Tuesday, 18 August 2020

Jazztrends: Jazz mit DJ-Sounds

Neustart im Jazz

Die japanische Pianistin Aki Takase und ihr „Japanic“-Quintett in Singen


Langsam erwacht die Jazzszene wieder. Nach Corona-bedingter Abstinenz unternehmen Clubs und Veranstalter zum ersten Mal wieder tastende Versuche, Konzerte durchzuführen, wobei offen bleibt, wann die Pandemie so weit abgeklungen ist, dass auch amerikanischen Jazzer wieder für Auftritte über den Atlantik kommen können. Bis auf weiteres sind alle Tourneepläne von Musikern aus dem Mutterland des Jazz auf Eis gelegt oder mit einem großen Fragezeichen versehen. Beruhigend, dass es seit längerem auch in Europa hochkarätige Ensembles gibt, die den Amerikanern problemlos das Wasser reichen können.

Der Jazzclub Singen, einer der profiliersten Konzertveranstalter im Südwesten, der schon mehrmals mit dem Applaus-Preis der Bundeskulturministerin ausgezeichnet wurde, wird deshalb in der nahen Zukunft vor allem europäische Jazzgrößen und Talente präsentieren, wobei ein besonderes Augenmerk auf der bundesdeutschen Szene liegt. Zum Neustart der Konzertreihe, die traditionsgemäß im Singener Kulturzentrum Gems über die Bühne geht, wird am Donnerstag, den 27. August (Beginn: 20:30), das „Japanic“-Quintett der japanischen Pianistin Aki Takase zu hören sein. 

Takase lebt seit vielen Jahren in Berlin, wo sie mit dem Jazzpianisten Alexander von Schlippenbach verheiratet ist. Schlippenbachs Sohn Vincent, der unter dem Künstlername DJ Illvibe auftritt, ist Teil des „Japanic“-Quintetts und webt mit zwei Turntables (=Schallplattenspielern) und anderen Effektgeräten elektronische Clubsounds, verfremdete Sprachfetzen und Geräusche in den moderne Jazz der Gruppe ein, wobei er Vinylschallplatten als Klangmaterial benutzt, denen er mit virtuoser „scratching“-Technik die wildesten Klänge entlockt. DJ Illvibe läßt es blubbern, knistern, fetzen und krachen.

 
Da das Ensemble ansonsten mit Klavier, Saxofon, Baß und Schlagzeug im Stile einer klassischen Jazzcombo recht konventionell besetzt ist, sind es diese elektronischen Zwischentöne und Klangballungen, die aufhorchen lassen und Takases Gruppe vom Gros moderner Jazzensembles unterscheidet.

Zudem verfügt die Formation über Instrumentalisten, die alles andere als Durchschnittsbegabungen sind. Neben der Bandleaderin, die ein eruptives, manchmal fast ruppiges Pianospiel pflegt, in dem die ganze Jazztradition von Fats Waller über Thelonious Monk bis zu Cecil Taylor aufleuchtet, ragt vor allem Saxofonist Daniel Erdmann hervor, der sich mit einem individuellen Ton und fantasiereichen Improvisationen in den letzten Jahren einen ausgezeichneten Ruf erspielt hat. Für seine eigenen Produktionen wurde der Saxofonist, der im französischen Reims lebt, mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Die Berliner Rhythmusgruppe mit Johannes Fink am Baß und dem norwegischen Schlagzeuger Dag Magnus Narvesen sorgt für Dynamik, federnden Swing und vorwärtsstürmenden Drive.

Die Musik von Japanic schlägt einen weiten Bogen. Die Kompositionen, die hauptsächlich von der Bandleaderin stammen, reichen von melancholisch bis avantgardistisch und von zart-romantisch bis wuchtig-brachial, wobei Eindringlichkeit und Vehemenz die vorherrschenden Merkmale sind. Lauheit und Unbestimmtheit waren Aki Takase schon immer fremd. 

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