Der Freund von Ginger Baker (und der hat wenige Freunde)
Er gilt als der einflussreichste Gitarrist des modernen Jazz: Bill Frisell wurde am 18. März siebzig Jahre alt
Foto: Monica Jane Frisell
cw. Wenn Bill Frisell keinen so unverkennbaren Gitarrenstil hätte, könnte man ihn für ein musikalisches Chamäleon halten, so geschmeidig vermag er sich jeder musikalischen Situation anzupassen. Ob Blues, Folk, Avantgarde, Gospel, Country, Pop oder Rock – der Gitarrist hat in seiner Karriere unzählige Male seine Jazzheimat verlassen, um mit Elvis Costello, Ginger Baker, Wilco oder Lucinda Williams zu spielen. Gleichzeitig hat Frisell immer seine eigenen Bandprojekte verfolgt, die ihn oft ebenfalls in jazzfernes Terrain führten.
Ende der 1970er Jahre wagte Frisell den Sprung von der amerikanischen Provinz in die Welthauptstadt des Jazz. Doch in New York ließ der Durchbruch auf sich warten. „Ich spielte bei Hochzeiten und in Hotelbars, nur um über die Runden zu kommen,“ erinnert er sich. Zur Rettung kam der renommierte Schlagzeuger Paul Motian, der den Gitarristen 1981 in seine Band holte. Von da an ging es bergauf. Frisell nahm mit Elvin Jones, dem Schlagzeuger von Jazzgigant John Coltrane, ein Album auf, auch mit Cream-Drummer Ginger Baker. „Ich war supernervös, als ich das Studio betrat,“ erinnert er sich an seine Begegnung mit dem Rockstar, der als launisch und mürrisch galt. „Ginger Baker baute gerade sein Schlagzeug auf. Er hatte keine Ahnung, wer ich war. Ich sagte: „Hallo, ich bin Bill, der Gitarrenspieler.“ Er knurrte etwas und ich dachte: „Oh Scheiße!“ Doch kaum hatten wir mit dem Musizieren begonnen, hellte sich seine Stimmung auf. Das Zusammenspiel klappte vorzüglich. Danach waren wir Freunde.“
Foto: Monica Jane Frisell
Mit dem Album „Nashville“ begann Frisell 1997 seine Exkursionen in die traditionellen Stilformen der amerikanischen Musik. Die Session führte ihn in die Welthauptstadt der Countrymusik, um mit den besten Studiomusikern von Nashville aufzunehmen. „Die Burschen hatten Heimspiel, ich war der Außenseiter,“ erzählt er. „Das Spielniveau war extrem hoch. Ich hatte Noten dabei, doch sie kannten keine Noten. Ich musste ihnen jedes Stück vorspielen und in Nullkommanichts hatte sie es drauf. Es war unglaublich. Es gefiel ihnen, mit einen Musiker zu spielen, der nicht aus ihrem Stall kam.“
Über die Jahre hat Frisell einen ganz eigenen Stil entwickelt, der nicht auf Schnelligkeit oder kreischenden Sounds beruht, sondern die Töne sparsam und gezielt setzt, wobei der oft leicht verhangene Klang seiner Gitarre unverkennbar ist. Seine Spielweise hat unzählige Nachahmer gefunden, was Frisell vielleicht zum einflußreichsten Jazzgitarristen der letzten Jahrzehnte macht. „Ich versuche immer weniger die Fußpedale einzusetzen,“ erklärt der Meister. „Ich möchte, dass mein Sound meinen Händen entspringt und nicht einer elektronischer Box.“
Daheim in Brooklyn stapeln sich die Gitarren. Frisell ist ein leidenschaftlicher Sammler, der an keiner Musikalienhandlung verbeikommt, ohne hineinzugehen. „Ich mag Gitarren und habe viel zu viele,“ räumt er ein. Der Vorteil seiner Sammelleidenschaft ist jedoch, dass er für jedes Musikprojekt gleich das passende Instrument zur Hand hat.
Seine neuste Einspielung namens „Tone Poem“ (bei Blue Note erschienen) hat er mit dem Altmeister des Jazzsaxofons, Charles Lloyd, gemacht, den Frisell mit der Gruppe The Marvels begleitet. In dieser Band spielt Greg Leisz Pedal-Steel-Gitarre, ein Spitzenkönner, der mit Eric Clapton, Bruce Springsteen und Joni Mitchell gearbeitet hat. „Charles Lloyd wollte unbedingt das Countrymusik-Instrument dabei haben, weil er in seiner Jugend in Memphis mit einem Pedal-Steel-Gitarristen gespielt hatte,“ erzählt Frisell. „Leisz fügte sich so ideal in unsere Jazzmusik ein, dass es fast schon an ein Wunder grenzt.“
https://www.youtube.com/watch?v=yO2CcGgIeOs&list=RDMM&start_radio=1=
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