Wednesday 23 October 2019

Manfred Kniels „Two plus One“-Projekt

Musikalisches Chamäleon

Zwischen funky Grooves und Experiment bei den Tübinger Jazz und Klassik Tagen


cw. Immer im Herbst finden seit fast 20 Jahren die „Tübinger Jazz und Klassik Tage“ statt. Das Festival ist kein Event der großen Namen und weltbekannten Stars, sondern bietet dagegen Profis und Amateuren aus der Region die Chance sich zehn Tage lang mit neuen Projekten der Öffentlichkeit vorzustellen. Deswegen gibt es auch keinen zentralen Ort, an dem die Konzerte über die Bühne gehen. Vielmehr sind die Auftritte über die ganze Universitätsstadt und das Umland (Reutlingen, Rottenburg, Hechingen) verstreut und finden in Kneipen, Cafés, Clubs, Schulen, Ladengeschäften, Theatern, Kirchen, Synagogen, Kulturzentren, Universitätsälen und Rundfunk-Studios statt. 

Das Kleinformat eröffnet die Chance musikalisch Außergewöhnliches zu präsentieren, wovon die verschiedenen Veranstalter in unterschiedlichem Maß Gebrauch machen. Der Club Voltaire mit seinem Domizil in der Tübinger Altstadt hat für Ausgefallenes eine besondere Antenne entwickelt und wartet fast jedes Jahr mit einem frischen Experiment auf. 

Dieses Jahr stellte der umtriebige Stuttgarter Schlagzeuger Manfred Kniel unter dem Motto „Listen & Move“ sein neustes Bandprojekt „Two plus One“ vor. Dafür hat sich Kniel mit dem Keyboarder und Elektroniker Fritz Heieck zusammengetan, einem Gefährten aus alten Tagen, mit dem er schon in den 1970er Jahren bei der Frederic Rabold Crew zusammengespielt hat. Die beiden bilden den Kern der Gruppe, zu dem sich die Berliner Vokalistin und Performerin Ana Hauck gesellt, die zusätzlich noch diverse Perkussionsinstrumente und ein kleines Keyboard bedient.

Kniels Musik bewegt sich durch vielerlei Stilrichtungen. Sie kann „funky“ oder rockig klingen, ist manchmal verträumt, gelegentlich aggressiv und dann wieder sanft, wobei sich der Drummer und Bandleader als musikalisches Chamäleon entpuppt, der vom beinharten Groove bis zu fantasievollen Klangmalereien auf den Metallbecken ein riesiges Faß an musikalischen Möglichkeiten aufmacht. 

Ebenso vielfältig zeigt sich Keyboader Fritz Heieck, der am E-Piano wie Funkmeister Herbie Hancock klingt, am Synthesizer Rick Wakeman und Keith Emerson auferstehen läßt, aber auch schon mal mit abstrakteren Sounds an Karlheinz Stockhausens Studio für elektronische Musik erinnert. Die Vokalistin Ana Hauck fügt sich in das Geschehen nahtlos ein, singt manchmal spitz und scharf, dann wieder stimmungsvoll elegisch und versucht dabei das Publikum zum Mitmachen zu animieren, was anfangs noch etwas zwanghaft wirkt, ihr im Verlauf des Konzerts aber immer besser gelingt.

Ein Titel entführte das Publikum nach Afrika, ein anderer nach Harlem in die 1930er Jahre, wo ein Tanz namens „Harlem Jump“ die Modeverrücktheit war, den Manfred Kniel jetzt mit swingendem Rhythmus in die Gegenwart holt. Dem Drummer und kreativen Kopf ist mit „Listen & Move“ wieder ein äußerst eigenständiges Musikprojekt gelungen, das die Zuhörer einen Abend lang in den Bann zog und danach noch nach einer Zugabe verlangen ließ.  

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