JAZZ IN LEDERHOSEN
Dem Zeitgeist entkommt man nur schwer. Jeder ist davon angekränkelt. Selbst in die Refugien der alpenländischen Volksmusik drang in den 1920er Jahren der Jazz ein, der damals – als Tanz! – in Europa Furore machte und zur großen Mode wurde. Eine Jazz-Combo unterschied sich von einer herkömmlichen Tanzkapelle nicht nur durch das Repertoire der neuen Tänze wie Jitterbug, Shimmy, Charleston oder Foxtrott, sondern auch durch den Schlagzeuger oder die Schlagzeugerin, die den Rhythmus vorgab und im Südwesten "Der Jatzer" genannt wurden. Die Werbepostkarte von Seppl Wirthmann's oberbayrischer Stimmungskapelle und Bauern-Jazz-Band von ca. 1920 legt davon beredtes Zeugnis ab – Jazz gespielt in Lederhosen, mit Tirolerhut und Gamsbart. Wie der wohl geklungen haben mag?
Die Kapelle war in den 1940er Jahren weiterhin aktiv, hatte aber die Bezeichnung "Bauern-Jazz-Band" unter der Nazi-Herrschaft aus ihrem Bandname gestrichen.