Tuesday, 15 December 2015

Notker Homburger: Plattensammler & Musiker

Eingeborenenklänge vom Bodensee

Der Konstanzer Notker Homburger ist beides: leidenschaftlicher Plattensammler und Musiker mit weitem Horizont


 cw. “Schau dir diese hier an!” sagt Notker Homburger aufgekratzt und zieht eine weitere Schellack-Platte aus dem Regal. Auf dem Cover klebt ein Zettel, auf dem es heißt: “Spezial-Record, direkt vom Ausland importiert”. “Es ist eine Platte aus den USA des Bluesgitarristen Sylvester Weaver,” erklärt Homburger. “Sie wurde in den 1920er Jahren vom Odeon-Musik-Haus in Berlin verkauft. Er muß also in der Zwischenkriegszeit bereits Interessenten für schwarze Musik in Deutschland gegeben haben. Ist das nicht spannend?” 

Seit Notker Homburger Anfang der achtziger Jahre diese Schellack bei einer Auktion erwarb, ist der “Guitar Rag” – so der Titel der Platte – zu einem festen Bestandteil seines Repertoires geworden. Nie vergisst er sein Leib-und-Magen-Stück, wann immer er in einem Club, einer Bar oder Kleinkunstbühne auftritt. Manchmal spielt er es alleine, nur mit Slide-Gitarre bewaffnet, dann wieder mit seiner Band, Notty’s Jug Serenaders, einer Drei-Mann-Kapelle aus dem Bodenseeraum, die sich auf die alten Klänge des amerikanischen Südens spezialisiert hat. Bei Homburger geht die Leidenschaft des Plattensammlers mit dem aktiven Musikmachen wunderbar zusammen.

Durch das Sammeln hat er auch einen anderen prominenten Schellacksammler kennengelernt: Den weltbekannten Karikaturisten Robert Crumb, der seit Jahren in Südfrankreich lebt und wie Homburger ebenfalls eine beachtliche Kollektion von raren Platten zusammengetragen hat. Homburger hat dem amerikanischen Cartoonisten und “Fritz The Cat”-Erfinder alte Aufnahmen von Schweizer Volksmusik beschafft und Crumb war total aus dem Häuschen. “Crumb interessiert sich für alle möglichen Arten von traditioneller Musik von überall auf der Welt,” erzählt Homburger. “Doch war die Schweizer Musik auch für ihn ein weißer Fleck auf seiner musikalischen Landkarte. Er war begeistert, als ich ihm ein paar Schellacks besorgt habe.”


                                                                                                                 Notty's Jug Serenaders
Ein Tausch wurde vereinbahrt. Im Gegenzug für die Platten zeichnete Crumb Notty’s Jug Serenaders und nunmehr den Bandleader selber, eine Gemälde, das jetzt als Coverbild auf Homburgers neuer CD prangt. “Da wir einen ähnlichen Musikgeschmack haben, Crumb meine Musik gefiel und ich ihm interessante Schellacks zum Tausch anbieten konnte, war der Handel schnell perfekt,” erzählt der Konstanzer.


Auf der CD, die bei Ufer Records erschienen ist, wird der musikalische Horizont weit gespannt. Es ist ein Revue durch Homburgers musikalische Aktivitäten der letzten Jahre. Da erklingen alte Bluesnummer, die er solo oder mit den Jug Serenaders spielt. Da ist “Eingeborenenmusik vom Bodensee” zu hören,  wie Homburger traditionelle Melodien und alte Volkslieder aus dem deutsch-schweizer Grenzgebiet nennt, die manchmal in Mundart erklingen. Und da findet sich natürlich der “Guitar Rag”, jenes Stück, das er vor 35 Jahren auf dieser ominösen Schellackplatte das erste Mal hörte.

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