Tuesday 20 May 2014

25 Jahre Jazzclub Singen - 500 Mal hochkarätiger Jazz


Publikumsmagnet

Mit seinem 500. Konzert feiert der Jazzclub Singen 25jähriges Jubiläum


cw. Nicht nur in den Großstädten findet Kultur statt, auch die Provinz hat einiges zu bieten. Auf einer Landkarte der Jazzzentren in Deutschland würde nicht nur Berlin, München oder Köln auftauchen, sondern auch Moers, Neuburg/Donau sowie Singen am Hohentwiel, wo eine der rühigsten Jazzvereinigungen der Bundesrepublik aktiv ist. Dieses Jahr feiert der Jazzclub Singen seinen 25. Geburtstag mit seinem 500. Konzert. Am Freitag, den 23. Mai tritt in der Singener Stadthalle die südkoreanische Ausnahme-Sängerin Youn Sun Nah mit dem schwedischen Gitarristen Ulf Wakenius auf, der einst mit Oscar Peterson spielte. Karten für dieses exquisite Konzert sind noch im Vorverkauf erhältlich.


500 Konzerte in 25 Jahren - das bedeutet ganz konkret: 500 Mal Plakate kleben, Vorverkauf organisieren, Presseartikel schreiben, Rundmail verschicken, Musiker vom Bahnhof abholen, Verstärkeranlage beschaffen, den Konzertsaal bestuhlen und dann dafür sorgen, dass das Konzert reibungslos und zur Zufriedenheit der Künstler und des Publikum über die Bühne geht. Dazu kommt noch einiges mehr: Gagen aushandeln, Verträge aufsetzen, Anfragen von Musikern und Agenturen beantworten, jede Woche einen kleinen Stapel von CDs durchhören, bei Konzerten und Festivals neue Gruppe kennenlernen und sich nicht zuletzt mit Behörden wegen der Ausländersteuer herumärgern. Eine kolossale Arbeit und das alles ehrenamtlich! Der Mann, der dieses enorme Pensum in seiner Freizeit absolviert, heisst Rudolf Kolmstetter. Mit seinem Kompagnon Klaus Mühlherr ist er die treibende Kraft hinter dem Singener Jazzwunder. Mit einem kleinen Team von freiwilligen Helfern haben es die beiden geschafft, dass Singen unter Jazzfans in ganz Südwestdeutschland und dem schweizer Grenzgebiet mittlerweile als Magnet gilt. Der unermüdliche Einsatz wurde letztes Jahr vom Kulturstaatsministerium in Berlin mit dem mit 5000 Euro dotierten Spielstättenprogrammpreis ausgezeichnet.

Die Liste der Stars und Koryphäen, die in den letzten Vierteljahrhundert in Singen aufgetreten sind, ist beeindruckend und enthält zahlreiche Namen, die jeden Jazzfan mit Ehrfurcht erfüllen. Vom legendären Bassisten Ray Brown über den Bigband-Leiter Maynard Ferguson bis zum Schlagzeuger Paul Motian und dem Pianisten Don Pullen ist die Crème de la Crème des Jazz schon am Hohentwiel aufgetreten. Jedoch nicht nur die amerikanische Jazzelite setzte Glanzpunkte, mehr und mehr kamen auch europäische und deutsche Jazzmusiker zum Zuge. Außerdem verstand sich der Jazzclub Singen immer auch als ein Forum für junge Talente - als Starthilfe auf dem Weg nach oben. “Wir laden nur Künstler ein, die wir gut finden”, versichert Kolmstetter. “Zugeständnisse an den Massengeschmack machen wir nicht.” 
 
Ein solches Talent wuchs sogar in Singen auf und lebt heute als gefragter Jazzmusiker in New York: der Kontrabassist Pascal Niggenkemper. Als Teenager half der Musikenthusiast oft bei der Durchführung von Veranstaltungen in Singen mit. Die Konzerte regten Niggenkemper an, eine Karriere als professioneller Jazzmusiker ins Auge zu fassen.


 
Auf die Dauer zahlt sich zähe Kulturarbeit aus, wenn sie auf Qualität setzt und von Musikbegeisterten betrieben wird. Während Jazzmusiker in Großstädten oft vor leeren Reihen spielen, schafft es Kolmstetter und sein Team selbst bei unbekannten Gruppen den Saal im Kulturzentrum Gems zu füllen, wobei das jährliche Hauptkonzert in der Stadthalle auch schon mal 700 Zuhörer anziehen kann, wenn Schwergewichte wie Branford Marsalis oder Jan Garbarek auf dem Programm stehen.
 
Eine intensive Basisarbeit legt den Grundstein zum Erfolg: Mit über 400 Mitgliedern ist der Singener Jazzclub einer der größten in der Bundesrepublik. Darüber hinaus stimmt die Atmosphäre und das Ambiente bei den Konzerten. Entspannt und doch voller Aufmerksamkeit lauschen die Zuhörer der Musik, was jedes Konzert zu einem “very special event” macht, wie neulich ein Musiker aus den USA begeistert bemerkte, wo man in der Jazzszene längst die Stadt am Hohentwiel kennt.  

Der Artikel erschien zuerst im SCHWARZWÄLDER BOTE, große Tageszeitung in Südwestdeutschland

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