Saturday, 10 May 2025

SCHEIBENGERICHT Nr. 41: Crispell / Andersson / Østergaard-Nielsen – The Cave

Jazz wie ein Choral

Das Trio  Crispell / Andersson / Østergaard-Nielsen



Aus historischen Gründen leiden Drummer bisweilen an einem Minderwertigkeitskomplex, den sie durch Hyper-Virtuosität und Hochgeschwindigkeit zu kompensieren versuchen. Michala Østergaard-Nielsen ist keine derartige Schlagzeugerin – im Gegenteil. Die Dänin, die in einem Dorf außerhalb von Kopenhagen wohnt und seit längerem auf der skandinavischen Jazzszene aktiv ist, steht für eine radikale Zurückgenommenheit und begreift sich eher als Komponistin, der es zuvörderst um ihre Kompositionen geht und nicht um Trommelartistik. 


Hörimpuls:




Es dauert dann auch mehr als drei Minuten, bevor im Auftaktstück des Debutalbums ihres Trios mit Marilyn Crispell (Piano) und Thommy Andersson (Baß) überhaupt erst sachte Tupfer vom Schlagzeug zu vernehmen sind. Die Komposition The Cave wird vom Klavier getragen und besteht aus sparsam gesetzten Tönen und Akkorden, die eher an einen Kirchenchoral erinnern als an Jazz. Und dieses Stück setzt den Ton. Der anschließende Titel beginnt mit einem noch leiseren Zirpen auf den Pianosaiten, dem sich eine Meditation auf dem Baß anschließt. Eine derartig sensible Musizierweise durchzieht nahezu das gesamte Album, abgesehen von einer freien Ensemble-Improvisationen, bei der es in gewohnt heftiger Freejazzmanier zur Sache geht, was bei einer solch versonnenen Grundstimmung eher als störend empfunden wird. 

 Crispell / Andersson / Østergaard-Nielsen – The Cave (ILK Music)

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