Der Altersreife
KARL BERGER zum 80sten
Angesichts der vielen
jungen Talente, die derzeit auf die Szene drängen, gerät die alten Garde mehr
und mehr ins Abseits. Dass die Veteranen immer noch Wichtiges zu sagen haben,
macht Karl Berger deutlich, einer der wenigen deutschen Jazzmusiker von
internationalem Rang.
Berger, der Ende
März 80 Jahre alt wurde, war in den sechziger Jahren einer der Musiker, der in
der Gruppe von Hans Koller dem modernen Jazz in Deutschland Geltung verschaffte.
Mit Don Cherry ging er dann in die USA, wo er in Woodstock das “Creative Music
Studio” gründete, um Hunderten von jungen Improvisatoren zu Inspiration und
einem tieferen musikalischem Verständnis zu verhelfen. In Woodstock lebt Berger
bis heute. Seine Lehrtätigkeit machte ihn zu einem der weltweit einflußreichsten
Jazzmusiker Europas. Ob Steven Bernstein, Cyro Baptista, Peter Apfelbaum oder
Marilyn Crispell – alle sind bei Berger in die Lehre gegangen.
Karl Berger ist normalerweise als
Vibraphonist bekannt. Jetzt hat ihn John Zorn für sein Tzadik-Label für eine
Reihe von drei Alben ans Klavier gebeten, das Instrument, dass er einst an der
Musikhochschule seiner Heimatstadt Heidelbarg studierte, jedoch im klassischen
Fach. ‘Gently Unfamiliar’ ist die zweite Veröffentichung der Trilogie.
Berger trumpft nicht auf, gefällt sich weder
in Tastensprints noch avantgardistischen Eskapaden. Stattdessen bietet er ein Jazzpianospiel
ohne Mätzchen und Kapriolen, das von Souveränität
und Altersweisheit bestimmt ist und von Poesie getragen.
Für seine Kompositionen wählte Berger die
kleine Form, reiht eine singbare Melodie an die andere, die er dann improvisatorisch
entfaltet, ohne dass ihre kantable Sinnlichkeit verloren geht. Berger spielt
mit dezentem Anschlag, nur selten greift er energischer in die Tasten. Die Interaktion mit
seinem superben Rhythmusteam aus Joe Fonda (Baß) und Harvey Sorgen am
Schlagzeug ist von blindem Verständnis und schlafwandlerischer Sicherheit geprägt.
Fonda geht hellwach auf die pianistischen Impulse ein, während Sorgen mit den Besen
der Musik eine schwebende Qualität verleiht, wobei eine Intimität und Feinfühligkeit
entsteht, die an die Klaviertrios von Bill Evans erinnert.
An Berger scheint jede Eitelkeit abgefallen.
Hier wird nicht nach billigen Applaus geschielt oder musiziert, um dem Ego zu
schmeicheln, vielmehr geht es einzig und allein um die Musik. So unprätentiös
und abgeklärt wie der Altmeister, spielt keiner der Piano-Newcomer.
Karl Berger: Gently Unfamilar – Suite in 7 Movements for Piano Trio (Tzadik)
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