Drei magische Buchstaben
Das weltberühmte MPS-Studio in Villingen wird neu belebt
Fotos: Christoph Wagner
cw. Im Innenhof wird gebaut. Nur ein winziges Schild gibt einen Hinweis auf die Besonderheit des unscheinbaren Gebäudes. Man muß um das Haus herumgehen, durch die Eingangstür und die Treppe hinauf, um in die für Jazzfans heiligen Hallen zu gelangen: In der Richthofenstraße 1/1 in Villingen befindet sich das weltberühmte MPS-Tonstudio, zehn Minuten zu Fuß vom Altstadtzentrum entfernt.
Alles ist noch so wie zu seinen besten Zeiten. In den 1970er Jahren gaben sich hier internationale Jazzstars die Türklinke in die Hand: Oscar Peterson, Albert Mangelsdorff, George Duke oder Jean-Luc Ponty – alle haben im MPS-Studio aufgenommen. Für den Starpianisten Friedrich Gulda wurde sogar eigens ein großer Bösendorfer „Grand Imperial“ angeschafft, wobei ein Treppengeländer herausgenommen werden musste, um den riesigen, sündhaft teuren Flügel überhaupt ins Studio befördern zu können.
Mehr als 500 Schallplatten hat das Label MPS (= Musik Produktion Schwarzwald) unter der Leitung des SABA-Erben Hans Georg Brunner-Schwer im Laufe seines 15jährigen Bestehens von 1968 bis 1983 herausgebracht und die meisten wurden hier in Villingen eingespielt, was das Studio heute in internationalen Jazz-Kreisen zu einer Legende macht und in der DJ-Culture zum Kult.
Der Londoner Star-DJ Gilles Peterson kommt kaum mehr aus dem Schwärmen heraus, wenn die drei magischen Buchstaben fallen. Für ihn steht fest: “In den siebziger Jahren war MPS zweifellos das beste Jazzlabel in Europa.”
Nach langen Querelen hat nun der Verein MPS-Studio e.V. die Betreuung übernommen, um dem Ort, der mittlerweile unter Denkmalschutz steht, wieder zu seinem alten Glanz zu verhelfen. Der Vorstand um den Musikverleger und Designer Töni Schifer und den Tontechniker Frank Baumann wollen das Studio abermals zu neuem Leben erwecken. Schon jetzt finden hier Konzerte und Musik-Workshop statt. Aber um wieder zuverläßig Musikaufnahmen machen zu können, muß das gesamte analoge Equipment generalüberholt werden, vom 24-Spur-Mischpult bis zu den hochwertigen Telefunken-Tonbandgeräten. Das steht noch an. Man hat Förderanträge gestellt und wartet nun auf die Bescheide der öffentlichen Hand.
Der Mann an den Reglern: Tontechniker Frank Baumann am historischen 24-Kanal-Mischpult im MPS-Studio
Es geht um nicht weniger, als ein einzigartiges Erbe zu bewahren und die Geschichte dieser für Villingen vielleicht bedeutensten Einrichtung zu dokumentieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Eine Herkules-Aufgabe ohne Zweifel, die der Verein aber mit Verve und Begeisterung angeht.
Konzert im MPS-Studio, Villingen:
Freitag, 16. Juni (Beginn: 20:00): Faust-Keyboarder Hans-Joachim Irmler & Monika Nuber (Visuals), sowie Ute Wassermann (Stimme)
Sie packen die Sache an: Vorstand Töni Schifer (links) und Frank Baumann vor der Eingangstür in MPS-Studio
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