelspiel als vollkommen ebenbürtiger Partner erwies. Ausflüge in indische Klangzonen versprühten exotisches Flair. Elektronische Sounds, per Playback eingespielt, ließen die Klangfarbenpalette noch bunter schillern.

Freier, waghalsiger, aber auch etwas sperriger agierten in der zweiten Konzerthälfte das Vater-Sohn-Gespann von Dieter Glawischnig (Piano) und Hans Glawischnig (Kontrabaß). Die Österreicher spielten ihr Konzert ohne Unterbrechungen durch. Als “eine einzige Wurst”, kündigte es der 78jährige Pianist an, der lange Jahre in Hamburg tätig war, wo er die Bigband des Norddeutschen Rundfunks von einem passablen Tanzorchester zu einer formidablen Jazzbigband formte. In Siebenmeilenstiefeln durchstreifte die beiden die moderne Jazzgeschichte, gelangten von flüssigem Swing über kantigen Bebop zu frei improvisierten Ausbrüchen, um immer wieder bei Motiven zu landen, deren eindringliche Melodik an Kirchenchoräle erinnerte, wie man sie in ihrer hymnischen Inbrunst auch von Keith Jarrett kennt.

Am Ende vereinten sich die beiden Duos zu einem Ad-hoc-Quartett, wobei die jüngere Generation als Rhythmusgruppe ordentlich Dampf machte, während sich die beiden Altmeister mit perlenden Tonfolgen ausgelassen die Bälle zuspielten und dabei bewiesen, dass ausgebuffte Routine und spielerische Spontanität nicht in Widerspruch zueinander stehen müssen.  

    

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