Eine
Ausstellung in Nürnberg spürt der Geschichte der Jugendbewegung nach


Die Jugendbewegung war eine Reaktion auf Industrialisierung und Verstädterung und erhob die Natur zum Ideal. Junge Leute suchten das ungezwungene Leben in der freien Landschaft. 1913 versammelten sich mehrere Tausend Anhänger zum “Fest der Jugend” auf dem Hohen Meißner bei Kassel, um dem Alten abzuschwören und einem neuen Lebensstil zu huldigen, der sich nicht mehr den gesellschaftlichen Zwängen unterwarf. Rund 400 Ausstellungsstücke, von Gemälden, Skulpturen und Fotografien bis zu Textilien und persönlichen Erinnerungsstücken, zeichnen im Germanischen Nationalmuseum die Geschichte der Jugendbewegung nach.
Der
1. Weltkrieg wirkte als Einschnitt. Anfangs noch als großes Abenteuer begrüßt,
machte sich mit der Zeit Ernüchterung breit.
Von
der Front zurück, versuchten die junge Leute nun mit ihren Träumen Ernst zu
machen. Aufbruchstimmung machte sich breit. Gruppen zogen raus aufs Land, um
dort “fern allem höllischen Getriebe” der Städte in Gemeinschaft ein einfaches
Leben im Einklang mit der Natur zu führen. Zum Anti-Kapitalismus, zur
Industrie- und Großstadtkritik gesellte sich oft die Bezugnahme auf ein mythisches
Deutsch- und Germanentum, was es dem Nationalsozialismus leicht machte, die
Begeisterung dieser Jugendlichen auf seine Mühlen zu leiten. Die Jugendbewegung
war vielleicht deshalb anfällig für solch extremes Gedankengut, weil man in
diesem Alter eher zur Radikalität neigt. In der Bezugnahme auf die Scholle und
agrarromantische Schwärmereien gab es in der Lebensreform Berührungspunkte zur
Blut- und Boden-Ideologie der Nazis.
Nach
dem 2. Weltkrieg versuchte die Jugendbewegung an die alten Ideale anzuknüpfen.
Doch jetzt lag Neues in der Luft. Ab 1964 fanden auf der Burg Waldeck im Hundsrück,
einem alten Versammlungsplatz der bündischen Jugend, Sängertreffen statt, wo
deutschsprachige Chansons und Protestlieder von Franz Josef Degenhardt, Hannes
Wader und Reinhard Mey gesungen wurden, sehr zum Mißvergnügen konservativer
Jugendbewegter, die das Liedermacherfestival zu sabotieren versuchten. Die
Rebellion der Achtundsechziger machte dann endgültig Schluß mit den jetzt als “altbacken”
empfundenen Ritualen. Erst die neuen sozialen Bewegungen der 70er Jahre, die
Naturschutz und Ökologie auf die Tagesordnung setzten, knüpften wieder an ein
paar alte Ideale der Jugendbewegung an, auch wenn sie sich dessen oft gar nicht
bewußt waren. In der Ausstellung in Nürnberg werden solche unterirdischen
Verbindungslinien deutlich.
Der Bericht erschien zuerst im Schwarzwälder Bote.
Der Bericht erschien zuerst im Schwarzwälder Bote.
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