Doppelte Geschwindigkeit oder rückwärts
Das epochemachende Album Sgt. Pepper von den Beatles wurde vor 50 Jahren veröffentlicht
In
der englischen Hauptstadt pulsierte 1967 eine vitale Popszene, die mit einen neuen
Lebensgefühl einherging. Teenager kleideten sich anders, ließen sich die Haare wachsen,
gaben sich lässig und exzentrisch und forderten die ältere Generation heraus.
In Diskotheken wie dem “UFO” dröhnten elektrische Sounds zu zuckenden
Lightshows. Pop flirtete mit der Avantgarde.
Die
Beatles tauchten in diese vibrierende Szene ein. Mit George Martin hatten sie
einen Produzenten zur Hand, der offen für die neuen Anregungen war. Schon auf
den Alben „Rubber Soul“ (1965) und „Revolver“ (1966) hatte sich die Band mehr
und mehr von den einfach gestrickten Beatnummern ihrer Anfangszeit entfernt. Für
das Album „Sgt. Pepper“ entstanden immer raffiniertere Songs mit
buntschillernden Arrangements und außergewöhnlichen Klangfarben, die die
Möglichkeiten der Studiotechnik ausschöpften. Tonbänder wurden in doppelter
Geschwindigkeit oder rückwärts gespielt, Vogelgezwitscher und Hundegebell eingeblendet,
was manche Songs zu abenteuerlichen Klangcollagen machte.
Das
Album wurde in den EMI-Studios in der Londoner Abbey Road aufgenommen. Fünf
Monate arbeiten die Beatles mit George Martin daran. Im Vergleich: Ihr
Debutalbum „Please Please Me“ hatten sie vier Jahre zuvor an nur einem einzigen
Tag eingespielt. Neue Instrumente wie das Mellotron wurden herangezogen, auch exotische,
die George Harrison aus Indien mitgebracht hatte. Dazu gab es Bläsersätze, Cellos,
Geigen und Hörner plus eine Baß-Mundharmonika. Die Palette an Klangfarben
kannte keine Grenzen.
Das
Plattencover des Avantgarde-Künstlers Peter Blake war ebenfalls eine Sensation. Dort waren hinter den
Beatles in bunten Uniformen, alle ihre Vorbilder und Idole als Pappkameraden
aufgereiht. Das Cover gab der Veröffentlichung ein Gesicht und trug dazu bei,
das „Sgt. Pepper“ zu dem epochemachenden Album wurde, als das es heute gilt.
Peter
Kemper erzählt auf 100 Seiten die Entstehungsgeschichte der Einspielung auf
kompetente Weise. Was man etwas vermißt, sind eigene Recherchen und
Informationen aus ersten Hand. Vielmehr hat der Autor die mittlerweile
Bibliotheken füllende Literatur über die Beatles und „Sgt. Pepper“
zusammengefaßt und solide dargestellt.
Peter Kemper: Sgt. Pepper (Reclam)
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