Tuesday, 6 June 2023

Die Rückkehr des Countryrock – was für eine Wohltat!

Lieber in die Sonne blinzeln

Die Rose City Band plus Rosali in der Manufaktur in Schorndorf – oder: die Rückkehr des Countryrock 

 

 Fotos: Christoph Wagner



cw. Was es mit der Wiederkehr – sprich: dem Revival – von Musikstilen auf sich hat: Man muß nur lange genug warten, dann macht alles wieder die Runde. Das muß nicht zwangsläufig auf nostalgische Verklärung hinauslaufen, sondern kann neu belebt und frisch klingen, je nachdem. Will man nach dem Auftritt der Rose City Band am 6. Juni 2023 im Club Manufaktur in Schorndorf urteilen, steht uns gerade ein Comeback der siebziger Jahre ins Haus. Wenn das Ergebnis so eigenwillig klingt wie die Musik der Rose City Band, soll's mir recht sein!


Die fünfköpfige Band um den Gitarristen, Sänger und Songschreiber Ripley Johnson (Moon Duo und Wooden Shjips) aus Portland, Oregon schöpft tief aus der Tradition des Southern- bzw. Country-Rock und ruft mit einem ganz eigenen, unverkennbaren Sound Erinnerungen an Gruppen wie die Byrds, die Allman Brothers Band, J.J. Cale, The Grateful Dead und The New Riders of the Purple Sage wach, die mit unterschiedlicher Gewichtung in den 1960er und 70er Jahren psychedelische Rock-Sounds mit Hillbilly, Bluegrass und Blues verbanden. Es durfte einen deshalb auch nicht wundern, dass man ältere Semester mit T-Shirts der The Flying Burrito Brothers im Publikum sah.



 

Nachdem die Singer-Songwriterin Rosali mit einem halben Dutzend einfühlsamer Songs den Auftakt gemacht hatte, nur begleitet von der eigenen Gitarre und dem Pedal-Steel-Gitarristen des Hauptacts, setzte nach der Pause die Rose City Band mit ein paar kürzeren Songs den Ton, die ungeheuer relaxed, federleicht und flüssig daherkamen. Was gar nicht auffiel, weil es so selbstverständlich und organisch geschah, war, wie sich die melodischen Linien von Pedal-Steel, E-Gitarre und des Keyboards kunstvoll ineinander verflochten. In den Soli – ja die gibt’s hier wieder in großer Ausführlichkeit – warfen sich Johnson, oft mit dem Fuß auf dem Wah-Wah-Pedal, Keyboarder Paul Haselberg und der Mann an der Pedal-Steel, Barry Walker, die Bälle nur so zu. Dabei erwies sich vor allem Haselberg als wahrer Klangzauberer, der seinen Synthi einmal wie eine Hammond-Orgel, dann wieder wie ein E-Piano oder ein Mellotron klingen ließ. In einer wilden, langen Jam-Nummer im Mittelteil des Konzerts ließ er den Synthi dann doch noch wie einen Synthesizer klingen. 




 

Haselberg war übrigens der einzige, der mit mächtigen Gesten die Ausdruckskraft der Musik auch körperlich ausdrückte, während die anderen in coolem Understatement dieses Stils in abgeklärter Pose stoiisch nicht die geringste Miene verzogen, auch wenn sie sich gerade musikalisch in immer ekstatischere Höhen schraubten. Äußerst solide agierte die Rhythmusgruppe, die sich nicht zu irgendwelchen virtuosen Mätzchen hinreißen ließ, sondern ihrer Aufgabe als Begleiter wirklich gerecht wurde.  

 

Angesichts der düsteren Weltlage meinen ja viele Künstler heutzutage, sie müssten sich als politische Kommentatoren betätigen (hoffentlich kommen Politiker und Zeitungskommentatoren nicht auf die umgekehrte Idee), nicht so Ripley Johnson und seine Band – gottseidank! Ihre Songs erzählen von wunderbaren Sommertagen, die man vielleicht daheim auf der Veranda verbringt – im Liegestuhl in die Sonne blinzelnd –  oder dahingleitend im Auto "down the freeway to LA". Was für eine Wohltat! 



Was die Manufaktur in Schorndorf im Verlauf des weiteren Jahres 'live' noch zu bieten hat:


Hörprobe vom neuen Album: The Rose City Band – Slow Burn (youtube)




  

 

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