Thursday, 13 March 2025

Dauerklavierspiel vor 100 Jahren

WELTREKORD im DAUERKLAVIERSPIEL

Auf meinen gelegentlichen Exkursionen durch die Labyrinthe der Historie bin ich neulich in der BADISCHEN PRESSE vom 31. Juli 1925 auf einen interessanten Hinweis gestoßen. Er hat mich an das ewiglange Stück von Erik Satie "Vexations" erinnert, das vor ein paar Monaten in der Tübinger Stiftskirche aufgeführt wurde – zwölf Stunden lang immer die gleiche Melodie, die 840 Mal wiederholt wurde, wobei sich die Pianisten abwechselten. 

Vor hundert Jahren waren offenbar die Klavierspieler noch aus anderem Holz geschnitzt, wie der BADISCHE PRESSE zu entnehmen ist. Dort kündigt der Engländer Albert Kemp (in einer anderen Werbeanzeige wird er Kenys genannt) einen Auftritt im DAUERKLAVIERSPIEL in Karlsruhe in der Kellerwirtschaft Hoepfnerbräukeller an: zwölf (in Zahlen: 12) Stunden ohne Unterbrechung. Vielleicht haben solche Marathonmusiker Erik Satie einst auf die Idee für "Vexations" gebracht?


Daraus entspann sich ein internationaler Wettbewerb um den Weltrekord im Dauerklavierspiel, der am 24. April 1929 im Karlsruher Tagblatt gewürdigt wurde, als der Pianist Geza Ledofsky in Wien den Weltrekord von Alber Kemp, der jetzt als Deutschamerikaner bezeichnet wurde, übertraf.


Die Sache nahm 1950 eine Fortsetzung mit einem Weltmeisterschaftsversuch in Heidelberg, wie die Ettlinger Zeitung vom 16. Juni 1950 berichtete. Der Düsseldorfer Heinz Arntz wollte 125 Stunden Dauerspielen. Jetzt hatten sich allerdings die Regularien verändert. Der Pianist konnte pro 24 Stunden 60 Minuten Pause machen.



Ein Versuch, den Rekord zu brechen, wurde ein paar Monate später unternommen – ohne Erfolg, wie im Offenburger Tagblatt vom 22. Juli 1950 zu lesen war: Der Herausforderer schlief nach 61 Stunden Dauerspiel am Klavier ein.


Und der Rekord wurde immer mehr nach oben geschraubt, wie das Heidelberger Tagblatt vom 4. September 1950 berichtete.


Einen Monat später nahm die Sache noch einmal eine neue Wendung mit dem Eintritt von Heinz Rodenbusch in die Rekordjagd, der nicht nur im Klavierdauerspiel einen neuen Rekord aufstellen wollte, sondern den Rekord mit dem Dauerspiel auf sechs Instrumenten brechen wollte, darunter das Akkordeon und die singende Säge. Badische Neuste Nachrichten 3.10.1950:


Ein Artikel aus der Badischen Allgemeinen Zeitung vom 8. März 1951 gibt Einblick in die Lebensumstände des Weltmeisters im Dauerklavierspiel, der sich nicht als Pianist, sondern als Artist bezeichnete. Seit 1929 hatte er aus der Rekordjagd ein Geschäftsmodell gemacht, mit dem er seinen Lebensunterhalt bestreiten konnte, weil das Spektakel bei jedem neuen Rekordversuch Massen von Schaulustigen anzog.



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