Wednesday, 17 January 2024

Zum Tod von Sigi Schwab (1940 – 2024), Gitarrist, Sitar-, Veena- und Tarang-Spieler extraordinaire

Als Ravi Shankar meine Sitar spielte 

 

Sigi Schwab führte die Sitar in den deutschen Underground-Rock ein – jetzt ist der Münchner Saitenvirtuose gestorben


Embryo, 1971, mit Sigi Schwab (Gitarre) ganz links, Dave King (b), Christian Burchard (dr), Edgar Hoffmann (Sax) v.l.n.r



 

Siegfried "Sigi" Schwab, Mitglied von Wolfgang Dauner's Et Cetera, Embryo und der Chris Hinze Combination sowie im Duo mit Peter Horton, war ein virtuoser Jazz- und Rockgitarrist, der das indische Saiteninstrumentarium in den deutsche Underground-Rock einführte: Sitar, Veena und Tarang. In einem Interview erzählte er mir 2011, wie er einmal dem indischen Sitarmeister Ravi Shankar aus der Patsche half: 

 

Durch die "Great Sitar Revolution" englischer Popgruppe wie der Beatles, der Stones und Traffic spitzten junge Musiker auch in Deutschland die Ohren. Inspiriert durch ein Konzert von Ravi Shankar und Yehudi Menhuin, das Sigi Schwab im Fernsehen gesehen hatte, begann er sich Mitte der 60er Jahre für die Sitar zu interessieren. Allerdings hatte er ein Problem: In Deutschland war keine Sitar aufzutreiben. Erst in London wurde Schwab fündig, allerdings kostete allein die Holzkiste, die eigens für den Versand der Sitar hätte gezimmert werden müssen, genauso viel wie das Instrument selbst, was die Sitar für Schwab unerschwinglich machte. Er suchte weiter. Schließlich hörte er von einem Instrument, das ein Angehöriger der indischen Botschaft verkaufen wollte, der er in seine Heimat zurückkehrte. Diesmal kam der Kauf zustande, und Schwab erhielt noch eine kleine Einführung in die Handhabung und Spieltechnik des Instruments. Den Rest brachte er sich selber bei. Mit indischer Musik hatte das allerdings nichts zu tun. Schwab spielte einfach westliche Gitarrenläufe auf dem Instrument. 


Embryo mit Sigi Schwab (ganz links)


 

Bald konnte er das Instrument bei Studioaufnahmen einsetzen. Die neuen Sounds waren gefragt, nicht zuletzt in den Filmstudios von Berlin, wo Schwab öfters für Soundtrack-Einspielungen engagiert wurde. “Das war das große Faszinosum um 1966”,  erinnert er sich. In Berlin, wo Schwab beim Rias-Tanzorchester unter der Leitung von Werner Müller spielte, machte das Wort die Runde, dass da einer auf der Sitar zugange sei.

 

Eines Tages erhielt er einen Anruf erhielt. “Es war jemand dran, der sagte, Ravi Shankar sei in Berlin, um Aufnahmen zu machen,” erzählt Schwab, der aus allen Wolken fiel. “Allerdings sei sein Instrument wegen eines Streiks auf dem Londoner Flughafen liegengeblieben, und ob ich mit meiner Sitar aushelfen könnte?”  Zuerst dachte Schwab an einen Scherz, machte sich dann aber doch auf den Weg: “Ich komme da hin, und er ist wirklich da: Ravi Shankar! Er machte den Deckel meines Instrumentenkastens auf und freut sich gleich: die gleiche Marke wie seine eigene Sitar - Rikhi Ram. Er setzte mir auseinander, dass meine Sitar in schlechtem Zustand sei und mehr Pflege bedürfe.” Ravi Shankar säuberte Schwabs Sitar erstmal sorgfältig - über eine Stunde lang. Das Griffbrett wurde gereinigt, um den kleinste Widerstand zu entfernen. “Mit ungeheurer Sorgfalt hat Shankar die Bünde poliert, was Voraussetzung für einen schönen Ton ist.” Danach wurden die Resonanzsaiten gestimmt. “Ich habe gesehen mit welcher Akribie man diese Saiten stimmen muss, damit sie wirklich mitschwingen”.  


Embryo, 1971 – Sigi Schwab, zweiter von rechts



Durch das Erlebnis angespornt, fand Schwab in Professor Manfred Junius einen Lehrer, der lange Zeit in Indien gelebt hatte, um dort klassische indische Musik zu studieren. Von ihm erhielt er wertvolle Hinweise. Schwab spielte die Sitar immer nur bei Studioaufnahmen, weil die Verstärkung des Instruments bei Live-Auftritten Probleme machte. Dafür waren die indische Veena, ein Saiteninstrument, sowie das indische Tarang, ein der Autoharp verwandtes Instrument, das auch Bulbul Banjo genannt wird, besser geeignet. Sie ließen sich leichter elektrifizieren, was für einen Einsatz in einer Rockband die Vorbedingung war. 

 

 

 

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