GLOBAL POP
Gerade erschienen:
Claus Leggewie / Erik Meyer (Hg.): Global Pop - Das Buch zur Weltmusik (J.B. Metzler Verlag)
392 Seiten, 2017, Preis: 29.69 E
Darin mein Beitrag: Christoph Wagner: Von der Sitar zum Laptop – Indien und der Westen
Tuesday, 16 May 2017
AUGEundOHR: Blasakkordeon
DAS BLASAKKORDEON
Ein Musiker mit einem obskuren Klangerzeuger um 1900, dem Blasakkordeon. Das Instrument war ein Versuch, die Vorteile der Mundharmonika und des Akkordeons zu vereinen und wirkt wie ein Vorgänger der Melodica, die dann in den 1950er Jahren von der Firma Hohner in Trossingen entwickelt wurde und durch Augustus Pablo zu einem prägenden Instrument des jamaikanischen Dub-Reggae avancierte.
Ein Musiker mit einem obskuren Klangerzeuger um 1900, dem Blasakkordeon. Das Instrument war ein Versuch, die Vorteile der Mundharmonika und des Akkordeons zu vereinen und wirkt wie ein Vorgänger der Melodica, die dann in den 1950er Jahren von der Firma Hohner in Trossingen entwickelt wurde und durch Augustus Pablo zu einem prägenden Instrument des jamaikanischen Dub-Reggae avancierte.
Monday, 8 May 2017
Internationales Trickfilm Festival in Stuttgart 2017
Grenzenlose
Fantasie
Das
Internationale Trickfilm Festival Stuttgart 2017 im Höhenflug
Öffentliches Filmegucken auf dem Stuttgarter Schloßplatz (Foto: Rose Revitt)
cw. Zeichentrickfilme
werden oft mit Kinderfilmen gleichgesetzt. Dass das eine unangemessene
Verallgemeinerung ist, beweist jedes Jahr das Internationale Trickfilm Festival
Stuttgart, das gerade zum 24. Mal stattfand. Das ITFS wartet mit einem
Themenspektrum auf, das von politisch über zeitbefindlich bis zu zwischenmenschlich
reicht und auch das Fantastische und Surreale einbezieht, ohne Slapstick und
Komik zu vergessen.
Dieses
Jahr stand das knapp eine Woche dauernde Filmereignis mit über 200
Veranstaltungen unter dem Motto „Animation without Borders – Grenzenlose
Animation“ und zog 90.000 Teilnehmer, Spezialisten und Fans aus der ganzen
Welt an. Alle Vorführungen sind in einem 200 Seiten dicken Programmheft
zusammengefasst. Sie verwandeln die Landeshauptstadt für sechs Tage in ein
globales Zentrum für Animation, Trickfilm, Visual Effects, Virtual Reality und
Bewegtbildkommunikation. Dabei kam bei diesem Durchgang dem Filmeschaffen in
der arabischen Welt besondere Aufmerksamkeit zu.
Zeichentrickfilme
können abendfüllende Langfilme sein, doch häufiger
sind Kurzfilme, wie sie unter den Stichworten „Young Animation“ und
„Internationaler Wettbewerb“ täglich zu sehen waren – zwischen zwei und zwanzig
Minuten lang. Die künstlerisch gelungensten Filme waren oft solche, die sich
erzählerisch beschränkten, eine kurze Geschichte ins Szene setzten oder ein
knappes Statement enthielten. Dem Iraner Alireza Hashempour, der an der
Baden-Württembergischen Filmakademie in Ludwigsburg studiert hat, ist dies mit
dem Dreieinhalbminüter „In one Drag – in einem Zug“gelungen. Der Film zeigt
einen Raucher, der eine Kippe wegwirft, die sich mit anderen Zigarettenstummeln
zu einem riesenhaften Zigarettenungeheuer vereinen, das dann den Übertäter in
einer Selbstgedrehten raucht. Hashempours Streifen überzeugte durch seine
knappe Handlung, die mit Witz ohne Umschweife auf den Punkt kam!
Neue Technologie in der GameZone (Foto: Rose Revitt)
Eine
Vielfalt an Darstellungstechniken kam in den mehr als 1.000 Filmen zum Zuge,
die dieses Jahr zu sehen waren. In manchen Streifen waren Knetfiguren die
Hautdarsteller, in anderen erweckte der Bleistift die Akteure zum Leben. Es gab
Puppentrickfilme, auch solche, die verschiedene Techniken mischten oder
gänzlich am Computer entwickelt wurden – die Welt des Zeichentrickfilms setzt
der Fantasie keine Grenzen.
Eine
ganz eigene Bildsprache zeichnete etwa den sechs-minütigen Film „In Other
Words“ der israelischen Künstlerin Tal Kantor aus, der Fotografie und Zeichnen
auf beeindruckende Weise verband. Eine ähnlich eigenständige Bildsprache besaß
der Kurzfilm „Je Mangerais Bien En Enfant“ der französischen Filmemacherin
Anne-Marie Balay. Hauptperson dieser charmanten Geschichte über das Essen war
ein kleines Krokodil, das anstatt der täglichen Bananen nun ein Kind essen
wollte, wobei origineller Weise alle Akteure und Requisiten mosaikartig aus
Nahrungsmitteln wie Linsen, Reis und Pasta gebildet waren.
Animationstechnisch
auf hohem Niveau und künstlerisch-ästhetisch makellos, mangelte es vielen Filme
– im Unterschied zu diesen Streifen – an einem konsistenten Handlungsstrang,
oder sie enthielten Sequenzen, die auf einen bestimmten Effekt abzielten, der
von der Erzähldramaturgie her eigentlich überflüssig war. Davon hob sich im
Internationalen Wettwerb das fünfeinhalb- minütige „Nachtstück“ von Anne
Breymann ab. Inszeniert als eine Art Traumsequenz, ließ es eine völlig eigene
Welt entstehen abseits von den vielen Klischees, die auch im Trickfilm-Genre
überall lauern.
So
hoch die künstlerischen Qualität so chaotisch gelegentlich die Organisation:
Halbstündige Wartezeiten in überhitzten Kinotreppenaufgängen sind für jeden
Kinofan eine Zumutung, für Personen, die nicht im Vollbesitz ihrer Kräfte sind,
wachsen sie sich zu einer Totur aus. Solche Widrigkeiten trübten ab und an den
Filmgenuß eines Festivals, das auch dieses Jahr wieder zu einem Höhepunkte im
kulturellen Leben der Landeshauptstadt wurde.
Der Artikel erschien zuerst im Schwarzwälder Bote, große Tageszeitung in Südwestdeutschland.
Thursday, 4 May 2017
Jazztrends: Alexander Hawkins
Über
die Tradition hinaus
Der
Pianist Alexander Hawkins ist eines der großen Talente der britischen Jazzszene
cw. Die
Formel könnte aus der konzeptionellen Kunst stammen: ein Pianist spielt in
einem Stahlcontainer ein kurzes Stück für einen einzigen Zuhörer. Zwischen
riesigen Konzertzelten, Imbißbuden und CD-Verkaufsständen stand auf dem Gelände
des Cheltenham Jazzfestivals 2015 ein Metallbehälter mit der Aufschrift “jazz
in the box”. Darin stand ein Klavier. Hier fanden an zwei Nachmittagen
Blitzauftritte von ein paar der vielversprechensten Jazzpianisten
Großbritanniens statt. Alexander Hawkins war einer von ihnen. Als die Zeit für
mich als alleinigem Zuhörer im Minikonzert gekommen war, legte der junge
Tastenvirtuose aus Oxford ein pfiffiges Kabinettstückchen hin, das von
Ellington ausgehend, sich in eine perlende Tonkaskade verwandelte, um in einem
Freejazz-Orkan zu enden. Hundert Jahre Jazzgeschichte auf die Länge von drei
Minuten kondensiert – alle Hochachtung!
Am
Abend zuvor hatte Hawkins ein reguläres Konzert mit der Vokalistin Elaine Mitchener gegeben. Das
Programm bestand aus bekannten Jazzstandards, die auf derart originelle Weise
verfremdet wurden, dass sie auf ganz neue Art zu leuchten begannen. Hawkins
spannte den stilistischen Bogen weit, indem er geschickt die Tradition mit der
abstrakten Moderne verquirlte, was eines seiner Markenzeichen ist.
1981
in Oxford geboren, wuchs Alexander Hawkins in einer Familie auf, in der Jazz
zum Alltag gehörte. Am heimischen Klavier unternahm der Kleine erste
musikalische Gehversuche, die mit sechs zu regulärem Pianounterricht führten,
der bald von Orgelstunden abgelöst wurde. Im Teenageralter kam er auf den
Geschmack für die swingende Musik. Trotzdem schrieb er sich nach dem Abitur in
Cambridge nicht zum Musikstudium ein, sondern in Jura, das er mit dem
Doktortitel abschloß. Allerdings hatte bereits während der Studentenzeit die
Musik endgültig die Oberhand gewonnen, weshalb der Dr. jur. nun die Berufung
zum Beruf machte und Jazzprofi wurde.
Hawkins
kehrte nach Oxford zurück und tauchte in die kleine, aber vitale
Improvisationszene seiner Heimatstadt ein. Musiker wie der Klarinettist Alex
Ward und der Keyboarder Pat Thomas nahmen ihn unter die Fittiche. “Ich übte wie
ein Besessener, um das spielen zu können, was mir im Kopf herumspukte,”
erinnert sich der Pianist, dessen Übungseifer bis heute kaum nachgelassen hat.
“Ich nahm mir Bach und Scarlatti vor, um der Architektur der großen
Barockkompositionen auf die Spur zu kommen. Im Unterschied zum Jazz, der auf
die einzelne Note im Kontext eines bestimmten Akkords fixiert ist,
interessierte mich die übergreifende Konstruktion.”
Konzerte
in London brachten Hawkins in Kontakt mit dem alten Adel der britischen
Improvisationsszene: Lol Coxhill und Evan Parker wurden zu Mentoren, der
Drummer Louis Moholo-Moholo holte ihn in seine Band. “Es ist schon merkwürdig,
dass ich mit freier Improvisation ins Profimusikerleben einstieg, obwohl ich
mich Jahre lang intensiv mit der Jazztradition beschäftigt hatte,” wundert sich
der Pianist.
Bei
einem Aufenthalt in New York lernte Hawkins den Drummer Harris Eisenstadt und
den Kornettisten Taylor Ho Bynum kennen. Aus dieser Begegnung ging das
Convergence Quartet hervor, eine Gruppe, die die Nahtstelle zwischen notierter
Musik und freier Improvisation erkundet. “Offene Komposition” nennt Hawkins die
Herangehensweise.
Zur
Orgel – diesmal der Marke Hammond - kehrte er mit Decoy zurück, einem Trio mit
Steve Noble (drums) und John Edwards (Baß), das gelegentlich durch die
amerikanischen Saxofonisten Joe McPhee oder Marshall Allen vom Sun Ra Orchestra
erweitert wird und viel Kritikerlob einheimste. Hawkins gewann an Profil und
wurde in der englischen Musikpresse als “interessantester Hammondspieler der
letzten Dekade” gepriesen.
Obwohl
er weiterhin die spontane Begegnung bei Konzertauftritten oder im Studio sucht
(ob mit den Schlagzeugern Han Bennink oder Louis Moholo-Moholo, den
Saxofonisten John Surman bzw. Evan Parker oder wie beim Berliner Jazzfest 2016
mit dem amerikanischen Trompeter Wadada Leo Smith), stehen inzwischen die
eigenen Gruppen im Vordergrund. Sein sechsköpfiges Ensemble mit dem Violinisten
Dylan Bates (dem jüngeren Bruder von Django Bates) und dem Baßklarinettisten
Shabaka Hutchings besticht durch eigenwillige Klangfarben, wobei die
Arrangements viel Raum für spontanes Spiel lassen. “Meine Kompositionen sollen
die Autonomie der Musiker nicht einschränken, sondern fördern und vergrößern,”
erklärt der Bandleader.
Das
Rhythmusgespann seines Sextetts (Tom Skinner, Schlagzeug und Neil Charles, Baß)
die ebenfalls in der Ethiojazz-Combo des äthiopischen Vibrafonisten Mulatu
Astatke für den Groove sorgt, ist auch im Alexander Hawkins Trio für die
rhythmische Basis zuständig, obwohl die Rollen eigentlich laufend wechseln.
Dabei geht das Trio nicht in die gleiche Richtung wie viele der aktuellen
Jazzpianotrios - Hawkins schwebt etwas anderes vor. Sein Konzept zielt auf
individuelle Unabhängigkeit in der Einheit als Gruppe: “Jedes Mitglied folgt
seinem eigenen Kompass, ohne dass wir uns laufend aufeinander beziehen, wobei
die Musik dennoch zu einem geschlossenen Ganzen wird.”
Zu
den Gruppenaktivitäten kommen vermehrt Soloauftritte hinzu, bei denen Hawkins
mit seinen profunden Kenntnisse der Jazztradition wuchern kann. Er liebt diese
Dekonstruktionen der Tradition, wobei er die Kompositionen, ob von Ellington
oder Monk, in ihre Einzelteile zerlegt, um sie danach wieder - simsalabim - zusammenzubauen. Das geschieht
alles völlig organisch - wie von Zauberhand! Allein auf der Bühne zu stehen,
empfindet der Pianist jedesmal wieder als neue Herausforderung, gilt es doch,
die Furcht vor der Stille nicht panisch mit einem Schwall von Noten
zuzukleistern, sondern mit Ruhe, Konzentration und Verstand ans Werk zu gehen.
Auswahldiskographie:
Alexander Hawkins & Evan Parker: Leaps in Leicester (Clean Feed)
Alexander
Hawkins Ensemble: Step Wide, Step Deep (Babel)
Alexander
Hwakins Trio (AH Music)
Alexander Hawkins: Solo Piano - Song Singular
(Babel)
Monday, 1 May 2017
Transatlantische Kooperation: Amok Amor
Trommelträume
Christian
Lillinger über Kunst und Politik, das entgrenzte Schlagzeug und die Formation
Amok Amor
Foto: Lukas Hämmerle
Interview von
Christoph Wagner
Gerade wurde ihm
der SWR-Jazzpreis zuerkannt: Christian Lillinger ist einer der exponiertesten
jungen Musiker der deutschen Jazzszene. Das musikalische Spektrum des
Schlagzeugers reicht weit. Gerade ist die zweite Einspielung der Formation Amok
Amor erschienen, die Lillinger im Kontext einer hochkarätigen internationalen
Besetzung zeigt.
Wie kam Amok Amor zustande?
Christian
Lillinger: Unser Trio mit Wanja Slavin (Saxofone) und Petter Eldh (Baß)
wurde zum Festival „Bezau
Beatz“ im Bregenzer Wald in Österreich eingeladen, bei dem
auch der amerikanische Trompeter Peter Evans solo auftrat. Da wir Evans bereits
kannten, haben wir die Chance genutzt, etwas gemeinsam auf die Beine zu
stellen. Wir hatten eh vor, das Trio zu erweitern. Wir wollten im Soundspektrum
größer werden. Da kam Peter Evans genau zur rechten Zeit. Amok Amor ist eine
demokratische Band, für die jedes Mitglied Kompositionen schreibt. Wir haben
ein erstes Album für Boomslang eingespielt, dann angefangen Konzerte und
Tourneen zu absolvieren. Jetzt ist unser zweites Album bei Intakt erschienen.
Bei der Besetzung von Amok Amor denkt man unweigerlich an das legendäre
Ornette Coleman Quartet mit Don Cherry. War das ein Leitstern?
Christian
Lillinger: Überhaupt nicht, obwohl ein Quartett mit Altsaxofon und Trompete,
dazu Schlagzeug und Bass, natürlich immer irgendwie diese Assoziationen
hervorruft. Selbstverständlich kennen wir die klassischen Coleman-Aufnahmen.
Sie sind Teil unseres jazzmusikalischen Unterbewußtseins, weil die Tradition
uns viel bedeutet. Doch spielt Amok Amor viel mehr mit modernen Farben, die aus
der avantgardistischen E-Musik, aus der Beatmusik, auch aus dem Hiphop kommen.
Es ist eine Menge drin. Und es geht auch um eine politische Aussage. Wir
positionieren uns gegen den neoliberalen Wahnsinn der Gegenwart. Der Titel „A Run through the
neoliberalism“ ist als politische Stellungnahme
gemeint. Es geht nicht immer nur um Musik. Es geht um mehr: Um die Haltung dahinter.
Wie sieht diese Haltung aus?
Christian
Lillinger: Es geht darum, die Kunst als Kunst aufrecht zu erhalten gegen den
kommerziellen Druck. Bei uns hat die Kunst Priorität. Wir wollen zuerst einmal
eine Kunstform kreieren, wo nicht der erste Gedanke ist, wie wir sie
tausendfach verkaufen können. Wir sehen den Jazz als forschende Musik in einer
Entwicklung, die nie abgeschlossen ist. Es geht auf kreative Weise immer
weiter. Natürlich kann das das Publikum herausfordern, ja provozieren, aber
ohne neue Explorationen, entwickelt sich die Musik nicht weiter.
Du hast dich in der UDJ, der Union deutscher Jazzmusiker, engagiert.
Mit welchem Ziel?
Christian
Lillinger: Es geht immer noch darum, dass der Jazz als Kunstform anerkannt
wird. Wir engagieren uns dafür, dass es für Jazz ganz selbstverständlich
Subventionen gibt wie für andere Künste auch, dass die Spielstätten unterstützt
werden. Wir müssen über das Minimum hinauskommen. Wir brauchen eine ordentliche
staatliche Förderung wie sie die Neue Musik, die klassische Musik und die Oper
genießen. Davon ist der Jazz noch weit entfernt. Die Musiker haben in der Vergangenheit
politisch viel zu wenig getan. Da gibt es ein Defizit, das es auszufüllen gilt.
Dein Instrument ist das Schlagzeug. Von welcher Vision lässt du dich
leiten?
Christian
Lillinger: Für mich ist das Schlagzeug absolut gleichwertig mit jedem anderen
Instrument. Ich will neue Dinge darauf machen. Ich will polyphon klingen, will
Melodien, aber auch abstrakte Sachen spielen. Ich will irgendwie alles! Ob’s
geht, wird sich erweisen. Meine Traumvorstellung ist, überall teilzuhaben: Mal Time
spielen, mal die Form zerstören, dann wieder Strukturen aufbauen – all das
gehört zu meinem Spektrum. Doch das muss man erst einmal physisch umsetzen
können. Daran arbeite ich jeden Tag.
Auf welche Weise?
Christian
Lillinger: Ich komponiere viel. Dabei schreibe ich gelegentlich meine
Schlagzeugstimme aus. Dadurch lernt man viel über sich selbst, es führt dich
über die Möglichkeiten hinaus, die schon da sind. Ich versuche meine eigenen
Beats zu kreieren, indem ich sie aufschreibe. Dann improvisiere ich viel
zuhause und analysiere mein Spiel. Ich will unabhängig von antrainiertem Zeug
werden, das man nur abspult. Man muss sehr viel üben, um darüber hinaus zu
kommen, dass man frei alles spielen kann, was einem in den Kopf kommt. Was ich
höre, möchte ich aus dem Augenblick heraus spielen können. Das ist die
Herausforderung, an der ich arbeite.
Foto: Wanja Slavin
Foto:
Woher kommt die Inspiration?
Christian
Lillinger: Ich höre mir viele Drummer an. Ich lasse mich von Hiphop inspirieren
oder von Neuer Musik. Von den alten Schlagzeugern ist Paul Lovens einer meiner
Favoriten. Er ist ein großer Meister in seiner Form, wie er Musik setzt, wie er
Strukturen bricht. Dann mag ich Jim Black, Tyshawn Sorey, Milford Graves. Das
sind alles wichtige Namen. Dazu etliche deutsche Drummer: mein Kollege Oliver
Steidle etwa, auch Jaki Liebezeit. Der ist interessant für bestimmte Sachen.
Meine musikalischen Vorlieben reichen von freiem Jazz über Krautrock bis zu
Hiphop und darüber hinaus. Es gibt viele Musiker, die mich in der einen oder
anderen Weise inspiriert haben. Ich bin offen für alles, was gut klingt. Und
dann muss man daraus sein eigenes Vokabular formen.
Amok Amor: We know not what we do (Intakt)
Das Interview erschien ursprünglich in JAZZTHETIK (Mai/Juni) (Jazzthetik.de)
Das Interview erschien ursprünglich in JAZZTHETIK (Mai/Juni) (Jazzthetik.de)
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