Sunday, 29 December 2019

Best of 2019: Film/Musik/Theater

MEINE BILANZ für 2019:

THEATER: 

1. 1927: Roots (Manchester, Home Theatre)

Ugly Duckling
2. Sherman Theatre, Cardiff: Ugly Duckling















FILM:
1. Jacques Audiard: The Sisters Brothers 

Buster Scruggs
2. Coen Brothers: The Ballad of Buster Scruggs 

3.Tamara Kotevska, Ljubo Stefanov: Honeyland







LIVE:
Dom Flemons
1. Schwarzbären Schuppel und Dom Flemons (LAUTyodeln Vol. 2, München)









2. Jeffrey Lewis & The Voltage (Bürokonzert bei Wagnerchic, Stuttgart)

3. Matthew Halsall & The Gondwana Orchestra (Yes, Manchester) 

4. Kraan (Dieselstraße, Esslingen)

5. Peter Pichler: Trautonium (Alter Schlachthof, Sigmaringen)


ALBEN:
Veretski Pass & Joel Rubin
1. Veretski Pass & Joel Rubin: The Magid Chronicles (Golden Horn Records)









2. Holzapfel & Rehling: Neues von früher / Klangbuch (Mandelbaum)

3. Brthr – A Different Kind of Light (Backseat)

4. Charles Rumback & Ryley Walker: Little Common Twist (Thrill Jockey)

5. Reid Anderson, Dave King, Craig Taborn: Golden Valley Is Now (Intakt)

6. Pram: Across The Meridian (Domino) 

Friday, 20 December 2019

BaBa ZuLa: Turkish Psychedelia

Istanbuler Underground

Die türkische Rockgruppe BaBa ZuLa im Kulturzentrum Franz K in Reutlingen

                                                                                                                                               Fotos: C. Wagner

cw. Ende der 1960er Jahre war San Francisco überall. Die psychedelische Rockmusik, die 1967 in der Welthauptstadt der Hippies entstanden war, erfasste nicht nur die gesamte westliche Hemisphäre, auch hinter dem „eisernen Vorhang“ in Osteuropa sowie in Afrika, Asien und dem Orient spitzten junge Leute die Ohren. Musiker verbanden die flirrenden elektrischen Sounds von der amerikanischen Westküste mit ihren eigenen Traditionen, was interessante Stilmischungen ergab. In der Türkei griff vor 25 Jahren die Rockgruppe BaBa ZuLa aus Istanbul dieses musikalisches Erbe wieder auf und schuf einen Mix, der heute als „Turkish Psychedelia“ gilt. 
 
Um solch einen orientalischen Rock zu spielen, haben die beiden Saitenmusiker von BaBa ZuLa traditionelle Instrumente wie die Laute Oud, die Langhalslaute Saz und die winzige „Baglama“-Mandoline umgebaut und elektrifiziert, dazu noch ein Riesenarsenal an Fußpedalen angeschlossen, um mit Wah-Wah-Geräten, Echo-Effekten und anderen Verzerrern die traditionellen Melodien in kosmische Umlaufbahnen zu schicken. Die dickbauchige Baßtrommel Davul sorgt für einen knüppelharten Beat, der sich oft in ungeraden Taktzahlen bewegt. Bei anderen Stücken kommt die Handtrommel Darbuka zum Einsatz, wobei die Finger nur so auf das Trommelfell prasseln. Mit diversen Metallbecken akzentuiertein zweiter Perkussionist die komplexen Rhythmusfiguren und speist gleichzeitig mit dem Sampler vorprogrammierte Sounds ins musikalische Geschehen ein.

Der Blick auf die Bühne gleicht einer Reise in die Vergangenheit. Hier stapeln sich die heute legendären Orange-Verstärkertürme, Schwaden von Trockeneisnebel schweben durch den Raum und eine flackernde Lightshow sorgt für Atmosphäre. Die Musiker bewegen sich in fantasievollen Kostüme auf der Bühne und sehen aus wie Märchenfiguren aus „Tausendundeiner Nacht“. 

Die Musik gehorcht nicht dem 3-Minuten-Takt des Pop: Während ihres zweistündigen Auftritts spielten BaBa ZuLa gerademal ein halbes Dutzend Stücke, die sich alle durch lange kreischende Soli auf den Saiteninstrumenten zu großformatigen Epen auswuchsen. Dazwischen unternahmen die Musiker Ausflüge ins Auditorium, um das Publikum zu lebhaften Rundtänzen zu animieren. 

Nicht nur die zahlreichen türkischen Fans nahmen den orientalischen Rock von BaBa ZuLa dankbar auf, offenbart sich in ihm doch eine andere, weltoffenere Türkei, die im krassen Gegensatz zu dem derzeitig autoritären Staat steht, welcher durch sein repressives Gebaren die Jugend immer mehr abstößt.

Tuesday, 17 December 2019

Jodelmania im SWR2

SWR2 MusikGlobal, SWR2

Jodelmania


Anläßlich meines Buchs „Jodelmania“ (Kunstmann Verlag, 2019) hat mich MusikGlobal-Redakteurin Anette Sidhu von SWR2 ins Studio eingeladen und kreuz und quer über die Geschichte des Jodelns befragt, dazwischen die passende Musik gespielt. Daraus ist jetzt eine Jodelreise von den Alpen nach Amerika geworden, eine einstündige Sendung, die auch solche Phänomene beleuchtet und solchen Fragen nachgeht, wie: Warum Jodeln heute wieder neue Gemeinschaftserlebnisse ermöglicht, wo es derzeit Workshops und Festivals zum Thema gibt und welche experimentellen Künstler sich mit dem Phänomen befassen?

Di, 17.12.2019 23:03 - 24:00 

Die Sendung kann nachgehört werden: 

Monday, 16 December 2019

KRAAN - Krautrockpioniere auf der Höhe der Zeit

Groovemeister des Krautrock

Nach fast 50 Jahren zeigt sich Kraan in Esslingen immer noch in Höchstform

Foto: C.Wagner


cw.In etwas mehr als einem Jahr können sie 50jähriges Jubiläum feiern: Drei Schulkameraden gründeten 1971 in Ulm die Rockgruppe Kraan und machten Karriere: Die Band stieg zu einer der führenden Formationen des Krautrock auf! Bis heute sind die Veteranen des deutschen Underground in der Urbesetzung mit Hellmut Hattler (Bassgitarre), Peter Wolbrandt (E-Gitarre) und Jan Fride (Schlagzeug) unterwegs und bewiesen bei ihrem Auftritt im Esslinger Kulturzentrum „Dieselstraße“, dass sie noch lange nicht zum alten Eisen gehören. Ganz im Gegenteil: Ihre Musik strotzt vor Kraft, besitzt Eleganz und kommt mit großer Wucht und Dynamik daher, wobei die Evergreens aus ihrem Backkatalog wie „Borkward“ oder „Let it out“ vollkommen frisch und unverbraucht klingen. Das Publikum im nahezu ausverkauften Konzert ging voller Begeisterung mit.
                                                      
In den fünf Jahrzehnten als Profimusiker haben sich die drei Bandmitglieder zu ausgefuchsten Instrumentalisten und hochkarätigen Solisten entwickelt, die mit abgeklärter Souveränität musizieren und dabei einen kompakten Sound kreieren, der glasklar über die Rampe kommt. Als Groovemeister agiert Drummer Jan Fride: Er sorgt für den nötigen Drive. Fride treibt seine beiden Frontmänner zu ausgesprochenen Höchstleistungen an, wobei Gitarrist Peter Wolbrandt mit einer enormen Palette an Spieltechniken und Sounds aufwartet: Sein Spektrum reicht vom akkordischen Fingerspiel eines J.J. Cale über psychedelische Sounds à la Jimi Hendrix bis zu den synkopischen Rhythmen der schwarzen Funkmusik im Stile von Mother’s Finest. 

                                                                                                                   Meistergitarrist Peter Wolbrandt (Foto: C. Wagner)

Hellmut Hattler, den man mit Baseball-Mütze und Sonnenbrille auch aus anderen Bandprojekten wie Hattler, Tab Two oder Siyou‘n’ Hell kennt, klinkt sich auf überzeugende Weise ein. Der Bassgitarrist zupft die Saiten nicht mit den Fingern, sondern reißt sie mit dem Plektrum an, was den tiefen Melodien mehr Klarheit und Schärfe verleiht und Hattler öfters wie einen zweiten Gitarristen klingen läßt. 

Knackige Riffs, Melodiekürzel, Unisono-Passagen und rhythmische Akkordmuster gehören zum Fundus der beiden Saitenvirtuosen, welche sie gekonnt zu einem raffiniert verzahnten Spiel verdichten. Dabei entwerfen sie manchmal weite Klangflächen, die metallisch funkeln und schillern, dann wieder messerscharfe Rockriffs, die mächtig in die Beine gehen, oder Melodien, die orientalisch eingefärbt wie nach Tausendundeiner Nacht klingen.  

Zwischen den Stücken gab Hellmut Hattler ein paar skurrile Anekdoten zum besten, um die Titel von Stücken zu erläutern, welche oft aus grauer Vorzeit stammten, als Kraan noch als Hippiekommune in einem verlassenen Gutshof in der tiefsten Provinz  am Rande des Teutoburger Walds in Westfalen hausten mit Freundinnen, Hunden und Kindern, Drogen, makrobiotischem Essen, Urschrei-Therapie und Musikmachen rund um die Uhr. Damals haben die drei in endlosen Sessions diese schlafwandlerische Sicherheit im Zusammenspiel entwickelt, die bis heute ihr Spiel auszeichnet.

Das zahlreiche Publikum, von denen die meisten sicher schon Kraan-Fans waren, als Willy Brandt noch im Kanzleramt residierte, ging bei jedem Titel bereits nach den ersten Töne mit großem Enthusiasmus mit und entließ die Band erst nach einer langen Zugabe in die Garderobe. 

Der Artikel erschien zuerst im Schwarwälder Bote, große Tageszeitung im Südwesten.

Monday, 9 December 2019

Trautonium-Konzert in Sigmaringen

Im Museum der vergessenen Klänge

Peter Pichler und das Trautonium im Alten Schlachthof in Sigmaringen


cw. Es ist ein Holzkasten mit zwei Manualen plus Knöpfen, Schaltern und Reglern dran, der bei oberflächlicher Betrachtung wie eine Hammond-Orgel aussieht. Erst bei genauerem Hinsehen springt der Unterschied ins Auge: Anstelle einer Tastatur besitzt der Klangkasten eine Stahlsaite, die über eine Metallleiste gespannt ist. Wenn man diese Saite niederdrückt, schließt sich der Schaltkreis und es erklingt ein Ton. Dieses Prinzip der Tonerzeugung macht das Trautonium zu einem einzigartigen Klangerzeuger und zu einem der ersten elektronischen Musikinstrumente überhaupt. 

 Nachbau eines frühen Trautoniums (Foto: C. Wagner)
1929 von Friedrich Trautwein in Berlin erfunden, beflügelte das Instument die Visionen einer neuen Klangfarbenmusik und inspirierte namhafte Komponisten zu Stücken. Erste Werke für drei Trautonium-Instrumente entstanden, die der berühmte Komponist Paul Hindemith unter dem Titel „Des kleinen Elektromusikers Lieblinge“ veröffentlichte. 

Seinen großen Auftritt hatte das Trautonium dann 1963, als Alfred Hitchcock mit dem Instrument seinen heute als Klassiker geltenden Film „Die Vögel“ klanglich untermalen ließ, wobei der Trautonium-Solist Oskar Sala zum Einsatz kam. Sala besaß lange Jahre ein Quasi-Monopol auf das Instrument, mit dem er für mehr als 300 Werbefilme den Soundtrack lieferte. 

Die spannende Geschichte dieses außergewöhnlichen Klangapparats erzählte der Münchner Musiker Peter Pichler im ersten Teil seines Konzertprogramms im Alten Schlachthof in Sigmaringen, wobei er die verschiedenen Etappen der Entwicklung mit Klangbeispielen und Kompositionen eindrucksvoll dokumentierte. Pichler, der sonst in der Band des bayrischen Liedermachers Hans Söllner seine Brötchen verdient, ist heute einer der wenigen Musiker, die überhaupt noch dieses rare Instrument spielen, das ansonsten vollständig in Vergessenheit geraten ist. 

In der zweiten Konzerthälfte stand dann der Film „A Voyage to the Moon“ (=Eine Reise zum Mond) im Zentrum des Auftritts, den die NASA 1975 bei Manfred Durniok in Auftrag gegeben hatte. Der bekannte Filmemacher erstellte seine Dokumentation aus dem originalen Filmmaterial der Apollo-Mondlandungen und ließ sie komplett vom Trautoniumspieler Oskar Sala klanglich kolorieren. 

Sala zog dabei alle Register seines Könnens und entlockte dem Trautonium alle nur erdenklichen Töne und Geräusche, die jetzt Peter Pichler „live“ zum NASA-Film wieder lebendig werden ließ, was deutlich machte, über welch ungeheure Palette an Möglichkeiten das Trautonium verfügt und die Frage aufwarf, warum das Instrument in den 1970er Jahre vom Synthesizer verdrängt wurde? Pichler erwies sich als ebenso kompetenter Kenner der Materie wie als virtuoser Instrumentalist, der die fast grenzenlos erscheinende Klangvielfalt des Trautoniums eindrucksvoll zu nutzen wußte und mit seinen Weltraumsounds das Publikum ein ums andere Mal in Erstaunen versetzte. Seine Leistung wurde am Schluß mit reichlich Applaus belohnt.

Die Konzertbesprechung erschien zuerst in der Schwäbischen Zeitung

Tuesday, 26 November 2019

Wogram & Sachse in Villingen

Von Jazzballaden zu Geräuschorgien

Das hochkarätige Jazzduo von Nils Wogram und Joe Sachse schlägt im Jazzclub Villingen den Bogen zwischen Ost und West

Foto: C. Wagner

cw. Jazz kann Brücken bauen: zwischen den Generationen, zwischen Ost- und Westdeutschland sowie zwischen akustischem und elektrischem Instrumentarium. Diese Tatsache dokumentierte im Jazzclub Villingen auf beispielhafte Weise das Duo des E-Gitarristen Helmut „Joe“ Sachse (Jahrgang 1947) aus Chemnitz und des 25 Jahre jüngeren Posaunisten Nils Wogram, der aus Braunschweig stammt, aber heute in Zürich lebt. Beide gelten als renommierte Namen der deutschen Jazzszene.

Das Duett hatte ein Dutzend Stücke vorbereitet, die alle ziemlich genau ausnotiert waren und dennoch genügend Freiraum für spontane Improvisationen ließen. Üblicherweise zupfte Sachse, dessen Spitzname „Joe“ vom Hendrix-Titel „Hey Joe“ herrührt, ein paar filigrane Läufe oder wuchtige Akkorden zur Einleitung, über die dann Wogram eine exponierte Melodie legte. Dann schwang sich einer der beiden zu einem Solo auf, während der andere auf dezente Weise die Rolle des Begleiters übernahm, um danach wieder zum ursprünglichen Thema zurückzufinden. 

Sachse, angelehnt an ein Ein-Mann-Orchester, klopfte dazu zusätzlich den Rhythmus mit den Füßen auf seinem Gitarrenkasten und einer Tüte, die raschelte, was einen einfachen Beat ergab, das Duo aber zu einem kompletten Ensemble abrundete. 

Um das Klangspektrum zu erweitern, hatte jeder der beiden ein paar Kniffe aus der Trickkiste parat. Sachse setzte dazu vom Schraubenzieher bis zum Messer alle möglichen Objekte ein, mit denen er über die Saiten strich oder seine Gibson Les Paul, ein heute klassisches E-Gitarrenmodell, sehr effektvoll und zielsicher traktierte. Zusätzlich hatte er auf dem Gitarrenrumpf zwei Kontaktmikrofone aufs Holz aufgeklebt, um den Korpus als Trommel nutzen zu können. Nils Wogram verwendete dagegen ab und zu einen Schalldämpfer, damit er seiner Posaune Wah-Wah-Geräusche und ein tiefes Grunzen entlocken konnte.  

Solche Effekte sorgten für Abwechslung im Klanggewebe, wobei beide Musiker auch ohne diese Kunstgriffe problemlos hätten bestehen können, sind sie doch Virtuosen im höchsten Grade. Wogram spielt seine Posaune mühelos und mit einer atemberaubenden Leichtigkeit selbst in schnellsten Notenläufen. Dagegen zitierte Sachse mit enormer Fingerfertigkeit die ganze Geschichte der E-Gitarre von der Jazzballade eines Joe Pass bis zu den Saiten-Exorzizieneines Jimi Hendrix’ mit Ausflügen in den Rock ‘n’ Roll oder den Jazzrock von John McLaughlin, wobei der  Mann aus Ostdeutschland an den Geräuschorgien sichtlich die meiste Freude hatte.  
Das Publikum, überwiegend ältere Semester, saß dicht gedrängt im kleinen Villinger Jazzkeller (gegründet 1961) und reagierte mit Überschwang auf die Darbietungen der beiden, um sie nicht ohne Zugabe von der Bühne zu lassen.   

Tuesday, 19 November 2019

RADIO RADIO RADIOPHON

RADIOPHON 
Donnerstag, 28. November 2019, SWR2  
21:03- 22:00 Uhr
von Christoph Wagner

Mike Formanek Quartet (Foto: Promo)

Musikcollagen mit Titeln von Coconami aus München, dem Mike Formanek Quartet aus New York, Solopiano von Alexander Hawkins, Perkussionsmusik von Fritz Hauser, die Dreampop-Gruppe Pram aus Birmingham plus der Text „Weil Es Die Welt Gar Nicht Gibt“ von Herbert Achternbusch. Dazu noch eine Komposition von Lukas Ligeti – einer Art afrikanischer Minimalmusik. Dann das „Gloria“ aus der „Missa Ave Maria“ des englischen Renaissance-Komponisten Thomas Ashwell, gesungen vom belgischen Spezialistenensemble Graindelavoix, sowie ein elektronisches Stück von Morton Subotnick. Außerdem: Ten Years After, Manfred Kniel sowie Don Byron mit einer Bach’schen „Violin Partita“. Zum Abschluß singt uns eine Vokalgruppe aus den Bahamas in den Schlaf. 


swr.de/swr2



Don Byron (Foto: Promo)

Monday, 11 November 2019

Buch zur Poprevolte Südwest

BUCHNEUERSCHEINUNG:

DER SÜDEN DREHT AUF – DIE POPREVOLTE DER 60ER und 70ER JAHRE IN BILDERN




Gestern Abend in Balingen angekommen, hab ich eine Schachtel voller Bücher vorgefunden. Belegexemplare von 'Der Süden dreht auf – Die Poprevolte der 60er- und 70er Jahre in Bildern'. Das Fotobuch zur Popgeschichte Südwestdeutschlands und die Fortsetzung der 'Träume aus dem Untergrund' ist jetzt also endlich raus (juhehhh!!!), im Silberburg-Verlag erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben.


190 Seiten, mit mehr als 100 raren exquisiten Fotos (etliche davon in Farbe), von denen viele noch nie öffentlich zu sehen waren von Fotografen wie Manfred Grohe, Jörg Becker, Manfred Rinderspacher, Martin Schulz, Rupert, Leser, Johannes Andele und Lothar Schiffler, und die die Atmosphäre und den Geist der 60er und 70er Jahre auf wunderbare Weise einfangen. 29.90 Euro





Saturday, 9 November 2019

Das Trautonium: Urvater des Synthesizers

Futuristische Klangmaschine

Peter Pichler stellt am 6. Dezember im Alten Schlachthof in Sigmaringen mit dem Trautonium ein Urinstrument der elektronischen Musik vor

           Oskar Sala     (Foto: C. Wagner)

cw. Seinen spektakulärsten Auftritt hatte es 1963 im Film „Die Vögel“ von Alfred Hitchcock: Das Trautonium, gespielt von Oskar Sala, lieferte die elektronisch imitierten Vogelschreie und andere Geräusche, ohne die der Film nur halb so effektiv gewesen wäre. Hitchcock war von dem Soundtrack äußerst angetan, was Sala viel Aufmerksamkeit einbrachte.

Oscar Sala war nicht unvorbereitet an den Auftrag herangetreten. Er hatte zuvor schon unzählige Industriefilme mit dem Trautonium vertont, das lange Zeit als der Inbegriff eines futuristischen Klangerzeugers galt. 1929 hatte er zusammen mit seinem Komponistenlehrer Paul Hindemith und dem Ingenieur Friedrich Trauwein an der Berliner Hochschule für Musik das Musikinstrument entwickelt, um die neuen Möglichkeiten der elektronischen Klangerzeugung zu nutzen.

Dr. Trautwein entwickelte ein Instrument, das aus Spielmanual, einer Metallschiene und einem dünnen Widerstandsdraht bestand. Wenn man diesen Draht auf die Metallschiene drückte, ertönte ein heulender Ton. Das Grundprinzip des Trautoniums war geboren. Hindemith schrieb ein erstes Stück für drei Trautonium-Instrumente, das vom Meisterkomponisten selbst mit Hilfe von Oscar Sala 1930 in Berlin uraufgeführt wurde und das in seinen sieben Sätzen schon die verschiedenen Klangfarbenmöglichkeiten des Instruments aufzeigte. Hindemith komponierte noch weitere Stücke für das Instrument, das später auch von anderen Komponisten aufgegriffen wurde. Harald Genzmer etwa entwarf Stücke für Trautonium und Streichorchester, und andere Komponisten fragten Sala nach Soundeffekten, die er mit seinem elektronischen Instrument liefern konnte. Selbst die NASA ließ von Sala einen Mondlandefilm vertonen.

Später interessierten sich immer wieder Popmusiker für das Instrument, doch Sala blockierte jeden Versuch das Trautonium ausgiebiger zu vermarkten. Nach Salas Tod im Jahre 2002 – er wurde 92 Jahre alt –, fing durch Anregung des Münchner Keyboardspielers Peter Pichler die Firma Trautoniks in Wolfhagen bei Kassel an, das Instrument nachzubauen und trug so zu seiner weiteren Verbreitung bei. 

Peter Pichler (Promo)
 
Peter Pichler, der sonst in der Begleitband des bayerischen Liedermachers Hans Söllner Keyboard und Akkordeon spielt, hat sich inzwischen zum bekanntesten Solisten des Trautoniums entwickelt, der sowohl die klassische Trautonium-Literatur neu interpretiert, als auch Vertonungen von Stummfilmen oder der Mondlandung unternimmt. Ein derartiges Programm aus Klassikern und einer Filmvertonung wird er am 6. Dezember um 20 Uhr in Sigmaringen im Alten Schlachthof präsentieren. Eine äußerst rare Gelegenheit, Bekanntschaft mit diesem exquisiten elektronischen Instrument zu machen, das als Urvater des Synthesizer gilt. 


Wednesday, 23 October 2019

Manfred Kniels „Two plus One“-Projekt

Musikalisches Chamäleon

Zwischen funky Grooves und Experiment bei den Tübinger Jazz und Klassik Tagen


cw. Immer im Herbst finden seit fast 20 Jahren die „Tübinger Jazz und Klassik Tage“ statt. Das Festival ist kein Event der großen Namen und weltbekannten Stars, sondern bietet dagegen Profis und Amateuren aus der Region die Chance sich zehn Tage lang mit neuen Projekten der Öffentlichkeit vorzustellen. Deswegen gibt es auch keinen zentralen Ort, an dem die Konzerte über die Bühne gehen. Vielmehr sind die Auftritte über die ganze Universitätsstadt und das Umland (Reutlingen, Rottenburg, Hechingen) verstreut und finden in Kneipen, Cafés, Clubs, Schulen, Ladengeschäften, Theatern, Kirchen, Synagogen, Kulturzentren, Universitätsälen und Rundfunk-Studios statt. 

Das Kleinformat eröffnet die Chance musikalisch Außergewöhnliches zu präsentieren, wovon die verschiedenen Veranstalter in unterschiedlichem Maß Gebrauch machen. Der Club Voltaire mit seinem Domizil in der Tübinger Altstadt hat für Ausgefallenes eine besondere Antenne entwickelt und wartet fast jedes Jahr mit einem frischen Experiment auf. 

Dieses Jahr stellte der umtriebige Stuttgarter Schlagzeuger Manfred Kniel unter dem Motto „Listen & Move“ sein neustes Bandprojekt „Two plus One“ vor. Dafür hat sich Kniel mit dem Keyboarder und Elektroniker Fritz Heieck zusammengetan, einem Gefährten aus alten Tagen, mit dem er schon in den 1970er Jahren bei der Frederic Rabold Crew zusammengespielt hat. Die beiden bilden den Kern der Gruppe, zu dem sich die Berliner Vokalistin und Performerin Ana Hauck gesellt, die zusätzlich noch diverse Perkussionsinstrumente und ein kleines Keyboard bedient.

Kniels Musik bewegt sich durch vielerlei Stilrichtungen. Sie kann „funky“ oder rockig klingen, ist manchmal verträumt, gelegentlich aggressiv und dann wieder sanft, wobei sich der Drummer und Bandleader als musikalisches Chamäleon entpuppt, der vom beinharten Groove bis zu fantasievollen Klangmalereien auf den Metallbecken ein riesiges Faß an musikalischen Möglichkeiten aufmacht. 

Ebenso vielfältig zeigt sich Keyboader Fritz Heieck, der am E-Piano wie Funkmeister Herbie Hancock klingt, am Synthesizer Rick Wakeman und Keith Emerson auferstehen läßt, aber auch schon mal mit abstrakteren Sounds an Karlheinz Stockhausens Studio für elektronische Musik erinnert. Die Vokalistin Ana Hauck fügt sich in das Geschehen nahtlos ein, singt manchmal spitz und scharf, dann wieder stimmungsvoll elegisch und versucht dabei das Publikum zum Mitmachen zu animieren, was anfangs noch etwas zwanghaft wirkt, ihr im Verlauf des Konzerts aber immer besser gelingt.

Ein Titel entführte das Publikum nach Afrika, ein anderer nach Harlem in die 1930er Jahre, wo ein Tanz namens „Harlem Jump“ die Modeverrücktheit war, den Manfred Kniel jetzt mit swingendem Rhythmus in die Gegenwart holt. Dem Drummer und kreativen Kopf ist mit „Listen & Move“ wieder ein äußerst eigenständiges Musikprojekt gelungen, das die Zuhörer einen Abend lang in den Bann zog und danach noch nach einer Zugabe verlangen ließ.  

Monday, 23 September 2019

Virtuosen der akustischen Gitarre spielen 'Imaginäre Nationalhymnen'

Junge Gitarristen auf Abenteuerkurs

Kendra Amalie (Foto: Promo)

Ich habe einen Artikel für die NZZ geschrieben über die junge akustische Gitarrenszene (hauptsächlich) in den USA, die sich auf John Fahey & Co beruft und das archaische Folkgitarrenspiel unter dem Stichwort „American Primitive Guitar“ in neue Umlaufbahnen katapultiert:

https://www.nzz.ch/feuilleton/akustische-gitarre-junge-musiker-auf-den-spuren-john-faheys-ld.1508296

                                                                                         Matthew Sage (Foto: Promo)

Various: Imaginational Anthem, Vol. 9 (Tompkins Square)

Sunday, 8 September 2019

Jeffrey Lewis & The Voltage in Stuttgart

Tränen gelacht, neben tiefer Melancholie 

Fotos: Manuel Wagner


Am Freitag, 9. September 2019, gab es das Auftaktkonzert der Europa-Tournee von Jeffrey Lewis & The Voltage, die am 26. September 2019 in Cardiff (Wales) zu Ende gehen wird. Ort des Gigs: die Büroräume von Manuel Wagner (Wagnerchic) & David Spaeth in Stuttgart. Jeff und seine zwei Mitmusiker waren in Topform und boten ein Programm, das so abwechslungsreich, witzig und voller Drive war, das es am Schluß 'standing ovations' gab. Traurige Songs, fröhliche Lieder, seine unvergleichlichen Comix-Vorträge in gereimter Form, etliche Klassiker wie „The last time I took acid I went insane“ oder ”Roll, bus roll“, dann noch als Zugabe ein Cover von Shellac's 'Prayer to God', das es in sich hatte, das alles zusammen machte den Abend zu einem eindrücklichen Erlebnis.




Selten habe ich bei einem Konzert so gelacht. Das war feinster, subtiler Humor, der keine Sekunde ins Kalauern abrutschte. Zudem sind seine Songtexte von einer Präzision und Realitätsnähe, die einen Staunen macht. Einer der skurrilsten Momente des Abends war, als Jeff seinen linken Socken während des Austritts auszog, um ihn übers Mikrofon zu stülpen, um einen Dämpfeffekt zu erzielen. (Wie ich nachher erfuhr, war es eine Gegenmaßnahme: Er hatte einen Stromschlag vom Mikro erhalten)





Vielleicht lag es an den Räumlichkeiten, die eine intime und doch gemütliche Atmosphäre zuließen, dass der Auftritt so außerordentlich gut lief. Was dabei ganz klar zutage trat: Jeffrey Lewis ist einer der unterschätzsteten Singer-Songwriter im internationalen Popbereich. Wenn es dort auch nur einigemaßen mit rechten Dingen zugehen würde, müsste ein Songpoet seines Kalibers eigentlich weltbekannt sein und riesige Zuschauermassen ziehen. Wir sind natürlich 'happy‘, dass wir ihn noch in einem solch kleinen Rahmen erleben konnten. Fantastisch! Mein Konzert des Jahres so far.



Friday, 30 August 2019

Der Sound von New Orleans

Lebensfreude und lockere Sitten

Eine CD-Box feiert die musikalische Vielfalt der Stadt am Mississippi

Professor Longhair 1971 (Foto: John Messina)
 

cw. Nirgendwo sonst wird die Klarinette mit so viel Vibrato gespielt wie in New Orleans, dem Ort, wo um 1900 der „Jass“ erfunden wurde. Kein Wunder, dass Sidney Bechet, der später aufs Sopransaxofon umstieg, aus der Stadt am Mississippi kam. Zusammen mit Louis Armstrong und King Oliver machte Bechet die „hot music“ zuerst in den USA und dann auf der ganzen Welt bekannt. 

Doch New Orleans steht nicht allein für Jazz. Eine Vielzahl anderer Musikstile sorgt für Ausgelassenheit bei Straßenfesten, kirchlichen Prozessionen und beim Karneval. Blaskapellen, Gospelchöre, Barrelhouse-Pianisten und Blues-Troubadoure, dazu die buntdekorierten Mardi Gras-Indianer mit ihren Ruf-Antwort-Gesängen – sie alle prägen das Klangbild der Stadt, in welchem auch Rhythm & Blues, Rock ‘n’ Roll, Soul und Funk eine wichtige Rolle spielen. 

Als katholische Enklave im puritanischen Amerika war New Orleans einst für seine Lebensfreude, Festkultur und lockeren Sitten bekannt, die ideale Brutstätte für eine Musik ganz dicht am Puls der Zeit, wie sie in Kaschemmen und Tavernen, bei Hochzeiten und Beerdigungen, beim Karneval und bei Hausparties gebraucht wurde. Dazu kam der Einfluß französischer Kultur und Lebensart. In „Nouvelle Orlèans“ wurde französisch gesprochen, es gab mehrere Theater und Opernhäuser, was die „Crescent City“ zur europäischsten Stadt in den USA machte. Die schwärzeste war sie ohnehin. Nirgendwo sonst lebten soviele „people of color“, manche als Freie, andere als Sklaven, von denen etliche sich nach der Revolution von Haiti (1791-1804) hier in Sicherheit brachten. 

Einer, der die verschiedenen Traditionslinien auf geniale Weise verband, war der Pianist Professor Longhair, in dessen Musik europäische Tastenartistik mit den Rhythmen der Karibik (Rhumba, Mambo, Habanera) und den „Blue Notes“ der Bluestradition zu einem einzigartigen Personalstil verschmolz, dem seinHeulgesang noch die Krone aufsetzte. Henry Byrd, so sein bürgerlicher Name, den alle „Fess“ nannten, galt als „Piano God of New Orleans“. Bis heute ahmen Pianisten seine polyrhythmische Spielweise nach. Longhair war Teil einer städtischen Kultur, in der das Klavier einen hohen Stellenwert besaß. In New Orleans, so hieß es, stünde in jedem Haushalt ein Piano. 

Neben dem Jazz und der speziellen Art des Bluespianospiels hat auch der Funk in New Orleans seinen Ursprung. In den 1960er Jahren entwickelte die Gruppe The Meters eine betont rhythmische Spielweise, bei der Baßgitarre, Schlagzeug und die Akkorde von Gitarre, Orgel und Clavinet mit der Präzision eines Uhrwerks ineinander griffen. Art Neville war der Organist der Meters, der später mit seinen Brüdern, den Neville Brothers, die Technik noch perfektionierte. Inzwischen wird in New Orleans jeder Stil „funky“ gespielt. Selbst die religiöse Gospelmusik klingt „schmutzig“ und arbeitet mit trockenem Schlagzeugbeat und den Synkopen der schnappenden Baßseiten. 

Als alljährliches Aushängeschild für die musikalische Aktivitäten der Stadt fungiert das New Orleans Jazz & Heritage Festival, das dieses Jahr zum 50. Mal stattfand. Jedes Jahr Ende April bietet das „Jazz Fest“ eine Bühne für all jene Stile, die bis heute im Leben der „Crescent City“ eine Rolle spielen. Dazu kommt die Cajun- und Zydeco-Musik aus den Sümpfen von Louisiana, gespielt mit Akkordeon und Waschbrett, die hier inzwischen auch Wurzeln geschlagen hat. Eine Box von fünf CDs mit einem dickleibigen Booklet bietet ‘Live’-Aufnahmen aus einem halben Jahrhundert, wobei alle bedeutenden Strömungen und deren Hauptprotagonisten vertreten sind.

Immer wieder wird in Songs direkt auf die qualvollen Erfahrungen nach den Verwüstungen von „Hurricane Katrina“ eingegangen, eine Katastrophe, die sich tief ins kollektive Gedächtnis der Hafenstadt eingebrannt hat, wobei das „Jazz Fest“ vielleicht einen kleinen Beitrag leisten kann, das Trauma zu bewältigen. 

Jazz Fest – The New Orleans Jazz & Heritage Festival (Smithsonian Folkways Recordings)

Wednesday, 21 August 2019

JODELMANIA im Deutschlandfunk


JODEL-AUSSTELLUNG IM DEUTSCHLANDFUNK

Im Deutschlandfunk hat Andi Hörmann die Ausstellung und das Buch „Jodelmania“ besprochen:

https://www.deutschlandfunkkultur.de/audio-archiv.517.de.html?drau:broadcast_id=281

Die Ausstellung ist noch bis zum 15. Oktober 2019 im Valentin-Karlstadt-Musäum in München zu sehen.


Tuesday, 20 August 2019

PRAM in Hebden Bridge

Traumpop von PRAM

Letzte Woche kamen Pram (auf kleiner Tour durch England) zu einem ihrer seltenen Auftritte in den Trades Club nach Hebden Bridge. Ein schönes Wiedersehen mit der Band, die zweimal beim Klangbad-Festival in Scheer und einmal beim Schlachtfest in Sigmaringen zu Gast war. Ihr träumerischer Pop, der immer noch sehr stark nach Filmmusik klingt, hat nichts von seiner Faszination verloren. Die acht Köpfe starke Crew kam zu einem späten Lunch vorbei und fuhren noch in der Nacht wieder nach Birmingham zurück.

Foto: Jane Revitt

Sunday, 18 August 2019

Jodel-Film-Matinee: Sonntag den 22.09.2019 (Beginn: 11:00)

KiM-Kino, Einsteinstraße 42, München-Haidhausen
Sonntag den 22.09.2019 
Beginn: 11 Uhr


JODELMANIA – DIE GLOBALE FASZINATION DES JODELNS

Jodel-Film-Matinee

Einführung:
Christoph Wagner, der Kurator der Ausstellung JODELMANIA im Valentin-Karlstadt-Musäum, erzählt in einem 30-minütigen Vortrag mit vielen Filmbeispielen über den Siegeszug des Jodelns vom Alpenraum über ganz Europa bis in die USA, wo es in Cowboy-Songs und Countrymusic Einzug hielt. 

Danach läuft der Film
Heimatklänge
von Stefan Schwietert

Ein Porträt von drei außergewöhnlichen Stimmkünstlern vor der atemberaubenden Kulisse der Schweizer Berge. Noldi Alder, Erika Stucky und Christian Zehnder beschreiten unterschiedliche und gleichermaßen interessante Wege der Weiterentwicklung der traditionellen alpenländischen Musik in die Moderne. „Wunderbar und außergewöhnlich.“ (AZ München) 

Sonntag, den 22. September 2019 
Beginn: 11 Uhr (bis 13 Uhr)
KiM-Kino, Einsteinstraße 42, München-Haidhausen

Begrenzte Teilnehmerzahl – Anmeldungen erbeten: rudolf@hartbrunner.de

Wednesday, 7 August 2019

NEUES von Erwin Rehling

NEUES VON FRÜHER  - DORFGESCHICHTEN UND WIDERSPENSTIGE MUSIK

Erwin Rehling kenne ich schon 100 Jahre. Früher war er Drummer der Interpreten, einem Trio mit Andy Koll, das traditionelle bayerische Musik Albert Ayler-mäßig anging. Wir haben mit ihnen in der Balinger Siechenkirche in den 1980ern einmal ein Konzert veranstaltet. Danach war Erwin immer wieder in andere Projekte involviert, Hammerling hieß eines davon. Dann machte er auch Theater- und Filmmusik. Seit einiger Zeit ist er außerdem schreibend tätig, wobei er in tiefbayerischem Dialekt kleine Geschichten verfasst. Jetzt ist mir sein allerneustes Produkt in die Hände gefallen, ein Hörbuch mit dem Titel 'Neues von früher'. Es enthält Dorfgeschichten von vor 50 Jahren, vom Autor himself gelesen, dazwischen werden kleine Musikminiaturen eingestreut, wobei Erwin mit dem Posaunisten und Gitarristen Pit Holzapfel zusammenspielt. Ihre Improvisationen schreiben die bayerischen Short-Stories vom Land auf wunderbare Weise klanglich fort. Das Hörbuch ist im Januar 2019 beim Mandelbaum-Verlag erschienen – kann ich nur jedem wärmstens ans Herz legen!!!!! Meine Lieblingsgeschichte ist die von Lurchi und seiner Bande, dem Maskottchen der Schuhmarke 'Salamander'. Immer wenn man in den frühen Sechzigern ein Paar Salamander-Schuhe kaufte, bekam man ein Lurchi-Heft geschenkt. Ich hab irgendwann einen Lurchi-Sammelband erworben, der inzwischen sehr ramponiert ist und aus dem ich öfters meiner Tochter vorlas, als sie noch klein war. Sie kennt deshalb ebenfalls den Lurchi.